In den vergangenen Monaten ist die Inflation in den USA deutlich stärker zurückgegangen als in der Eurozone. Die neuesten Nachrichten schüren allerdings Sorge, dass sich der Preisauftrieb diesseits und jenseits des Atlantiks wieder verstärken könnte.

Eine Menge Experten haben in den vergangenen Monaten gebetsmühlenartig betont, wie gut die US-Wirtschaft trotz der stark gestiegenen Zinsen laufe. Nachdem zuletzt aber etliche US-Konjunkturdaten schwach ausgefallen beziehungsweise deutlich nach unten korrigiert worden sind, kommen an dem bislang optimistischen Bild der „Experten“ aber plötzlich Zweifel auf.

Dennoch sind S&P 500 und Nasdaq jeweils in Richtung des 52-Wochen-Hochs gestiegen, nachdem die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zwischenzeitlich gesunken waren und den Dollar mit nach unten gezogen hatten.

Nachdem US-Zinsen und Dollar zuletzt aber wieder deutlich nach oben gedreht sind, hat der Goldpreis nachgegeben. Mit Kursen von rund 1.925 Dollar je Unze läuft die Notierung in Richtung der Sechs-Monats-Tiefs.

US-Arbeitsmarkt sendet Warnsignale

Aber zurück zur meiner Meinung nach schwachen US-Wirtschaft. So war die Zahl der offenen Stellen in den USA im Juli auf 8,83 Mio. eingebrochen und lag damit nicht nur auf dem niedrigsten Niveau seit März 2021 sondern auch meilenweit unter den Schätzungen der Volkswirte von 9,5 Mio.. Gleichzeitig sind die Zahlen für Juni von 9,58 auf 9,17 kräftig nach unten korrigiert worden.

Wenn die US-Wirtschaft tatsächlich so brummen würde, wie die offiziellen Zahlen suggerieren, dann wäre die Zahl der offenen Stellen innerhalb weniger Monaten gegenüber dem Rekordhoch vom März 2023 bei herben 12,02 Mio. doch nicht derart kollabiert, oder?

Wie stark sich der US-Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten abgekühlt hat, zeigt auch der Arbeitsmarktbericht für August. Zwar sollen im August laut den offiziellen Zahlen 187.000 Jobs geschaffen worden sein, das lag etwas über den Erwartungen von 170.000.

Allerdings sind die Zahlen für Juni und Juli – Sie ahnen es wahrscheinlich schon – um insgesamt 110.000 nach unten korrigiert worden.

Damit sind die Zahlen für bislang jeden Monat des Jahres 2023 gegenüber der 1. Schätzung nach unten revidiert worden! Sie lesen richtig: für „jeden Monat.“

Wie Sie vielleicht wissen, folgt auf die 1. Schätzung im Folgemonat die 2. Schätzung und im darauffolgenden Monat die 3. Schätzung. Damit liegt die 3. Schätzung für jeden Monat des Jahres 2023 mehr oder minder stark unter der 1. Schätzung.

Um sich die Lage zu verdeutlichen mal ein kleines Beispiel: So liegt die 3. und damit letzte Schätzung für Juni mit 105.000 neu geschaffenen nur ungefähr auf der Hälfte der 1. Schätzung von 209.000. Abgesehen von diesen Fakten ist der US-Arbeitsmarkt aber „stark“, na klar!

Man muss nicht besonders mutig sein, um zu prognostizieren, dass die Zahlen für August ebenfalls kräftig nach unten korrigiert werden dürften. Dann dürfte noch mehr Investoren klar werden, wie schwach der US-Arbeitsmarkt ist, was wiederum darauf hindeuten würde, dass die US-Wirtschaft selbst entgegen den Beteuerungen vieler „Experten“ schon längst ziemlich schwach ist – denn der Arbeitsmarkt ist ein nachlaufender Indikator.

Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass die US-Wirtschaft klar auf eine Rezession zusteuert.

Inflationsrate in den USA ist deutlich niedriger als in der Eurozone

Trotz etlicher schwacher US-Konjunkturdaten keimen aber plötzlich Inflationssorgen auf. Nachdem die Inflationsraten in den USA in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen waren, hatten viele Investoren gehofft, dass sich der Trend in den nächsten Monaten fortsetzen würde. Nun kommen allerdings auch hier Zweifel auf.

Zwar war die offizielle Inflationsrate im Juli nach 12 Monaten in Folge mit Rückgängen leicht gestiegen auf 3,2 Prozent. Allerdings schaut die Fed auf die sogenannte Kernrate des PCE-Preisindex, also des um Nahrungsmittel und Energie bereinigten PCE-Preisindex. Die Kernrate ist im Juli leicht gestiegen auf 4,2 Prozent und liegt damit weit über dem Zwei-Prozent-Inflationsziel der Fed.

