Bestimmt haben viele von Ihnen in der vergangenen Woche den Kurseinbruch am US-Aktienmarkt und beim DAX verfolgt. In den vergangenen Wochen hatte ich wiederholt darauf hingewiesen, dass ein kräftiger Kursrückschlag beim S&P500 bevorstehen würde und das den DAX kräftig mit nach unten reißen würde. In der vergangenen Woche ist der S&P500 um 4,0 Prozent eingebrochen, damit hat sich ein Börsenwert von mehr als 900 Mrd. Dollar in Luft aufgelöst. Gleichzeitig ist der S&P500 deutlich unter die 200-Tage-Linie von knapp unter 2.770 Punkten gerutscht, damit hat sich das charttechnische Bild erheblich eingetrübt. Einige Experten haben zuletzt ganz offen gesagt, dass man im Gegensatz zu den vergangenen Jahren Kursrückgänge nicht mehr zur Rückkehr in den Markt nutzen sollte, sondern Kurserholungen um Aktien zu verkaufen.

Dennoch ist der Goldpreis in der vergangenen Woche nur minimal gestiegen. Offenbar schichten Investoren bislang nur allmählich Geld aus Aktien in Gold um, während viele Spekulanten am Derivate-Markt über Futures weiter deutlich auf sinkende Goldpreise setzen. Diese Spekulation sollte aber kräftig nicht hinten losgehen.

Amazon und Alphabet ziehen S&P500 mit nach unten

Was war diesmal der Grund für den Kursrutsch am US-Aktienmarkt? Zuletzt hatte ich geschrieben, dass die Gewinnwarnungen von zwei US-Chemiefirmen den S&P500 damals erheblich belastet hätten, weil die beiden Unternehmen auf die Folgen des Handelskriegs zwischen den USA und China, den steigenden Rohstoffpreisen und der schwachen Nachfrage aus der Autoindustrie hingewiesen hätten. Diesmal haben die schwachen Zahlen und Ausblicke der US-Technologiefirmen Alphabet und Amazon den gesamten US-Technologiesektor und damit den S&P500 mit nach unten gerissen. So lagen die Umsätze von Alphabet und Amazon für das dritte Quartal jeweils leicht unter den Schätzungen der Analysten. Zudem hat der weltgrößte Internethändler mit der Prognose Investoren schockiert. So soll der Umsatz im laufenden Weihnachtsquartal auf lediglich 66,5 bis 72,5 Mrd. Dollar steigen, und damit unter der vorherigen Prognose der Analysten von 73,8 Mrd. Dollar liegen.

Auf die Nachricht hin war die Amazon-Aktie eingebrochen. Viele Experten haben betont, dass Investoren „das Haar in der Suppe suchen“ würden und der Einbruch übertrieben sei. Da bin ich ganz anderer Meinung, denn der schwache Ausblick von Amazon zeigt vielmehr, dass sich der Konzern von der deutlichen Abkühlung der Weltwirtschaft nicht abkoppeln kann. Genau darauf hatten Investoren aber bislang gesetzt. Wie soll das aber gehen, dass sich Amazon von der Konjunktur abkoppelt? Hat der Konzern etwa neue Kunden auf dem Mond gefunden und liefert künftig die Päckchen dorthin? Amazon kann sich ebenso wenig wie irgendein anderes Unternehmen von der deutlich schwächelnden Weltwirtschaft abkoppeln. Das macht wiederum Investoren ziemlich nervös, denn wenn die Weltwirtschaft sich so sehr abgekühlt hat, dass selbst Amazon davon betroffen ist, dann sind das sehr schlechte Nachrichten für viele andere Unternehmen und damit den S&P500 und den DAX mit seinen vielen Unternehmen aus zyklischen, also konjunkturabhängigen, Sektoren.

Sorge vor einer deutlichen Wachstumsverlangsamung bei US-Tech-Werten

Investoren bereitet zudem Sorge, dass sich das Umsatzwachstum bei Amazon deutlich abschwächt. Nachdem es im zweiten Quartal noch bei 39,3 Prozent gelegen war, waren es im dritten Quartal „nur“ noch 29,3 Prozent. Für das vierte Quartal sagen Analysten einen Wert von lediglich 22,2 Prozent vorher. Eine deutliche Verlangsamung des Wachstums ist aber eine ganz schlechte Nachricht für die Amazon-Aktie, sinkt doch in einem derartigen Szenario auch die Bewertung deutlich. Damit kommt die Aktie gleich von zwei Seiten unter Druck: niedrigeres Wachstum als bislang erwartet und sinkendes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV).

