Einige Konjunkturdaten haben die Sorgen vor einer anhaltenden Rezession in Deutschland und der Eurozone geschürt. Umso wichtiger werden die nächsten Inflationsdaten und die mögliche Reaktion der EZB darauf.

Nach einem kurzen Kursrückgang sind die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks wieder nach oben gedreht. Grund waren einige überraschend gute US-Konjunkturdaten. Sie deuten darauf hin, dass es der US-Wirtschaft doch nicht so schlecht gehen könnte wie befürchtet, was die Aktienmärkte gestützt hat.

So waren die US-Verkäufe neuer Häuser im Mai auf eine Jahresrate von 763.000 nach oben geschossen und liegen damit um 20 Prozent über dem Vorjahresniveau, nach 680.000 für April 2023. Damit lagen die Mai-Zahlen meilenweit über den Schätzungen der Volkswirte von 667.000.

Die Erklärung dafür ist einfach: Die Verkäufe bestehender Häuser sind kollabiert, weil Hausbesitzer ihre bisherigen Immobilien kaum verkaufen können, weil die Hausbesitzer dabei von den extrem niedrigen Hypothekenzinsen der vergangenen Jahre auf viel höhere Zinsen umsteigen müssten (aktuell 7,1 Prozent). Potenziellen Hauskäufern bleibt daher kaum etwas anderes übrig als ein neues zu kaufen.

Nach der Veröffentlichung der sehr starken Zahlen zum Absatz neuer Häuser waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kurz etwas nach oben geschossen. Das hat den Goldpreis belastet, woraufhin er mit Kursen von rund 1.910 US-Dollar je Unze in die Nähe des Dreieinhalb-Monats-Tiefs gesunken ist.

Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft

Im Gegensatz zu den USA gab es zuletzt einige schwache Konjunkturdaten aus Deutschland und der Eurozone, die Rezessionssorgen geschürt haben. So war der ifo Geschäftsklimaindex im Juni von 91,5 Punkten auf 88,5 Punkte eingebrochen. Verantwortlich dafür war hauptsächlich, dass die Komponente mit den Geschäftserwartungen der Unternehmen von 88,3 Punkten auf 83,6 Punkte kollabiert war.

Damit hat sich die Hoffnung mancher Volkswirte, dass es im zweiten Halbjahr zu einer Belebung der deutschen Wirtschaft kommen könnte, endgültig in Luft aufgelöst. Zur Erinnerung: die deutsche Wirtschaft ist im vierten Quartal 2022 und im ersten Quartal 2023 jeweils gegenüber dem Vorquartal geschrumpft, womit sie in einer Rezession ist.

Zudem hat das ifo Institut seine Prognose gesenkt und erwartet nun für 2023 einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent, nachdem die Profis im Frühjahr noch ein Minus von nur 0,1 Prozent vorhergesagt hatten.

… und für jene der Eurozone

Ähnlich trüb wie für die deutsche Wirtschaft sind auch die Aussichten für die Eurozone, wie der Einkaufsmanagerindex von S&P Global unmissverständlich zeigt. So war der Index für die Industrie der Eurozone im Juni von 44,8 Punkte auf 43,6 Punkte gesunken – das war ein 37-Monats-Tief. Da Werte unterhalb von 50 Punkten einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in dem Sektor signalisieren, ist offenbar die Industrie der Eurozone klar auf Schrumpfkurs.

Und, wie ich in den vergangenen Monaten zahllose Male gesagt und geschrieben habe: der Einbruch im Industriesektor reißt den Dienstleistungssektor zwangsläufig mit nach unten, weil industrienahe Bereiche des Dienstleistungssektor die schwache Nachfrage zu spüren bekommen, woraufhin die Wirtschaft insgesamt in eine Rezession abrutscht.

Genau das passiert derzeit. So ist der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor der Eurozone im Juni von 55,1 Punkte auf nurmehr 52,4 Punkte eingebrochen – das war ein Fünf-Monats-Tief. Meiner Meinung nach sollte es höchstens noch zwei Monate dauern, dann sollte auch das Barometer für die Dienstleistungsbranche unter die 50er-Marke fallen und damit einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in dem Sektor widerspiegeln.

