Wegen der Fed-Sitzung ist der Goldpreis eingebrochen. Hingegen dürften EZB-Chefin Christine Lagarde und ihre Kollegen im Skytower in Frankfurt in Partylaune sein. Nachdem Fed und EZB im Laufe der Pandemie noch viel mehr Geld gedruckt haben als zuvor, steigen die Verbraucherpreise in der Euro-Zone so stark wie nie zuvor.

Bei der Fed-Sitzung am 3. November ist dasselbe passiert wie bei vielen Fed-Sitzungen zuvor: Die Fed und die in ihrem Sinne agierenden Banken haben dafür gesorgt, dass der US-Aktienmarkt auf neue Rekordhochs nach oben geschossen ist, während im Gegenzug der Goldpreis eingebrochen ist. Das soll einmal mehr das Signal der Fed an die Investoren sein, dass die bevorstehende Drosselung der QE-Anleihekäufe am Markt eingepreist ist und Investoren sich daher keine Sorgen machen müssten, dass es im Zuge der Drosselung möglicherweise zu einem Kurseinbruch am Aktienmarkt kommen könne.

Was hat die Fed diesmal entschieden? Die Anleihekäufe von netto 120 Mrd. US-Dollar pro Monat werden ab November um jeweils 15 Mrd. US-Dollar pro Monat gedrosselt, dabei um 10 Mrd. US-Dollar bei Staats- und um 5 Mrd. US-Dollar bei Hypothekenanleihen. Soweit so gut, das war genau das, was der Markt erwartet hatte.

Für umso mehr Aufmerksamkeit bei Investoren hat allerdings folgender Satz aus der Pressemeldung der Fed gesorgt: „Die Fed ist darauf vorbereitet, das Volumen der Anleihekäufe anzupassen, wenn die Veränderung des Konjunkturausblicks das notwendig macht.“ Meiner Meinung nach haben das Investoren so interpretiert, dass die Fed die Käufe noch stärker drosseln könnte, falls die Inflationsraten in den nächsten Monaten noch höher ausfallen sollten als ohnehin schon. Das hat dazu geführt, dass die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen um bis zu sechs Basispunkte (0,06 Prozentpunkte) auf 1,61 % nach oben geschossen sind. Gleichzeitig gehen Investoren davon aus, dass die Fed bereits bei der Sitzung im Juli 2022 eine erste Zinserhöhung durchführen wird, im Dezember soll die zweite folgen.

US-Zinsanstieg drückt Goldpreis nach unten

Umso bemerkenswerter ist, dass trotz der kräftig steigenden Zinsen S&P500, Nasdaq und Dow Jones auf neue Rekordhochs geschossen sind. Eigentlich müssten steigende Zinsen Gegenwind für die hochverschuldete US-Privatwirtschaft, also Konsumenten und Unternehmen und damit den Aktienmarkt bedeuten. Schließlich hatten die aufgrund der massiven Anleihekäufe zwischenzeitlich rekordniedrigen Zinsen die Konjunktur jahrelang massiv gestützt und damit den Aktienmarkt in die Stratosphäre getrieben. Nun steigt der Aktienmarkt völlig unabhängig davon, ob die Zinsen steigen, oder sinken – Wahnsinn.

Hingegen hat der kräftige US-Zinsen am Tag der Fed-Sitzung den Goldpreis belastet hat. Mit rund 1.775 US-Dollar je Unze liegt die Notierung des Edelmetalls in der Nähe des Zwei-Wochen-Tiefs. Da half es selbst nichts, dass der US-Dollar kurz etwas nachgegeben hat.

Mich würde es allerdings nicht wundern, wenn der Goldpreis schnell nach oben drehen würde. Wieso? Weil es bei einem weiterhin deutlichen US-Zinsanstieg schneller zu Turbulenzen am US-Aktienmarkt kommen könnte, als derzeit viele „Experten“ erwarten. Schließlich pumpt die Fed künftig Monat für Monat weniger Liquidität in die Märkte als im Monat zuvor, wodurch der mit weitem Abstand stärkste Rückenwind für die Aktienmärkte in den vergangenen Jahren künftig zusehends nachlassen wird. Gleichzeitig sollte die US-Wirtschaft zügig auf eine Stagflation, also eine Kombination aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation, zusteuern. Ob das ein gutes Umfeld für Aktien ist? Ich wage das zu bezweifeln.

