Die EZB-Sitzung hat nichts Überraschendes gebracht. Umso mehr rückt die Fed-Sitzung am Mittwochabend in den Fokus der Anleger.
Die Talfahrt an den Aktienmärkten war zuletzt weitergegangen, ehe sie sich ein wenig erholt haben. Für Gegenwind sorgte vor allem die Eskalation des Israel-Kriegs, nachdem die israelische Armee am Freitagnachmittag mit Bodentruppen in den Gazastreifen eingerückt war.
Daraufhin hat sich der Kursrückgang beim S&P 500 ausgeweitet, womit eine Korrektur begonnen hat. Sie liegt bei einem Rückgang um mindestens 10 Prozent gegenüber dem vorherigen Hoch vor. Der DAX ist ebenfalls in einer Korrektur. Belastet werden die Indizes zudem immer wieder durch die steigenden Zinsen für 10-jährige US-Anleihen, nehmen die Zinsen doch einmal mehr die Marke von 5,0 Prozent ins Visier.
Hingegen sind Investoren wegen der Eskalation des Israel-Kriegs einmal mehr in den sicheren Hafen Gold geflüchtet, woraufhin der Preis auf mehr als 2.000 Dollar je Unze nach oben geschossen war, ehe er etwas nachgegeben hat. Damit rückt das Rekordhoch vom August 2020 bei rund 2.070 Dollar zusehends näher.
Mit den steigenden US-Zinsen nimmt allerdings das Risiko immer weiter zu, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abrutscht, hatte doch zuletzt selbst Tesla-Chef Elon Musk gewarnt, dass der Kauf von E-Autos aufgrund der stark gestiegenen Zinsen und damit der hohen monatlichen Belastungen für Autokredite kaum noch erschwinglich sei.
Kräftige Schuldensause in den USA
Vor dem Hintergrund von Musks Aussagen fällt es mir sehr schwer zu glauben, dass die US-Wirtschaft im dritten Quartal um annualisiert 4,9 Prozent gewachsen sein soll, so zumindest die offiziellen Zahlen. Das signalisiert quasi eine brummende US-Wirtschaft. Der annualisierte Wert wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert.
Es gibt allerdings einen Hauptgrund für das US-Wirtschaftswachstum: die Schuldensause der Regierung von Joe Biden. So hatte das Finanzministerium – nachdem die Schuldenobergrenze bis Januar 2025 ausgesetzt worden war – im dritten Quartal Anleihen im Volumen von 1,01 Billionen Dollar platziert. Sie lesen richtig: „1,01 Billionen Dollar“!
Im laufenden Quartal sollen Papiere im Volumen von „nur“ 776 Mrd. Dollar platziert werden. Das sind zwar 76 Mrd. Dollar weniger als zuvor geplant, ist aber immer noch eine Riesensumme. Und im ersten Quartal sollen 816 Mrd. Dollar hinzukommen.
Im Klartext: das US-Finanzministerium will innerhalb von nur zwei Quartalen Anleihen im Volumen von insgesamt knapp 1,6 Billionen Dollar platzieren – Wahnsinn!
Deutsche Wirtschaft ist schwach
Von derartigen Wachstumsraten beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) kann die deutsche Wirtschaft nicht einmal träumen. Laut der ersten Schätzung ist sie das BIP im dritten Quartal um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Das war etwas besser als erwartet, hatten Volkswirte doch einen Rückgang um 0,2 Prozent vorhergesagt.
Zudem sind die Zahlen für das zweite Quartal leicht nach oben korrigiert worden, womit statt der bisherigen 0,0 Prozent nun ein Wachstum um 0,1 Prozent zu Buche steht. Insgesamt stagniert die Wirtschaft damit.
Umso mehr haben einige „Experten“ bejubelt, dass die Inflationsrate hierzulande im Oktober auf 3,8 Prozent zurückgegangen ist und damit unter den Schätzungen der Volkswirte von 4,0 Prozent lag, nach 4,5 Prozent für September.
Fakt ist allerdings auch, dass die Verbraucherpreise im Oktober auf dem Niveau des Vormonats stagniert haben und damit am Rekordhoch liegen. Deswegen hält sich meine Freude über den Rückgang der Inflationsrate sehr in Grenzen, sind doch viele Produkte hierzulande – trotz des kräftigen Rückgangs der Inflationsrate in den vergangenen Monaten – so teuer wie niemals zuvor. Dass sich in dem Umfeld und vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Zinsen viele Verbraucher beim Konsum zurückhalten, sollte niemanden überraschen.