Dennoch will die EZB mit den Zinserhöhungen weitermachen und hat für die nächste Sitzung am 27. Juli eine weitere Anhebung angekündigt. Viele Experten gehen davon aus, dass die EZB dann den Einlagenzins für die Banken um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent anheben wird und den Leitzins ebenfalls um 25 Basispunkte auf 4,25 Prozent.

Zwar ist es zwingend notwendig, dass die EZB die hohe Inflation weiterhin bekämpft. Je mehr die EZB das allerdings tut, umso mehr belastet sie dadurch allerdings die hochverschuldeten Volkswirtschaften vieler Länder der Eurozone.

Warten auf Inflationsdaten aus Deutschland und der Eurozone

Umso wichtiger werden die nächsten Inflationsdaten, zumal etliche Mitglieder der EZB bereits eine weitere Zinserhöhung für die übernächste Sitzung am 14. September fordern.

Am Donnerstag, 29. Juni (14 Uhr) werden die Inflationsdaten für Deutschland veröffentlicht. Die Inflationsrate soll im Juni von 6,1 auf 6,3 Prozent gestiegen sein.

Tags darauf am Freitag (11 Uhr) folgen die Zahlen für die Eurozone. Zwar soll die Inflationsrate für Juni von 6,1 Prozent auf 5,7 Prozent zurückgegangen sein. Damit läge sie aber immer noch auf einem hohen Niveau. Hingegen soll die Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, leicht gestiegen sein von 5,3 Prozent auf 5,4 Prozent. Derartige Zahlen zeigen, dass es weiterhin einen kräftigen Inflationsdruck in der Eurozone gibt.

… und den USA

Am Freitag (14.30) kommen dann die Inflationsdaten aus den USA, diesmal der sogenannte PCE-Preisindex. Zwar soll die Inflation gemessen an diesem Indikator im Mai auf 3,8 Prozent zurückgegangen sein, nach 4,4 Prozent für April.

Allerdings soll die sogenannte Kernrate, der bevorzugte Inflationsindikator der Fed, im Mai bei 4,7 Prozent stagniert haben. Demnach gäbe es weiterhin keine Entspannung bei der US-Inflation.

Kein Wunder, dass viele Investoren davon ausgehen, dass die Fed nach der Zinspause bei der Sitzung am 14. Juni bei der nächsten Sitzung am 26. Juli den Leitzins um 25 Basispunkte von 5,25 auf 5,5 Prozent anheben dürfte.

Je weiter die Fed die Leitzinsen allerdings anhebt, umso mehr belastet sie die hochverschuldete US-Wirtschaft. Die Frage ist daher, wann die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach unten drehen und damit zunehmende Rezessionssorgen widerspiegeln.

Meiner Meinung wären die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach einigen zwischenzeitlich schwachen US-Konjunkturdaten längst eingebrochen, wenn nicht die kräftige Schuldenaufnahme des US-Finanzministeriums nach dem Aussetzen der Schuldenobergrenze die Zinsen nach oben treiben würde. Denn man muss den Investoren ordentlich Zinsen bieten, damit sie Lust haben, dass massive Anleihevolumen zu kaufen.

Sollten die Daten zum PCE-Preisindex besser ausfallen als erwartet, gerade bei der Kernrate, dürfte das zumindest kurzfristig zu einem Rückgang der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sorgen, was den Goldpreis stützen dürfte. Umso genauer werde ich mir die Zahlen anschauen.

Zwar könnte sich der Rückgang des Goldpreises kurzfristig ausweiten. Umso mehr sollte es sich aber lohnen, die niedrigen Preise zu nutzen, um den Bestand an physischem Gold weiter aufzustocken. Schließlich kostet Gold auf Euro-Basis derzeit kaum mehr als Ende Juni 2022. Und an den langfristig glänzenden Aussichten für das Edelmetall hat sich trotz des jüngsten Kursrückgangs absolut nichts geändert.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.