Seit Jahresanfang sind die US-Zinsen nach oben geschossen, was zwischenzeitlich für einen deutlichen Kursrutsch bei S&P 500 und DAX gesorgt hatte. Umso wichtiger wird die Fed-Sitzung am 17. März, die EZB legt bereits am 11. März vor.

Boom am US-Arbeitsmarkt: Diesen Eindruck bekommt man, wenn man den US-Arbeitsmarktbericht liest und den Massenmedien Glauben schenkt. So waren im Februar in den USA 379.000 Jobs geschaffen worden, das waren fast doppelt so viele wie Volkswirte vorhergesagt hatten. Nach der Veröffentlichung waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kurz um 3 Basispunkte (0,03 Prozentpunkte) auf 1,61 % nach oben geschossen – das war das höchste Niveau seit Februar 2020 –, was den Goldpreis belastet hat. Mit Kursen von 1.700 US-Dollar je Unze notiert er damit in der Nähe des Neun-Monats-Tiefs.

Allerdings ist die Erholung des US-Arbeitsmarktes längst nicht so bedeutsam, wie es auf den ersten Blick aussieht. Schließlich waren 286.000 dieser neu entstandenen Arbeitsplätze, das sind 75,5 %, welche für Kellner und Barkeeper. Dass diese üblicherweise schlecht bezahlten Jobs allerdings kaum die Wirtschaft ankurbeln dürften, dürfte jedermann klar sein, weshalb die US-Zinsen schnell die Gewinne wieder abgegeben haben, ehe sie zum Start in die neue Handelswoche wieder nach oben gedreht sind.

Daher könnte der US-Zinsanstieg in den nächsten Tagen weitergehen, was weiteren Gegenwind für den Goldpreis bedeuten würde. Investoren dürften weiter US-Anleihen verkaufen und damit die Zinsen nach oben treiben, um die Fed dazu zu bewegen, schleunigst etwas gegen den Zinsanstieg zu unternehmen. Schließlich belastet das den US-Aktienmarkt wie den S&P 500.

Fed kann nachhaltigen Kursrückgang am Aktienmarkt nicht zulassen

Nachdem in den vergangenen Jahren die auf immer neue Rekordtiefs gesunkenen US-Zinsen den Aktienmarkt in den USA und rund um den Globus in die Stratosphäre getrieben hatten, beginnt bei kräftig steigenden US-Zinsen allmählich heiße Luft aus den Aktienmärkten zu entweichen. Das kann die Fed aber keinesfalls zulassen.

Zur Erinnerung: Ende September 2020 – das sind die neuesten Zahlen – besaßen die Amerikaner Aktien, inklusive Aktien-Fonds und -ETFs, im Volumen von 30,1 Billionen US-Dollar. Ein Kursrückgang um lediglich 10 % bedeutet Kursverluste von 3,0 Billionen US-Dollar. Das übersteigt das geplante Konjunkturprogramm von US-Präsident Joe Biden von 1,9 Billionen US-Dollar um knapp 60 %. Gleichzeitig würden sich die Kursverluste auf rund 13 % der von Volkswirten für dieses Jahr vorhergesagten Wirtschaftsleistung belaufen. Sollte es zu einem nachhaltigen Kursrückgang in dieser Größenordnung kommen, dürften viele Amerikaner kräftig auf die Ausgabenbremse treten, woraufhin der Wirtschaft schnell ein Rückfall in eine Rezession drohen würde.

Powell versagt auf Diskussionsrunde völlig

Umso weniger Verständnis haben Investoren für die Aussagen von Fed-Chef Jay Powell bei einer Diskussionsrunde des Wall Street Journals am 4. März. Anstatt zu signalisieren, dass sich die Fed energisch gegen einen weiteren Zinsanstieg stemmen werde, indem sie beispielsweise zulasten kurzlaufender Anleihen verstärkt zehnjährige kauft, hatte Powell nur Plattitüden zu bieten. „Wir beobachten eine breite Spanne von Finanzbedingungen und wir glauben, dass wir weit entfernt sind von unseren Zielen“, sagte Powell. „Ich wäre besorgt über ungeordnete Bedingungen an den Märkten oder eine anhaltende Verschärfung der Finanzbedingungen, wenn dies das Erreichen unserer Ziele gefährdet.“

Damit hat Powell zwar einmal mehr Zinserhöhungen ausgeschlossen und betont, dass die Fed weiterhin netto 120 Mrd. US-Dollar pro Monat über die Käufe von Staats- und Hypothekenanleihen in die Märkte pumpen wird. Das genügt Investoren aber längst nicht mehr. Sie wollen von Powell klare Signale bekommen, dass sich die Fed sehr bald energisch gegen steigende US-Zinsen stellen wird. Ansonsten dürften die Investoren in den nächsten Tagen weiter kräftig US-Anleihen verkaufen, woraufhin die Zinsen, gerade für zehnjährige Anleihen, weiter deutlich steigen würden, was für erneute Turbulenzen beim S&P 500 – und in dessen Fahrwasser auch beim DAX – sorgen würde.