Allerdings liegt damit sowohl die offizielle US-Inflationsrate als auch die Kernrate des PCE-Preisindex klar unter der Inflationsrate in der Eurozone, die im August überraschend bei 5,3 Prozent stagniert hat (dazu gleich mehr).

Etliche Faktoren heizen Inflationserwartungen an

Aber erst einmal zurück zu den Inflationssorgen in den USA. So war beim Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie, den das Institute for Supply Management (ISM) veröffentlicht, die Preiskomponente im August von 42,6 auf 48,4 Punkte nach oben geschossen und lag damit weit über den Erwartungen von 44 Punkten. Offenbar geben viele Firmen aus dem Sektor nicht zuletzt die stark gestiegenen Öl- und Benzinpreise weiter.

Für zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den Ölpreisen und damit bei der US-Inflation sorgen daher die neuesten Nachrichten von Russland und Saudi-Arabien. Demnach hat Saudi-Arabien die freiwillige Produktionskürzung um 1 Mio. Barrel pro Tag um 3 Monate bis Dezember verlängert, wohingegen die Erwartungen bei einer Verlängerung um lediglich 1 Monat lagen.

Gleichzeitig hat Russland angekündigt, die Förderung um zusätzlich 300.000 Barrel zu kürzen, und das bis Dezember 2023.

Das Problem dabei: die steigenden Ölpreise heizen die Inflationserwartungen an, was die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen nach oben treibt. Das treibt wiederum den Dollar nach oben. Damit hat der Goldpreis leider Gegenwind von 2 Seiten, weshalb die Notierung des Edelmetalls auf Dollar-Basis unter Druck ist.

Hartnäckige Inflation in der Eurozone

Von den USA damit zur Eurozone, wo die Inflation weiterhin bedenklich hoch ist. So sind die Verbraucherpreise im August um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen, womit sie am Rekordhoch liegen. Im Jahresvergleich stagnierte die Inflationsrate im August damit bei herben 5,3 Prozent und lag damit über den Erwartungen von 5,1 Prozent.

Damit lagen die Verbraucherpreise im August um herbe 20,8 Prozent über dem Niveau von März 2020, dem Start der Corona-Pandemie! Das ist ein drastischer Verlust an Kaufkraft!

Die Kernrate ist im August 2023 zwar leicht zurückgegangen von 5,5 auf 5,3 Prozent. Das ist allerdings ebenfalls kein Grund zur Entwarnung. Vielmehr nimmt das Risiko zu, dass die Inflationsrate in den nächsten Monaten wieder nach oben drehen könnten.

Einerseits dürfte der Ölpreis nach den jüngsten Ankündigungen aus Russland und Saudi-Arabien weiter deutlich steigen. Andererseits dürfte der Euro auf Talfahrt gegenüber dem Dollar bleiben, was die Inflation hierzulande zusätzlich anheizt. Umso wichtiger dürfte der Besitz von physischem Gold in den nächsten Monaten sein, um sich gegen den anhaltenden Kaufkraftverlust zu schützen, zumal Gold auf Euro-Basis klar im Aufwärtstrend ist.

Mit aktuell rund 1.800 Euro je Unze hat der Preis seit Jahresanfang um 5,6 Prozent zugelegt und gleicht damit den Kaufkraftverlust durch die Inflation praktisch aus. Damit nimmt der Goldpreis auf Euro-Basis zusehends das Rekordhoch vom März 2022 bei rund 1.880 Euro ins Visier.

Umso gespannter warte ich auf die EZB-Sitzung am 14. September. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die EZB nach einer Serie schwacher Konjunkturdaten den Leitzins erneut erhöhen dürfte. Meiner Meinung nach hat er mit aktuell 4,25 Prozent den Höhepunkt in diesem Zyklus erreicht. Die Frage ist nur noch, wie schnell die EZB – entgegen der andauernden Beteuerungen von EZB-Chefin Christine Lagarde und ihrer Kollegen – den Zins wieder senken wird.

Und damit zurück zum Goldpreis. Sollten die US-Zinsen erst einmal weiter steigen und damit den Dollar nach oben treiben, wovon ich ausgehe, dürfte das die Notierung des Edelmetalls auf Dollar-Basis weiter nach unten drücken. Hingegen sollte es auf Euro-Basis weiter nach oben in Richtung des Rekordhochs gehen. Umso wichtiger ist es, den Bestand an physischem Gold aufzustocken, um sich gegen eine wahrscheinlich wieder steigende Inflation zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.