Die Fed hatte bei ihrer Sitzung am 16. Juni etliche Überraschungen für Investoren parat. Während Zinsen und US-Dollar nach oben geschossen sind, ist im Gegenzug der Goldpreis eingeknickt.

Um 50 US-Dollar auf bis zu 1.810 US-Dollar je Unze ist der Goldpreis innerhalb von nur drei Stunden nach der Fed-Sitzung vom Mittwoch, 16. Juni eingebrochen, ehe er sich etwas erholt hat. Damit liegt die Notierung des Edelmetalls in der Nähe des Fünf-Wochen-Tiefs. Grund für den Kursrutsch sind einige Ankündigungen und Signale der US-Notenbank, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen um bis zu 10 Basispunkte (0,1 Prozentpunkte) auf bis zu 1,59 % nach oben geschossen waren. Das hat auch den US-Dollar deutlich mit nach oben gezogen, woraufhin der Goldpreis von zwei Seiten deutlichen Gegenwind hatte.

Was hat die Fed genau getan? Sie hat die Prognose für das Wirtschaftswachstum für das vierte Quartal 2021 von 6,5 % auf 7,0 % gegenüber dem Vorjahr angehoben. Zudem hat die Fed auf den rasanten Anstieg der Inflation reagiert und die Prognose für die Kernrate des PCE-Verbraucherpreisindex – das ist der bevorzugte Inflationsindikator der Fed und nicht etwa die offizielle Inflationsrate – für das vierte Quartal von 2,2 % auf 3,0 % gegenüber dem Vorjahr angehoben.

Beim PCE-Preisindex tut die Fed so, als ob die Verbraucher bei steigenden Preisen von teurer werdenden Produkten auf günstigere umsteigen würden, wenn also Steaks teurer werden, kaufen die Konsumenten mehr Hamburger. Der Index ist also von Haus aus so angelegt, dass er deutlich niedriger ist als die offizielle Inflationsrate. Bei der Kernrate des PCE-Preisindex werden zudem Nahrungsmittel und Energie herausgerechnet, weil angeblich deren Preise zu stark schwanken würden. Dass niemand ohne Nahrungsmittel und Energie leben kann und daher die Kernrate noch weniger Sinn macht als der PCE-Preisindex ficht die Fed nicht an.

Fed signalisiert 2 Zinserhöhungen

Zudem hat die Fed bei der Sitzung den sogenannten „Dot Plot“, also den Zinsausblick anhand von „Zinspunkten“ der einzelnen Fed-Mitglieder, kräftig angehoben. Nachdem die Fed bei den vergangenen Sitzungen wiederholt beteuert hatte, dass es auch 2023 keine Zinserhöhungen geben werde, lag der „Dot Plot“ für 2023 nun im Schnitt bei 0,69 % und damit um 56,5 Basispunkte über dem aktuellen Leitzins von 0 bis 0,25 % (Schnitt 0,125 %). Damit signalisieren die Fed-Mitglieder, die bislang immer behauptet hatten, der kräftige Inflationsanstieg sei nur „vorübergehend“, plötzlich 2 Zinsanhebungen um je 25 Basispunkte für 2023. Das hat viele Investoren am Anleihenmarkt geradezu schockiert.

Als wenn das noch nicht genug gewesen wäre, hat Fed-Chef Jay Powell auf der Pressekonferenz gesagt, dass die Fed-Mitglieder bei der Sitzung mit der Diskussion über eine mögliche Drosselung der QE-Anleihenkäufe („Tapering“) von aktuell netto 120 Mrd. US-Dollar pro Monat begonnen haben. Auch das hat viele Analysten völlig überrascht. Sie waren davon ausgegangen, dass die Fed das erst beim Notenbankertreffen Ende August in Jackson Hole oder bei der Sitzung im September ankündigen würde.

Umso mehr hat sich Powell bei der Pressekonferenz nach der Fed-Sitzung am 16. Juni bemüht, die Sorge vor möglichen Zinserhöhungen herunterzuspielen. „Die Zinspunkte sollten mit einer großen Portion Vorsicht betrachtet werden“, sagte Powell. Die Fed mache sich über Zinsanhebungen keine Gedanken, es gehe um die Drosselung der Anleihekäufe. Die Reaktion des Anleihemarktes zeigt aber unmissverständlich, dass Powell bei diesem Vorhaben nicht gerade erfolgreich war.

Fed versucht den US-Dollar zu stützen

Meiner Meinung nach hat die Fed das alles nur signalisiert, nicht etwa um die hohe Inflation von zuletzt 5,0 % zu bekämpfen, denn die Fed will mit möglichst hoher Inflation den gigantischen Schuldenberg der Amerikaner entwerten, sondern um den US-Dollar zu stabilisieren. So war der US-Dollar Index in den vergangenen Wochen in die Nähe des niedrigsten Niveaus seit Dezember 2014 abgerutscht. Der Index spiegelt die Entwicklung des US-Dollars gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro wider.

Da meiner Meinung nach es der wichtigste Job der Fed ist, das Vertrauen in den US-Anleihenmarkt und den US-Dollar aufrechtzuhalten, kann sie einen Kollaps des US-Dollar nicht zulassen, würde das doch Zweifel an der „tollen“ US-Wirtschaft signalisieren. Ich habe wiederholt gesagt und geschrieben, dass das Wirtschaftswachstum in den USA allein auf der größten Schuldensause aller Zeiten der Regierung beruht, während die Sause hauptsächlich durch das massive Gelddrucken der Fed finanziert wird.

Umso genauer gilt es nun die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen im Auge zu behalten. Ich erwarte, dass der Zinsanstieg nur von sehr kurzer Dauer sein wird und die Zinsen innerhalb weniger Tage – Sie lesen richtig: „innerhalb weniger Tage“ – wieder kräftig nach unten drehen sollten, zumal wenn die Serie schwacher Konjunkturdaten anhält, wie vom Arbeitsmarkt, von den Einzelhandelsumsätzen und zuletzt gerade vom Immobilienmarkt. Das sollte auch den US-Dollar mit nach unten ziehen, woraufhin der Goldpreis kräftig nach oben drehen sollte.

Hochverschuldete US-Wirtschaft kann steigende Zinsen nicht verkraften

Denn Investoren wissen, dass ein deutlicher Zinsanstieg die Verbraucher und die Unternehmen erheblich belasten würde, womit sich die Konjunkturperspektiven stark eintrüben würden. Das würden sinkende Zinsen widerspiegeln. Zur Erinnerung: Die Schulden der privaten Haushalte sind im ersten Quartal auf den Rekord von 16,9 Billionen US-Dollar gestiegen.

Gleichzeitig sind die Schulden der Unternehmen auf den Rekord von 11,2 Billionen US-Dollar geklettert – das sind herbe 50,8 % der jährlichen Wirtschaftsleistung, was in der Nähe des höchsten Wertes aller Zeiten liegt. Steigende Zinsen für Hypotheken-, Auto-, Konsumenten- und Unternehmenskredite hätten daher dramatische Folgen für Verbraucher und Unternehmen.

Von dem jüngsten US-Zinssprung lasse ich mich daher überhaupt nicht verunsichern und Sie sollten das auch nicht tun. Ich erwarte, dass sich die Lage schnell beruhigen wird und die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kräftig nach unten drehen sollten. Daher sollte es sich für Gold-Fans lohnen, den Kursrutsch beim Goldpreis zu nutzen, um zu günstigen Preisen ihre physischen Bestände weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.