Die Ergebnisse der EZB-Sitzung haben viele Investoren überrascht. Umso gespannter warten sie auf die Fed-Sitzung am Mittwochabend.
Manchmal kommt es anders als man denkt: So ist es mir zuletzt ergangen. Ich war ebenso wie viele Investoren davon ausgegangen, dass die EZB bei der Sitzung am vergangenen Donnerstag, 14. September nicht an der Zinsschraube drehen würde. Entgegen meiner Erwartung – und der vieler Investoren – hat die Notenbank aber unter anderem den Leitzins um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 4,5 Prozent angehoben und gleichzeitig das Ende des Zinserhöhungszyklus signalisiert.
Im Gegenzug waren die Zinsen für 10-jährige Bundesanleihen kurz eingebrochen, woraufhin der DAX kurz nach oben geschossen ist. Dabei spiegelt der Zinsrückgang nichts anderes wider, als dass sich durch die jüngste Zinserhöhung die Aussichten für die deutsche Wirtschaft und damit jene der Eurozone eintrüben, sprich die Rezessionssorgen nehmen zu.
Allerdings ist der DAX zum Start in die neue Handelswoche schnell wieder nach unten gedreht und nähert sich den Fünfeinhalb-Monats-Tiefs, nachdem die Konjunkturdaten aus China zu den Preisen neuer Häuser schlechter waren als erwartet. Zudem hatte ein kleiner Halbleiterhersteller aus Norwegen eine heftige Gewinnwarnung abgegeben, was Sorgen um eine schwache Weltwirtschaft geschürt hatte.
Hingegen hat sich der Goldpreis zuletzt etwas erholt. Das ist mehr als bemerkenswert, schließlich sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen mit 4,36 Prozent auf das höchste Niveau seit Oktober 2007 gestiegen.
Gleichzeitig notiert der Dollar Index in der Nähe des höchsten Niveaus seit Dezember 2022, womit der Goldpreis gleich von zwei Seiten Gegenwind hat. Der Dollar Index spiegelt die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, allen voran dem Euro wider.
US-Inflationsdaten etwas schlechter als erwartet
Für Aufwärtsdruck bei den US-Zinsen hatten zuletzt auch die US-Inflationsdaten gesorgt, die etwas schlechter waren als erwartet. So war die Inflationsrate im August auf 3,7 Prozent gestiegen, gegenüber 3,2 Prozent für Juli und lag damit leicht über den Schätzungen der Volkswirte von 3,6 Prozent. Neben den höheren Spritpreisen, haben auch die steigenden Mieten, und höhere Kosten für Autoversicherungen und Krankenversicherungsbeiträge durchgeschlagen.
Während die hohe Inflation viele Amerikaner erheblich belastet, dürften viele von ihnen kaum mitbekommen haben, dass zuletzt die Schulden der Regierung in Washington auf den Rekord von 33,04 Billionen Dollar gestiegen sind. Wahnsinn!
Laut den Schätzungen von Experten soll das Haushaltsdefizit im Ende September zu Ende gehenden Fiskaljahr 2022/23 bei rund 6,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung liegen. Eine derart hohe Neuverschuldung gibt es in den USA üblicherweise nur in Rezessionszeiten.
Während die Fed und viele „Experten“ den Konsumenten und Anlegern weißmachen wollen, wie stark die US-Wirtschaft sei, hinterlassen die stark gestiegenen Zinsen immer mehr ihre Spuren. So waren die Neubaubeginnen im August auf eine Jahresrate von 1,28 Mio. Einheiten eingebrochen. Das ist das niedrigste Niveau seit Juni 2020. Abgesehen davon geht es der US-Wirtschaft aber gut, na klar!
Warten auf Fed-Sitzung…
Umso wichtiger wird die Fed-Sitzung am Mittwochabend, 20. September. Viele Investoren gehen davon aus, dass die Fed im Gegensatz zur EZB nicht an der Zinsschraube drehen, sondern den Leitzins bei 5,25 bis 5,0 Prozent belassen wird. Zudem dürfte die Fed einmal mehr betonen, dass sie bis zum Jahresende eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte plant.
Sollte es keine Überraschung bei der Fed-Sitzung geben, dürfte der Anstieg der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weitergehen, was den Dollar weiter nach oben treiben würde. Umso gespannter werde ich beobachten, ob der Goldpreis in dem Umfeld nachgeben wird, oder ob er sich dagegenstemmt und zumindest seitwärts tendiert.
Für Aufwärtsdruck bei den US-Zinsen sorgt neben der Anleihenschwemme der US-Regierung vor allem der Höhenflug der Ölpreise. Das heizt die Inflationserwartungen an und treibt die US-Zinsen, wie für 2- oder 10-jährige Anleihen nach oben. Das habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten zahllose Male gesagt und geschrieben.
… und Sitzung der englischen und japanischen Notenbank
Nach der Fed-Sitzung folgt tags darauf am Donnerstag die Sitzung der englischen Notenbank und am Freitag dann jene der japanischen Notenbank. Je nach dem, was diese zwei Notenbanken ankündigen, könnte auch das die Zinsen für US-Anleihen nach oben treiben, und damit den Dollar. Nicht nur Aktienbesitzer, sondern auch Gold-Fans wie Sie und ich können daher nur hoffen, dass es keine negativen Überraschungen von den zwei Notenbanken geben wird.
Ebenfalls am Freitag werden die wichtigen Einkaufsmanagerindizes von S&P Global für Deutschland, die Eurozone und die USA veröffentlicht, dabei jeweils für die Industrie und den Dienstleistungssektor. Mich würde es nicht überraschen, wenn sämtliche 3 Indizes deutlich schwächer wären als von Volkswirten vorhergesagt, schließlich hinterlassen die diesseits und jenseits des Atlantiks stark gestiegenen Zinsen immer mehr ihre Spuren.
Sollte der Index für Deutschland oder die Eurozone schwächer sein als erwartet, könnte das zumindest kurzfristig für einen Rückgang der Zinsen für 10-jährige Bundesanleihen, sowie für andere Anleihen aus der Eurozone sorgen und damit auch die US-Zinsen leicht nach unten ziehen. Das würde den Goldpreis stützen.
Dann kommt es darauf auf, wie sich der Dollar entwickelt. Sollten die in der Eurozone möglicherweise sinkenden Zinsen den Euro mit nach unten ziehen – sprich den Dollar nach oben drücken -, hätte der Goldpreis von dieser Seite Gegenwind.
Je nach dem Ausgang der Fed-Sitzung könnte es kurzfristig zu deutlichen Kursausschlägen bei Gold kommen. Insgesamt gehe ich aber davon aus, dass die Talfahrt des Euro gegenüber dem Dollar weitergehen sollte, weil die Daten aus der Eurozone weiter Rezessionssorgen schüren sollten, während die US-Daten kurzfristig etwas besser sein könnten als befürchtet. Umso mehr Sinn macht es, physisches Gold zu besitzen und den eigenen Bestand weiter aufzustocken, um sich gegen den Rückgang des Euro und damit dem Anheizen der Inflation zu schützen.