Vor dem Hintergrund der schwachen Konjunktur hierzulande und der Euro-Zone insgesamt hat die EZB bei der Sitzung am vergangenen Donnerstag, 26. Oktober den Leitzins bei 4,5 Prozent belassen. Viele Experten sind der Überzeugung, dass der Höhepunkt in diesem Zinszyklus erreicht ist und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis die EZB – trotz gegenteiliger Beteuerungen – die Zinsen wegen der zunehmenden Rezessionssorgen senken wird.
Die soeben veröffentlichten Zahlen zeigen, dass das BIP der Eurozone im dritten Quartal um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist, wohingegen Volkswirte ein stabiles BIP vorhergesagt hatten. Die Wirtschaft der Eurozone ist also ebenso schwach wie die deutsche!
Warten auf Fed-Sitzung
Umso gespannter warten viele Investoren auf die Fed-Sitzung am Mittwochabend, 1. November. Für viele Investoren ist es ausgemachte Sache, dass die Fed den Leitzins bei 5,25 bis 5,5 Prozent belassen wird, was einem 22-Jahres-Hoch entspricht.
Von großer Bedeutung wird sein, was die Fed für die darauffolgende Sitzung am 13. Dezember signalisiert und was Fed-Chef Jay Powell auf der Pressekonferenz nach der Sitzung am 1. November sagen wird.
Meiner Meinung nach dürfte Powell kaum etwas Überraschendes sagen. Er dürfte betonen, dass die Inflation weiterhin zu hoch sei und sich damit die Hintertür für eine mögliche weitere Erhöhung im Dezember offenhalten. Die am Markt eingepreiste Wahrscheinlichkeit für eine Erhöhung um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) liegt derzeit aber bei lediglich 24,5 Prozent. Demnach gehen also viele Investoren davon aus, dass auch beim Zinszyklus der Fed der Höhepunkt bereits erreicht ist.
Mich würde es nicht überraschen, wenn Powell diesmal einmal mehr von Disinflation, also von sinkenden Inflationsraten, reden würde, um so die Aktienmärkte zu stützen. Viele Fed-Mitglieder haben in den vergangenen 15 Jahren zahllose Male betont, wie wichtig es sei, dass der Aktienmarkt nicht einbricht, weil sich ansonsten die Stimmung vieler Verbraucher verschlechtern würde, woraufhin sie sich beim Konsum zurückhalten würden.
Kann Fed-Sitzung die Aktienmärkte stützen?
Für die US-Volkswirtschaft, bei der der private Verbrauch rund zwei Drittel der jährlichen Wirtschaftsleistung ausmacht, wäre es verheerend, wenn die Konsumenten auf die Ausgabenbremse treten würden. Meiner Meinung nach dürften die stark gestiegenen Zinsen aber dazu führen, dass sich viele hochverschuldete private Haushalte in den nächsten Monaten beim Konsum zurückhalten.
Sollte Powell einmal mehr von Disinflation reden, könnten die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen zumindest auf kurze Sicht sinken, was die Aktienmärkte stützen würde. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Erholung an den Aktienmärkten nur von kurzer Dauer sein sollte, weil sich Investoren dann wieder auf den Israel-Krieg fokussieren dürften.
Zudem dürften die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen vor dem Hintergrund der anhaltenden Schuldensause in den USA schnell wieder nach oben drehen, was für zusätzlichen Gegenwind an den Aktienmärkten sorgen würde.
Allerdings dürften möglicherweise kurzfristig sinkende US-Zinsen den Goldpreis weiter in Richtung des Rekordhochs treiben. Umso wichtiger wird anschließend die weitere Entwicklung des Israel-Kriegs und jene der US-Zinsen und des Dollar.
Glänzende Aussichten
Die mittel- und langfristigen Aussichten für Gold bleiben hervorragend. Das Risiko ist groß, dass die Schuldensause in den USA trotz des ohnehin riesigen Schuldenbergs von zuletzt knapp 33,7 Billionen Dollar in den nächsten Jahren weitergeht. Dann bin ich mal gespannt, wie lange sich die Fed gegen eine mögliche Senkung der Leitzinsen sträuben kann, wenn die Zinsen am Anleihenmarkt für kurz-, mittel- und langfristige Papiere immer weiter steigen sollten.
Ein einem Umfeld, in dem die Fiat-Währungen Dollar und Euro aber immer mehr entwertet werden dürften, sollte physisches Gold die Kaufkraft seiner Besitzer weiter erhalten. Auf Euro-Basis ist der Goldpreis seit Jahresanfang um rund 10 Prozent gestiegen. Umso mehr Sinn macht es meiner Meinung nach, die aktuellen Preise zu nutzen, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.