Ich befürchte, dass auch etliche andere US-Techfirmen Investoren mit schwachen Ausblicken schockieren könnten, wenn ich beispielsweise den Kollaps der Facebook-Aktie sehe, schwant mir Böses. Sollte es allerdings bei den Tech-Aktien zu einer nachhaltigen Trendwende nach unten kommen, würde das den S&P500 mitreißen, machen die Tech-Firmen doch rund 30 Prozent des Indexgewichts aus. In dem Umfeld sollte es zu einer nachhaltigen Trendwende nach oben beim Goldpreis kommen.

US-Notenbank will Luft aus dem Aktienmarkt herauslassen

Warum ist ein weiterer deutlicher Kursrückgang beim S&P500 viel wahrscheinlicher als in den vergangenen Jahren? Weil meiner Meinung nach die US-Notenbank im Gegensatz zu früheren Jahren nicht eingreifen wird, um Aktionäre erneut herauszuhauen. Ich habe Ihnen wiederholt geschrieben, dass meiner Meinung nach die Fed absichtlich versucht, die gigantische Blase am US-Aktienmarkt zum Platzen zu bringen. Viele Investoren spekulieren wann die Fed frühestens eingreifen könnte, um die Lage zu stabilisieren. Wenn der S&P500 bei 2.500 Punkten steht, oder erst bei 2.300 Punkten?

Zuletzt hat Loretta Mester, die Chefin der Notenbank von Cleveland, gesagt, dass man noch „weit“ davon entfernt sei, dass der Kursrückgang am Aktienmarkt auf die Stimmung der Verbraucher durchschlage und sie auf die Ausgabenbremse treten würden, immerhin notiere der S&P500 noch höher als vor einem Jahr. Wenn die Fed allerdings das Sicherheitsnetz unter dem Markt weggezogen hat, dann könnte er nach unten rauschen wie beim Bungee Jumping. Für mich sieht es so aus, als ob der S&P500 genau das Anfang Oktober gemacht hat, zuletzt ist der Index in die Nähe des Sechs-Monats-Tiefs gesunken.

Talfahrt des Renminbi ist ein starkes Warnsignal

Zwar kann es nach dem Ausverkauf jederzeit zu einer deutlichen Kurserholung kommen. Allerdings dürften institutionelle Investoren, also die Finanzprofis, die Gelegenheit nutzen, um kräftig Aktien zu verkaufen, woraufhin der S&P500 schnell wieder nach unten drehen sollte. Einerseits könnte es während der US-Quartalssaison noch etliche weitere Enttäuschungen geben, nicht nur von Technologiefirmen, sondern von Unternehmen aus zyklischen Sektoren. Andererseits gibt es weiterhin etliche Risiken, wie die Talfahrt beim chinesischen Renminbi oder die schwelende Italien-Krise. Zuletzt ist der Renminbi in Richtung sieben Renminbi je Dollar gesunken. Das ist ein enormes Warnsignal für den Währungsmarkt und damit die Weltwirtschaft, denn je weiter der Renminbi sinkt, umso günstiger werden chinesische Produkte in den USA, womit der Handelskrieg noch mehr eskalieren würde. Sollte der Renminbi unter die Marke von sieben Renminbi je Dollar sinken, was schon sehr bald passieren dürfte, dürfte das für einen kräftigen Rückschlag am US-Aktienmarkt und beim DAX sorgen.

Dass andererseits die Italien-Krise weiterhin schwelt, wissen Sie genau so gut wie ich. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte zuletzt zwar, er sehe keine unmittelbare Gefahr einer erneuten Euro-Krise. “Derzeit ist nicht zu befürchten, dass der Haushaltsstreit zwischen Italien und der EU-Kommission den gesamten Euro-Raum in Mitleidenschaft zieht”, so Le Maire. Wenn ich derartige Aussagen höre, gehen bei mir alle Warnlampen an. Je mehr und je öfter Politiker eine derartige Gefahr dementieren, umso akuter und gefährlicher ist sie. Das zeigt der Euro ganz offen an, zuletzt ist er in die Nähe des 15-Monats-Tiefs gegenüber dem Dollar gesunken.

Zwar kann es jederzeit zu einer Erholung beim S&P500 kommen. Sie sollte allerdings nur von sehr kurzer Dauer sein, woraufhin der Index wieder nach unten drehen sollte. In dem Umfeld dürfte der Goldpreis auf Dollar-Basis deutlich zulegen. Da gleichzeitig der Euro gegenüber dem Dollar auf Talfahrt bleiben sollte, dürfte der Goldpreis auf Euro-Basis noch stärker steigen als auf Dollar-Basis. Ich kann Ihnen daher weiterhin nur empfehlen, Ihre Bestände aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.