Die steigenden US-Zinsen und der steigende Dollar haben in den vergangenen Wochen die Aktienmärkte und den Goldpreis belastet. Umso wichtiger werden die US-Inflationsdaten am Mittwoch und die EZB-Sitzung am Donnerstag.
Der DAX ist in die Nähe der Fünfeinhalb-Monats-Tiefs gesunken, was viele Anleger zusehends nervös macht. Grund für den Kursrückgang sind meiner Meinung nach nicht zuletzt eine Reihe schwacher Konjunkturdaten, gerade aus der Eurozone, die Stagflationssorgen schüren.
Stagflation ist eine Kombination aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation. Das ist üblicherweise alles andere als ein gutes Umfeld für Aktien.
Ebenso wie der DAX ist leider auch der Goldpreis auf Talfahrt und läuft in Richtung des Sechs-Monats-Tiefs. Dabei sorgen die steigenden US-Zinsen für Gegenwind, zumal sie den Dollar nach oben treiben. Damit hat die Notierung des Edelmetalls gleich von zwei Seiten Gegenwind und notiert nur noch knapp über der Marke von 1.900 Dollar je Unze.
Zuletzt war die Schätzung für das Wirtschaftswachstum der Eurozone für das zweite Quartal von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal überraschend auf nurmehr 0,1 Prozent nach unten korrigiert worden. Dass das nicht zuletzt an der schwachen Konjunktur in Deutschland liegt, wissen Sie bestimmt genau so gut wie ich.
Nachdem die Schätzung für die Eurozone für das erste Quartal leicht nach oben korrigiert worden ist auf ein Wachstum von ebenfalls 0,1 Prozent, stagniert die Wirtschaft praktisch. Die – zumindest laut den offiziellen Zahlen – im Vergleich zur US-Wirtschaft deutlich schwächere Konjunktur in der Eurozone belastet den Euro, weshalb er die Sechs-Monats-Tiefs gegenüber dem Dollar ins Visier nimmt.
Überraschend starke Konjunkturzahl aus den USA
Hingegen gab es zuletzt eine überraschend gute Konjunkturzahl aus den USA: den vielbeachteten Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor, den das Institute for Supply Management veröffentlicht. Demnach ist der Index von Juli auf August von 52,7 auf 54,5 Punkte gestiegen und lag damit deutlich über den Schätzungen der Volkswirte, die einen leichten Rückgang auf 52,4 Punkte vorhergesagt hatten.
Der Wert liegt zudem deutlich über der 50er-Marke und zeigt damit ein kräftiges Wachstum des US-Servicesektors an. Fragen Sie mich bitte nicht wie es sein kann, dass trotz der stark gestiegenen US-Zinsen der Dienstleistungssektor brummt, das ist mir unerklärlich, aber sei’s drum.
Gleichzeitig ist die Preiskomponente des Indikators von 56,8 auf 58,9 Punkte geklettert und signalisiert damit, dass die Preise noch stärker steigen als zuvor. Das hat Inflationssorgen geschürt und damit US-Zinsen und den Dollar nach oben getrieben, und damit im Gegenzug die Aktienmärkte und den Goldpreis belastet.
Zusätzlich angeheizt werden die Inflationssorgen von der Rally beim Ölpreis, womit er in der Nähe des Zehn-Monats-Hochs notiert. Damit gibt es eine ungute Kombination an den Märkten: je weiter der Ölpreis steigt, umso mehr treibt er US-Zinsen und Dollar nach oben, was die Aktienmärkte und Gold belastet.
Allerdings möchte ich noch einmal betonen, dass die US-Wirtschaft meiner Meinung nach viel schwächer ist, als es die Konjunkturdaten derzeit zeigen. Dabei sind etliche von ihnen, wie die Zahl der offenen, oder der neu geschaffenen Jobs in den vergangenen Monaten deutlich nach unten korrigiert worden.
