Die Sorge der Investoren vor dem möglichen Wahlausgang in den USA hat einen Kurseinbruch bei S&P 500 und DAX ausgelöst. Das hat auch den Goldpreis etwas mit nach unten gezogen. Anleger sollten nicht nur auf die Fed-Sitzung am 5. November achten, sondern auch auf die jüngsten Ankündigungen der EZB.
Vor der US-Präsidentschaftswahl am morgigen Dienstag, 3. November 2020, haben viele Investoren offensichtlich Panik bekommen. Der S&P 500 ist in der vergangenen Handelswoche, die am 30. Oktober endete, um 5,6 % eingebrochen – das ist der größte Rückgang aller Zeiten in der letzten Handelswoche vor einer US-Wahl. Für kräftigen Abwärtsdruck haben zuletzt gerade die Technologie-Aktien wie Apple, Amazon und Facebook gesorgt, die nach der Vorlage der Quartalszahlen eingeknickt sind. Im gleichen Zeitraum ist der DAX sogar um 8,6 % nach unten gerauscht.
Laut vielen Umfragen hat US-Präsident Donald Trump den Rückstand auf seinen Herausforderer Joe Biden von den Demokraten stark verringert. Damit nimmt die Unsicherheit bei Investoren kräftig zu, könnte es doch zu einem umstrittenen Wahlausgang kommen über dessen Ergebnis schlussendlich möglicherweise das Oberste Gericht entscheiden muss.
In dem Umfeld sind Anleger allerdings nicht in US-Staatsanleihen geflüchtet, sondern haben sie vielmehr verkauft, weil die Investoren Liquidität benötigt haben. Daraufhin sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf knapp 0,90 % nach oben geschossen – damit liegen die Zinsen in der Nähe des Fünf-Monats-Hochs. Gleichzeitig ist der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter US-Anleihen auf minus 0,82 % nach oben gesprungen – das ist das höchste Niveau seit Mitte Juli. Das hat den Goldpreis deutlich belastet.
Goldpreis hält sich trotz kräftig steigender US-Zinsen gut
Umso bemerkenswerter ist, dass der Goldpreis in der vergangenen Handelswoche um lediglich 1,2 % auf knapp 1.880 Dollar je Unze nachgegeben hat. Dafür kann es zwei Gründe geben: Entweder erwarten Investoren, dass die Zinsen nach dem jüngsten Aufwärtstrend bald wieder sinken werden, weil die dritte Welle der Corona-Pandemie in den USA die Wirtschaft schwer belasten und möglicherweise erneut in eine Rezession schicken wird.
Oder Investoren setzen weiterhin auf einen möglichen Wahlsieg von Biden. Sollte er nach seinem Amtsantritt am 20. Januar 2021 ein Billionen schweres Konjunkturprogramm durch den Kongress bringen und gleichzeitig zwei Billionen von Dollar in den umweltfreundlichen Umbau der US-Energieversorgung stecken, könnte das die Inflation kräftig anheizen. Da diese enorme Schuldenschwemme durch die Notenpresse der Fed finanziert werden müsste, um die Zinsen unten zu halten, würde der Realzins kräftig sinken. Das wäre ein hervorragendes Umfeld für das Edelmetall.
Fed kommt unter Zugzwang
Ich gehe allerdings weiterhin von einem Wahlsieg Trumps aus. Das können Sie in dem Beitrag „Deutschland und Eurozone droht Rückfall in eine Rezession“ nachlesen. Sollte ich richtig liegen, käme die Fed kräftig unter Zugzwang, drohen doch meiner Meinung nach bei einer Wiederwahl des Amtsinhabers massive Krawalle und Unruhen mit Brandstiftung und Plünderungen in den USA. Das könnte den Ausverkauf am Aktienmarkt verstärken.
Nachdem die Fed seit der bislang letzten Sitzung am 16. September nichts unternommen hat, um so den Anschein zu erwecken, sie sei politisch neutral und greife daher nicht mit irgendwelchen Maßnahmen in den Wahlkampf ein, könnte nun der Ruf der Investoren nach der Fed bei der nächsten Sitzung deutlich lauter werden. Sie findet ausnahmsweise nicht am Mittwoch, sondern diesmal am Donnerstag den 5. November statt.
Die Fed solle eingreifen, um vor dem Hintergrund der dritten Corona-Welle die Konjunktur zu stützen, sagen die Investoren üblicherweise. Gemeint ist aber, dass die Fed einmal mehr die Spekulanten am Aktienmarkt heraushauen und dazu die Börse trotz der gigantischsten Blase aller Zeiten wieder nach oben treiben soll, so wie es die Notenbank in den vergangenen zehn Jahren immer und immer wieder getan hat.
