Der Kursanstieg an den US-Aktienmärkten hat sich zuletzt beschleunigt, was auch den DAX gestützt hat. Ersteres dürfte der Fed allerdings überhaupt nicht gefallen, weshalb Fed-Chef Jay Powell unter Zugzwang kommt.

Die Stimmung vieler Aktionäre wird immer besser. Zuletzt sind S&P 500 und Nasdaq nach oben geschossen, und haben damit auch den DAX weiter mit nach oben gezogen. Damit nähern sich die US-Indizes den Vier-Monats-Hochs, während der DAX sogar in der Nähe des Elf-Monats-Hochs notiert.

Für Rückenwind an den Aktienmärkten haben am Ende vergangener Woche einerseits die Quartalszahlen von Netflix und andererseits die Nachrichten von Alphabet gesorgt. So hatte der Streaming-Anbieter Netflix im vergangenen Quartal deutlich mehr zahlende Neukunden gewonnen als erwartet.

Zudem hat der Ausblick Investoren überzeugt, demnach sich das Umsatzwachstum nach etlichen Quartalen mit einer deutlichen Abschwächung des Wachstums ab dem laufenden Quartal wieder beschleunigen soll. Die Nachricht hat bei Anlegern die Hoffnung geschürt, dass die Weltwirtschaft vielleicht doch in einer besseren Lage sein könnte als befürchtet, woraufhin Investoren bei Aktien zugegriffen haben.

Hingegen hatte Alphabet, der Betreiber der Suchmaschine Google, angekündigt, 12.000 Mitarbeiter zu entlassen. Damit sind rund 6 Prozent der Mitarbeiter des Konzerns von dem Personalabbau betroffen, das ist der größte in der Unternehmensgeschichte! Durch die Maßnahme senkt das Unternehmen die Kosten, weshalb die Aktie auf die Nachricht hin deutlich gestiegen ist und damit den US-Aktienmarkt weiter beflügelt hat. Und prompt lief die Party beim Technologieindex Nasdaq Composite auf Hochtouren, was auch den S&P 500 und damit den DAX mit nach oben gezogen hat.

Umso bemerkenswerter ist, dass trotz der Party an den Aktienmärkten der Goldpreis weiter geklettert ist und mit rund 1.930 Dollar je Unze in der Nähe des Neun-Monatshochs liegt. Für Rückenwind bei dem Edelmetall sorgt die Talfahrt bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen. Mit knapp über 3,4 Prozent liegen die Zinsen damit in der Nähe des Vier-Monats-Tiefs. Gleichzeitig ziehen die sinkenden Zinsen den Dollar weiter nach unten, womit der Goldpreis gleich von zwei Seiten Rückenwind hat.

US-Konjunkturdaten senden zusehends Rezessionssignale

Grund für die Talfahrt bei den US-Zinsen sind immer schlechter werdende US-Konjunkturdaten, die zusehends Rezessionssorgen schüren. Dass es genau so kommen dürfte, davor habe ich in den vergangenen Monaten zahllose Male gewarnt.

So waren die US-Einzelhandelsumsätze im Dezember um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken. Das war schlechter als der Rückgang um 0,8 Prozent, den Volkswirte vorhergesagt hatten. Zudem war das das zweite Minus in Folge, nachdem die Umsätze bereits im November um 1,0 Prozent gegenüber dem Vormonat zurückgegangen waren.

Viele „Experten“ hatten andauend behauptet, dass die Amerikaner trotz der hohen Inflation weiter kräftig konsumieren würden und daher die US-Wirtschaft stark sei. Die Einzelhandelsumsätze haben diese Propaganda aber klar widerlegt und vielmehr Rezessionssorgen geschürt. Dazu noch eine Zahl: So waren die realen Einzelhandelsumsätze, also unter Berücksichtigung der Inflation, auf das niedrigste Niveau seit Februar 2021 gesunken! Abgesehen von derartigen Fakten ist die US-Wirtschaft aber geradezu „superstark“, na klar!

