Haben Sie auch die Börsenturbulenzen am Ende der vergangenen Woche beobachtet, als der DAX in Richtung des 52-Wochen-Tiefs eingebrochen und der Euro eingeknickt ist? Grund für den Kursrutsch war wieder einmal Italien. Die neue italienische Regierung hat sich für 2019 auf ein Haushaltsdefizit von 2,4 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung geeinigt, das sind rund 42 Mrd. Euro. Das ist zwar das Dreifache der 0,8 Prozent, die die alte Regierung angekündigt hatte. Zuletzt war allerdings schon durchgesickert, dass Finanzminister Giovanni Tria mit einem Defizit von 1,9 Prozent einverstanden sei.
Die Differenz zu den 2,4 Prozent macht lediglich knapp 9 Mrd. Euro aus. Können 9 Mrd. Euro derartige Turbulenzen beim Euro und DAX auslösen? Das sind Peanuts. Die Investoren wissen schon längst, dass Italien mit horrenden 2,34 Billionen Euro verschuldet ist und die Pleite bislang nur durch das massive Gelddrucken der EZB verhindert worden ist. Dennoch sind nach der Bekanntgabe der Pläne die Zinsen für zweijährige italienische Anleihen nach oben geschossen. Mit knapp 1,2 Prozent sind sie angesichts der herben Schulden Italiens aber immer noch viel zu niedrig.
Manchmal kann ich die Börse wirklich nicht mehr verstehen. Die stellvertretenden Ministerpräsidenten Luigi Di Maio von der linksgerichteten Fünf-Sterne-Bewegung und Matteo Salvini von der rechtpopulistischen Lega-Partei haben doch wiederholt betont, dass Sparen für sie keinerlei Rolle spielt und sie jetzt die Wirtschaft ankurbeln wollen – im Klartext: ihre Wahlversprechen einlösen und die Wahlgeschenke verteilen wollen. Wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen für die Einkommensschwachen ebenso finanziert werden soll, wie Steuersenkungen und das Absenken des Renteneintrittsalters, da spielen 10 oder 20 Mrd. Euro mehr Schulden keine Rolle, oder? Welcher Investor hat denn ernsthaft geglaubt, dass die Populisten sich an die Regeln der EU halten würden?
„Die Zahl zum Haushaltsdefizit wird fast sicher falsch sein“, schrieben die Analysten der Schweizer Großbank UBS zuletzt. Klar wird die Zahl falsch sein, das Haushaltsdefizit wird wie üblich deutlich höher sein als es derzeit angekündigt wird. Wen kann denn so eine Entwicklung noch überraschen? Das ist doch das Prozedere, das sei Jahren läuft, nicht nur in Italien, sondern auch in anderen Ländern. Und was hat die EU-Kommission immer gemacht? Sie hat zwar kurz den Zeigefinger gehoben, aber schlussendlich ist den Ländern, die gegen die Regeln verstoßen haben, absolut Nichts passiert.
Draghi wird wieder zur Rettung eilen
Salvini und Di Maio haben sich daher auch gleich darauf geeinigt, dass die Neuverschuldung in den nächsten beiden Jahren ebenfalls bei 2,4 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung liegen soll. Dass das den Finanzmarkt nervös macht, ist allerdings mehr als verständlich. Nachdem frühere italienische Regierungen zumindest so getan haben, als ob sie den Stabilitätspakt irgendwann einhalten möchten, wird er nun auch offiziell zu Grabe getragen. Von Sparen kann in Italien also weiterhin keine Rede sein, stattdessen werden die zig Mrd. Euro an Zinszahlungen, die das Land durch die niedrigen Zinsen spart, einfach ausgegeben.
Während manche Investoren Sorge haben, dass die Italien-Krise richtig hochkochen könnte, gehe ich davon aus, dass die EZB im Notfall schnell einschreiten und die Notenpresse wieder schneller laufen lassen dürfte. Für EZB-Chef Mario Draghi und seine Kollegen spielt es keine Rolle, ob die EZB 60, 80 oder 100 Mrd. Euro pro Monat druckt, oder noch mehr. Dass das die Hauskäufer und Mieter in Deutschland mit explodierenden Preisen für Häuser und Wohnungen bezahlen, und die Mieten nach oben schießen, das ist unser Problem.
Eine Menge Brandherde
Weil der Euro in einem Umfeld, in dem Investoren Sorge vor einer Eskalation der Italien-Krise haben, deutlich gegenüber dem Dollar abrutschen könnte, könnte Gold allmählich als sicherer Hafen in den Fokus der hiesigen Anleger rücken, zumal es neben dem Italien-Thema weltweit noch eine Reihe anderer Brandherde gibt: vom Handelskrieg zwischen den USA und China, wobei US-Präsident Donald Trump ihn jederzeit auf die Euro-Zone und auf Japan ausweiten könnte, über die Währungskrise in den Emerging Markets, bis zum Risiko eines „harten“ Brexits, also eines ungeordneten Austritts Großbritanniens aus der EU. Dass in dem Umfeld ein Institut nach dem anderen die Prognose für das Wirtschaftswachstum Deutschlands, eine der am stärksten vom Export abhängigen Volkswirtschaften der Welt, für 2018 senkt, sollte niemanden überraschen.
Diese Risiken haben den US-Aktienmarkt bislang absolut nicht belastet, er läuft von einem Rekordhoch zum nächsten. Die Frage ist allerdings, wie lange das noch so bleiben kann. Wenn das Italien-Thema kräftig hochkochen sollte und sich damit die Perspektiven für die Weltwirtschaft noch stärker eintrüben als ohnehin schon, dann dürfte das früher oder später auch den US-Aktienmarkt nicht unbeeindruckt lassen. Denn die US-Unternehmen bekommen deutlichen Gegenwind, wenn sich das Wachstum in vielen anderen Volkswirtschaften deutlich abkühlt, oder sie sogar in die Rezession abrutschen. Sollte der US-Aktienmarkt deutlich nach unten drehen, dann sollte der sichere Hafen Gold gefragt sein.
Viele Investoren lassen Gold links liegen – ein riskantes Unterfangen, wie ich finde, zumal Gold im Vergleich zu US-Aktien extrem günstig ist. So liegt das Dow-Gold-Ratio bei 22,2 – das ist das höchste Niveau seit Herbst 2005. Dabei wird der Indexstand des Dow Jones durch den Goldpreis dividiert. Sollte die Blase am US-Aktienmarkt platzen, dürfte das Pendel kräftig in die andere Richtung ausschlagen. Ich halte es daher weiterhin für empfehlenswert, die sehr günstigen Goldpreise zu nutzen, um die Bestände aufzustocken.