Die alltägliche „Hoffnung im Handelskrieg“ treibt S&P500, US-Zinsen und Dollar nach oben. Im Gegenzug ist der Goldpreis auf Drei-Monats-Tiefs gesunken. Allerdings dürfte gerade der deutliche US-Zinsanstieg viel früher auslaufen als viele Investoren erwarten, womit sich das Umfeld für Gold erheblich verbessern würde.

Der S&P500 steigt von einem Rekordhoch zum nächsten, während der DAX rapide den Spitzenwert von Ende Januar 2018 ins Visier nimmt. Für Rückenwind sorgt praktisch jeden Tag die „Hoffnung im Handelskrieg“, so war es auch wieder in der vergangenen Woche. Am Donnerstag, den 07.11.2019, hatte China angekündigt, dass sich die USA und China darauf verständigt hätten, die erhobenen Strafzölle im Gleichschritt und parallel zu den Fortschritten beim Handelsabkommen aufzuheben. Daraufhin schossen die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks nach oben.

Als Larry Kudlow, der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, das wenige Stunden später bestätigte, zündete die nächste Stufe der Rakete. Dass es einmal mehr keinerlei Details gab, welche Strafzölle wann aufgehoben werden sollen, interessierte die Börsianer absolut nicht. Als Trump einige weitere Stunden später sagte, dass er einer Aufhebung nicht zugestimmt habe, drehte der S&P500 nur kurz nach unten und stieg anschließend umso kräftiger – welcher Irrwitz! Während der Aktienmarkt jede scheinbar positive Meldung zum Handelskrieg euphorisch bejubelt, gibt er bei schlechten Nachrichten nur minimal nach – das macht gar keinen Sinn.

Gute Meldungen zum Handelsstreit sind eine reine Farce

Meiner Meinung nach ist der alltägliche „Optimismus im Handelskrieg“ eine reine Farce, es gibt praktisch keinerlei Fortschritte im Handelsstreit. Im Oktober ist kein Vertrag unterzeichnet worden, zuletzt haben die USA angekündigt, dass er im November auch nicht unterschrieben werden wird. Vielleicht wird es im Dezember dazu kommen oder auch nicht.

Das interessiert die Börse allerdings nicht, stattdessen führen die alltäglichen Meldungen zu einem kräftigen Zinsanstieg, während der Dollar deutlich zugelegt hat. In dem Umfeld hatte der Goldpreis gleich von mehreren Seiten Gegenwind, weshalb er mit Kursen von rund 1.465 Dollar je Unze auf Drei-Monats-Tiefs gesunken ist – zumal das Volumen an weltweiten Anleihen mit Strafzinsen auf „nur“ umgerechnet 12,0 Billionen Dollar gesunken ist. Am Rekord Ende August waren es noch 17 Billionen Dollar.

Gelddrucken der Fed treibt langfristige Zinsen nach oben

Für zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den US-Zinsen sorgt zudem das monatliche Anleihenkaufprogramm der Fed von 60 Mrd. Dollar, das Fed-Chef Jay Powell am 8. Oktober signalisiert und die Fed am 11. Oktober offiziell angekündigt hatte. Investoren setzen darauf, dass die Liquiditätsschwemme diesmal die Wirtschaft ebenso ankurbeln wird, wie es die früheren Gelddruckrunden QE1 bis QE3 gemacht hatten. Wegen dieser Erwartung sind seit dem 8. Oktober die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen um herbe 40 Basispunkte (0,4 Prozentpunkte) auf 1,95 Prozent nach oben geschossen und notieren damit auf dem höchsten Niveau seit Anfang August.

Während viele Investoren den kräftigen Zinsanstieg als Zeichen für eine deutliche Belebung der US-Wirtschaft bejubeln, ist er tatsächlich Gift für die hochverschuldete Wirtschaft, weil ein deutlicher Zinsanstieg bei US-Anleihen auch zu höheren Zinsen beispielsweise bei Hypotheken-, Auto- oder Firmenkrediten führt. Das ist das denkbar Schlechteste, was der US-Wirtschaft passieren kann.

Zur Erinnerung: Die Schulden von privaten Haushalten und Unternehmen außerhalb des Finanzsektors sind zwischen dem Ende des zweiten Quartals 2018 und dem des zweiten Quartals 2019 um horrende 1,2 Billionen auf den Rekord von insgesamt 31,6 Billionen Dollar gestiegen. Deutlich steigende Hypothekenzinsen sollten daher sehr schnell ihre Spuren bei den Verkäufen neuer und bestehender Häuser hinterlassen. Behalten Sie daher bitte den S&P Homebuilders Index, der die Entwicklung der Aktienkurse der US-Hausbaufirmen widerspiegelt, im Auge. Er könnte relativ bald nach unten drehen und wäre damit ein starkes Warnsignal für die Wirtschaft und den Aktienmarkt insgesamt.

Massives Gelddruckprogramm sollte Goldpreis beflügeln

Zudem dürften bei steigenden Zinsen die Unternehmen aus dem S&P500 beginnen, ihre Aktienrückkäufe zu drosseln, die im Jahr 2018 wegen der kräftig gesunkenen Zinsen auf den Rekord von rund 800 Mrd. Dollar geklettert und damit der wichtigste Antriebsmotor für den Aktienmarkt waren. Wenn die Firmen das tun sollten, würde das für Gegenwind beim S&P500 sorgen. Sinkende Zinsen dürften zudem Abwärtsdruck auf den Dollar ausüben. In dem Umfeld würde aus deutlichem Gegenwind für den Goldpreis schnell kräftiger Rückenwind werden.

Ich erwarte, dass der US-Zinsanstieg nur von sehr kurzer Dauer sein wird. Vielleicht geht es bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen noch bis auf 2,2 Prozent nach oben, was auf kurze Sicht den Goldpreis belasten könnte. Allerdings dürfte das die hochverschuldete Wirtschaft erheblich belasten, womit sich die Perspektiven für sie eintrüben, woraufhin die Zinsen wieder deutlich nach unten drehen sollten, zumal ich weiterhin davon ausgehe, dass die Wirtschaft in den nächsten Monaten rapide auf eine Rezession zusteuern sollte.

Sie sollten sich daher von dem jüngsten Rückgang des Goldpreises nicht verunsichern lassen, sondern ihn vielmehr als Gelegenheit nutzen, um Ihre Bestände weiter aufzustocken. Dass die Fed jeden Monat 60 Mrd. Dollar drucken muss – und meiner Meinung nach das Niveau künftig kräftig erhöhen dürfte – deutet daraufhin, dass die Wirtschaft ohne das massive Gelddrucken nicht mehr auskommen kann.

Eine anhaltende massive Dollar-Schwemme sollte allerdings den Dollar kräftig entwerten, was dem Goldpreis mittel- und langfristig deutlich beflügeln sollte. Gleichzeitig dürften andere Notenbanken, wie die EZB, bei dem Abwertungswettlauf der Währungen weiter kräftig mitmachen, womit viele Fiat-Währungen insgesamt weiter erheblich an Wert verlieren sollten. Davor dürfte Sie kaum etwas besser schützen als physisches Gold.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.