Wie dramatisch sich die US-Wirtschaft abgekühlt hat, haben zudem die Daten zur Industrieproduktion gezeigt. Sie war im Dezember um 0,7 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken, wohingegen die allzeit optimistischen Volkswirte einen Rückgang um lediglich 0,1 Prozent vorhergesagt hatten. Gleichzeitig sind die Zahlen für November deutlich nach unten korrigiert worden. Statt dem ursprünglich gemeldeten Rückgang um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat, steht nun einer um 0,6 Prozent zu Buche. Eine Kombination aus zwei Rückgängen in Folge bei den Einzelhandelsumsätzen und zwei bei der Industrieproduktion verheißt nichts Gutes für die US-Wirtschaft!

Am Montag, 24. Januar kam dann der nächste Tiefschlag für die Optimisten, als der Frühindikator des Conference Board den 10. Monat in Folge gesunken ist. Wenn dieser Indikator, einer der besten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft, in den vergangenen Jahrzehnten auf Sicht von 6 Monaten einen ähnlich starken Rückgang wie derzeit verbucht hatte, hatte eine Rezession bereits begonnen.

Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Monaten viele US-Daten geradezu von der Klippe herunterfallen sollten und die Sorgen der Investoren vor einer Rezession schnell zunehmen sollten. Dann schauen wir mal, wie lange die Erholung bei S&P 500, Nasdaq und gerade auch beim DAX noch weitergehen wird.

In dem Szenario sollte logischerweise die Talfahrt bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen und beim Dollar und damit der Aufwärtsdruck beim Goldpreis anhalten.

Warten auf Fed-Sitzung

Allerdings dürften die zuletzt deutlich gesunkenen Zinsen für US-Anleihen – und in deren Folge die gesunkenen Zinsen für Kredite an Verbraucher und Unternehmen -, die Rally am Aktienmarkt und der deutlich gesunkene Dollar Fed-Chef Jay Powell und seinen Kollegen überhaupt nicht gefallen haben. Denn diese drei Faktoren sind für die Finanzbedingungen entscheidend, über die die Fed die Wirtschaft steuert. Laut der Einschätzung der Fed heizen die deutlich lockereren Finanzbedingungen aber die Wirtschaft und damit die Inflation an und konterkarieren damit das Ziel der Notenbank, die Inflation zu bekämpfen.

Umso wichtiger wird die nächste Fed-Sitzung am Mittwochabend, 1. Februar. Wenn Powell seiner bisherigen Linie treu bleiben sollte, müsste er – nach einer erwarteten Zinserhöhung um 25 Basispunkte auf dann 4,5 bis 4,75 Prozent – einmal mehr verbal versuchen, die Investoren davon zu überzeugen, dass die Fed in den nächsten Monaten die Zinsen weiter deutlich anheben und für eine längere Zeit auf dem erhöhten Niveau belassen wird.

Ziel der Übung: die Zinsen am Anleihenmarkt, sprich gerade jene für zehnjährige US-Anleihen, und damit die Zinsen für die Kredite an Verbraucher und Unternehmen, nach oben zu treiben, was den Aktienmarkt zumindest kurzfristig belasten sollte, zumal ein möglicher Zinsanstieg auch für eine Erholung beim Dollar sorgen sollte. Falls Powells das tatsächlich tun sollte, könnte das allerdings die ohnehin zunehmenden Rezessionssorgen der Investoren verstärken, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen – entgegen Powells Absicht – nicht etwa steigen, sondern fallen dürften.

Dann bin ich gespannt, wie der Aktienmarkt darauf reagieren wird. Schließlich sollten sinkende Zinsen für zehnjährige US-Anleihen aufgrund zunehmender Rezessionssorgen den US-Aktienmarkt eigentlich belasten. Oder? Dann könnte sich das entspannte Warten vieler Investoren auf die Fed-Sitzung zumindest kurzfristig als Fehler herausstellen.

Hingegen sollten sinkende Zinsen für zehnjährige US-Anleihen den Dollar weiter mit nach unten ziehen, und damit den Goldpreis beflügeln.

Zwar könnte es nach dem kräftigen Anstieg des Goldpreises in den vergangenen Monaten jederzeit zu kleinen Gewinnmitnahmen kommen. Insgesamt bleiben die mittel- und langfristigen Aussichten für das Edelmetall allerdings glänzend. Umso mehr Sinn macht es, die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.