Je länger Powell und die Fed allerdings abwarten, umso deutlicher werden die Zinsen steigen, umso energischer muss die Fed anschließend einschreiten, um die Zinsen wieder nach unten zu drücken. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Märkte bis zur Fed-Sitzung am 17. März warten werden, bis irgendwelche neue Maßnahmen bekanntgeben wird. Von ihnen wird abhängen, ob und wie schnell es zu einer Erholung des Goldpreises kommen könnte.

EZB kommt unter Zugzwang

Die steigenden Zinsen für zehnjährige US-Anleihen ziehen auch jene für Bundesanleihen deutlich mit nach oben. Allerdings sind letztere in den vergangenen Monaten bei Weitem nicht so stark gestiegen wie jene in den USA, nachdem mehrere EZB-Mitglieder zuletzt wiederholt mit einer möglichen Zinssenkung gedroht hatten. So liegen die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen bei minus 0,28 %, womit der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber Bundesanleihen auf 188 Basispunkte (1,88 Prozentpunkte) gestiegen ist. Das treibt den US-Dollar gegenüber dem Euro nach oben, was zusätzlichen Gegenwind für den Goldpreis bedeutet. Dennoch erwarten Investoren, dass die EZB bei ihrer nächsten Sitzung am 11. März auf den Zinsanstieg reagieren wird.

Demnach könnte EZB-Chefin Christine Lagarde ankündigen, dass die EZB in den nächsten Wochen die Anleihenkäufe im Rahmen das 1,85 Billionen Euro schweren und mindestens bis März 2022 laufenden PEPP-Notfallaufkaufprogramms beschleunigen dürfte. Je größer das Kaufvolumen allerdings in den nächsten Wochen und Monaten sein wird, umso schneller wird das gesamte Geld des Programms ausgegeben sein, woraufhin die Notenbank neue Programme beschließen muss, um weiterhin Billionen von Euro in die Anleihenmärkte zu pumpen und so die Zinsen, gerade für hochverschuldete Länder wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland, niedrig zu halten.

Zwischen dem Start des PEPP-Programms am 26. März 2020 und Ende Februar 2021, hat die EZB insgesamt 870,1 Mrd. Euro für Anleihenkäufe aufgewendet. Das waren durchschnittlich 79,1 Mrd. Euro pro Monat – ein enormes Volumen.

EZB druckt 100 Mrd. Euro pro Monat

Allerdings druckt die EZB längst nicht nur über das PEPP-Programm kräftig Geld, vielmehr läuft seit Mitte 2014 noch ein anderes Anleihenkaufprogramm namens Asset Purchase Programm (APP). Dessen Käufe haben sich bis Ende Februar 2021 auf horrende 2,95 Billionen Euro belaufen, wovon 20,9 Mrd. Euro auf Februar entfallen sind.

Die EBZ druckt über PEPP und APP 100 Mrd. Euro pro Monat. Das sind horrende 1,2 Billionen Euro auf das gesamte Jahr gerechnet. Dass vor dem Hintergrund der Goldpreis mit 1.430 Euro je Unze um 2,5 % unter dem Vorjahresniveau notiert, macht für mich absolut keinen Sinn. Sollte Lagarde nach der Sitzung am 11. März eine Beschleunigung der Käufe ankündigen, sollte das nicht nur die Zinsen in der Eurozone, sondern auch in den USA deutlich nach unten ziehen, weil Investoren darauf setzen dürften, dass auch die Fed bald einschreiten könnte. Das sollte den Goldpreis stützen.

In den nächsten Tagen werde ich die Entwicklung der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter genau beobachten und auf die Reaktion einiger Fed-Mitglieder schauen. Je schneller die Fed eingreift, sowie von den Ankündigungen der EZB wird abhängen, ob es bald zu einer deutlichen Erholung des Goldpreises kommen könnte.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.