Ich erwarte, dass viele Zahlen in den nächsten Monaten noch weiter nach unten revidiert werden, weil die stark gestiegenen Zinsen die hochverschuldete Privatwirtschaft enorm belasten. Zum Beispiel sind die Zinsen für Autokredite auf 7,0 bis 8,0 Prozent gestiegen, vor ein paar Jahren waren es nur 4,0 Prozent. Welche Folgen das auf den Fahrzeugabsatz hat, kann sich jeder selbst ausmalen.
Warten auf US-Inflationsdaten…
Umso wichtiger werden die US-Inflationsdaten, die am Mittwoch, 13. September um 14.30 Uhr veröffentlicht werden. Nicht zuletzt wegen der stark gestiegenen Ölpreise soll die Inflationsrate im August deutlich klettern auf 3,6 Prozent, nach 3,2 Prozent für Juli. Hingegen soll die sogenannte Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, im August auf 4,4 Prozent zurückgehen, nach 4,7 Prozent für Juli.
Sollten die Inflationsdaten schlechter als erwartet ausfallen, gerade bei der Kernrate, dürften die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter steigen, was den Dollar noch weiter nach oben treiben würde. Umso mehr hoffe ich als Gold-Fan, dass die US-Inflationsdaten besser als erwartet ausfallen.
… und EZB-Sitzung
Tags drauf am Donnerstag sind alle Augen auf die EZB-Sitzung gerichtet. Um 14.15 Uhr gibt die Notenbank die Ergebnisse der Sitzung bekannt, um 14.45 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit EZB-Chefin Christine Lagarde.
Ich gehe davon aus, dass die EZB ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum der Eurozone für 2023 und 2024 deutlich senken wird. Die vorhergesagten 0,9 Prozent für dieses Jahr sind meiner Meinung nach ebenso deutlich zu hoch wie die 1,5 Prozent für 2024. Diese Prognose ist reine Makulatur!
Nach der schwachen Konjunkturentwicklung im ersten Halbjahr in der Eurozone und den zunehmenden Gegenwind durch die schwache Weltwirtschaft ist ein Wirtschaftswachstum von 0,5 bis 0,6 Prozent für 2023 für die Eurozone viel realistischer. Und die Schätzung für 2024 müsste realistischerweise unter 1,0 Prozent eingedampft werden.
Aber wer erwartet schon Sinn für Realität von der EZB, also der Notenbank, die uns jahrelang mit Strafzinsen „beglückt“ hat?
Wegen der zunehmenden Rezessionsrisiken dürfte die EZB diesmal nicht an der Zinsschraube drehen, demnach dürfte der Einlagenzins für die Banken bei 3,75 Prozent bleiben und der Leitzins bei 4,25 Prozent.
Allerdings dürfte die EZB betonen, dass sie bei der darauffolgenden Sitzung am 26. Oktober die Zinsen anheben könnte, falls die Inflation höher ausfallen sollte als erwartet. Im August stagnierte sie bei 5,3 Prozent.
Ich befürchte allerdings, dass das nur Lippenbekenntnisse sind. Denn wenn die Fed bei der Sitzung am 20. September den Leitzins nicht anheben sollte, wovon ich ausgehe, während gleichzeitig die Konjunkturdaten aus der Eurozone immer schlechter werden, dürfte die EZB im Oktober kaum die Zinsen anheben und damit die angeschlagene Wirtschaft noch mehr belasten. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen!
Sollte es bei der Sitzung am 14. September keine Überraschung geben, sollte meiner Meinung nach die Klettertour beim Dollar weitergehen, was leider den Goldpreis weiter belasten würde.
Leider sieht es so aus, dass die Notierung des Edelmetalls auf Dollar-Basis zumindest kurzfristig noch etwas Gegenwind haben könnte. Allerdings gehe ich davon aus, dass der Euro auf Talfahrt gegenüber dem Dollar bleiben dürfte, was den Goldpreis auf Euro-Basis stützen sollte.