EZB kündigt großes Maßnahmenpaket für Dezember an
Neben der Fed-Sitzung sollten hiesige Anleger zudem auch die jüngsten Ankündigungen der EZB von der Sitzung am 29. Oktober genau achten. Es gäbe nur „geringe Zweifel“, dass sich die Notenbanker im Dezember auf ein neues Maßnahmenpaket einigen würden, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde. „Die Konjunkturerholung in der Eurozone verliert schneller an Dynamik als erwartet … Wir haben daher übereingestimmt, dass es notwendig ist zu handeln und daher unsere Maßnahmen bei der nächsten Sitzung nachzujustieren.“
Wie könnte das neue Paket aussehen? So dürfte die EZB meiner Meinung nach das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) von 1,35 Billionen Euro, das bis Mitte 2021 läuft, auf 2 Billionen Euro aufstocken und es bis Ende 2021 verlängern. Im Rahmen dieses Programms hat die EZB seit dessen Start Ende März 2020 Anleihen, hauptsächlich Staatsanleihen, im Volumen von 616,9 Mrd. Euro gekauft – das waren durchschnittlich herbe 88,1 Mrd. Euro pro Monat. Sollte es so kommen wie ich erwarte, könnte die Notenbank künftig für rund 100 Mrd. Euro pro Monat Anleihen kaufen.
Zudem dürfte die EZB ein weiteres ihrer Anleihenkaufprogramme, das Asset Purchase Programm (APP), erneut aufstocken und verlängern. Bislang läuft es bis Ende 2020, wobei die EZB für durchschnittlich rund 33 Mrd. Euro pro Monat Papiere wie Staatsanleihen oder forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset-Backed Securities) erwirbt. Damit summieren sich die Käufe durch die beiden Programme PEPP und APP auf durchschnittlich 121,1 Mrd. Euro pro Monat – das sind knapp 1,5 Billionen Euro pro Jahr, geschaffen aus reiner Luft.
Wenn neben dem PEPP auch das APP aufgestockt werden sollte, wovon ich ausgehe, könnten sich die Käufe künftig schnell auf 150 Mrd. Euro pro Monat belaufen – das wären horrende 1,8 Billionen Euro pro Jahr.
Es drohen noch mehr Strafzinsen
Dabei dürfte die EZB allerdings längst noch nicht stehenbleiben. Vielmehr dürfte sie einmal mehr mehrjährige Kredite für die Banken ankündigen. Für die bisherige Kredite liegen die Zinsen bei bis zu minus 1,0 % – die EZB zahlt also den Banken einen Zins von bis zu 1,0 %, damit die Geldhäuser diese Darlehen an Verbraucher und Unternehmen weiterreichen. Nun dürfte die EZB diesen Zinssatz weiter senken, beispielsweise auf minus 1,25 % oder sogar noch tiefer.
Schlussendlich könnte Lagarde auch noch durchsetzen, dass der Einlagenzins für die Banken von minus 0,50 % auf minus 0,60 % gesenkt wird, um sie so dazu zu bewegen noch mehr Kredite zu gewähren. Damit müssten die Institute allerdings noch mehr Strafzinsen an die EZB bezahlen als ohnehin schon. Um das zu verhindern und viele schwer angeschlagene Institute der Eurozone nicht noch mehr in die Bredouille zu bringen, dürfte die EZB die Freibeträge, für die die Institute keine Strafzinsen zahlen müssen, erhöhen.
Weitere Zinssenkung wäre ein verheerendes Signal
Eine weitere Zinssenkung von dem aktuellen Strafzinsniveau aus wäre ein verheerendes Signal an die Finanzmärkte und dürfte den Euro gegenüber dem Dollar deutlich schwächen. Bisher hatten viele Investoren geglaubt, dass die Zinsuntergrenze bei minus 0,50 % erreicht sein könnte.
Wenn die EZB im Dezember aber noch einmal nachlegen sollte, werden Investoren spekulieren, dass auch noch weitere Zinssenkungen bevorstehen könnten. Jedem, der über das mögliche große Maßnahmenpaket der EZB nachdenkt, sollte klar sein, dass es in den nächsten Jahren noch viel wichtiger sein wird als bislang physisches Gold zu besitzen, um sich gegen immer mehr Strafzinsen zu schützen.
Je nach dem Ausgang der US-Wahl könnte sich der Kursrückgang bei S&P 500 und DAX ausweiten, was auch kurzfristig den Goldpreis noch etwas belasten könnte. Das dürfte allerdings einmal mehr eine hervorragende Gelegenheit sein, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken. Man muss sich als Sparer vor der weiteren drastischen Entwertung des Euro durch die EZB schützen, zumal der Euro auf Talfahrt gegenüber dem Dollar gehen könnte, was den Goldpreis auf Euro-Basis stützen sollte.