Für mich bedeutet der Satz, dass die Fed bereit ist, das Volumen der Anleihekäufe anzupassen, dass die Fed nicht die Konjunktur, sondern vor allem den Aktienmarkt im Auge hat. Sollte es dort zu Turbulenzen kommen, wird die Fed die Drosselung schnell auf Eis legen. Meiner Meinung nach wird die Fed nach einem möglichen Kursrutsch um 10 bis 15 % beim S&P500 das Thema Drosselung sofort ad acta legen. Schauen wir mal, wie sich der Goldpreis in dem Umfeld entwickeln sollte.

Galoppierende Inflation in der Euro-Zone

Und damit zur mehr als unschönen Inflationsentwicklung in der Euro-Zone. Der Inflationsanstieg in der Euro-Zone beschleunigt sich rasant: Die Verbraucherpreise sind im Oktober um 4,1 % nach oben geschossen, das ist ein ebenso starker Zuwachs wie beim Rekordhoch im Juli 2008. Letzteres war wiederum der höchste Wert seit der Einführung des Euro als Buchgeld am 1. Januar 1999. Die allzeit optimistischen Volkswirte, die offenbar immer noch kaum etwas von der Preisexplosion bei Energierohstoffen und der Materialknappheit in vielen Bereichen mitbekommen haben, hatten lediglich einen Anstieg auf 3,7 % vorhergesagt, nach 3,4 % für September.

Damit ist der Kaufkraftverlust für die Sparer und die Verbraucher in der Euro-Zone und damit auch in Deutschland größer als je zuvor, wobei die Strafzinsen noch gar nicht berücksichtigt sind. Zur Erinnerung: Im Juli 2008 lagen die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen bei 4,5 %, aktuell sind es minus 0,11 %.

Bei der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung am Donnerstag, 28. Oktober 2021, also einen Tag bevor die Inflationsdaten offiziell veröffentlicht worden sind, hatte EZB-Chefin Christine Lagarde die galoppierende Inflation nicht mehr leugnen können. „Wir haben über Inflation, Inflation und Inflation geredet. Das Thema hat viel Zeit verschlungen“, sagte Lagarde. Und sie hatte schlechte Nachrichten parat: „Wir rechnen mit einem weiteren Anstieg der Inflation in diesem Jahr. Im nächsten Jahr sollte sie zurückgehen“, so die EZB-Chefin. Na, hoffentlich liegt Lagarde nach all den bisher falschen Vorhersagen wenigsten diesmal richtig. Ich würde allerdings nicht darauf wetten.

US-Regierungen und Fed sind für galoppierende Inflation verantwortlich

Lagarde führte die hohe Inflation auf die Materialknappheit zurück. Dabei dürfte auch Lagarde wissen, dass die hohe Inflation vor allem auf die Schuldenexplosion in den USA zurückzuführen ist, wobei die Regierung von Donald Trump und seinem Nachfolger Joe Biden über drei Konjunkturprogramme innerhalb von nur 18 Monaten horrende 5 Billionen US-Dollar in die Wirtschaft gepumpt haben. Gleichzeitig hat die Fed bislang netto 120 Mrd. US-Dollar pro Monat gedruckt – das sind 1,44 Billionen US-Dollar pro Jahr.

Das hat eine künstliche Nachfrage nach vielen Gütern, wie Autos oder Häusern geschaffen und damit erst die Materialknappheit verursacht und treibt damit wiederum die Preise für Güter und Dienstleistungen auf immer neue Rekordhochs. Jedermann sollte klar sein, dass es ohne die gigantischen Maßnahmen der US-Regierung und der Fed zu keinem Preissprung in den USA und damit im Rest der Welt gekommen wäre. Vielmehr wären in der Folge des schwersten Konjunktureinbruchs seit Jahrzehnten aufgrund der Pandemie auch die Preise eingebrochen, woraufhin jene Amerikaner profitiert hätten, die vorher gespart hatten, weil sie sich für ihr Geld mehr hätten kaufen können.

PEPP soll im März 2022 auslaufen

Unglücklicherweise ist die EZB wie üblich dem verheerenden Beispiel der Fed gefolgt und druckt ebenfalls so massiv Geld als gäbe es kein Morgen – aktuell sind es insgesamt fast 100 Mrd. Euro netto pro Monat -, wodurch die Inflation angeheizt wird. Dennoch will Lagarde kaum gegensteuern und von Zinserhöhungen schon gar nichts wissen. Zwar hat Lagarde überraschend angekündigt, dass das Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP im März 2022 auslaufen soll, über das die EZB im Oktober für nette 67,86 Mrd. Euro Anleihen gekauft hat. Zusätzlich kauft die EZB im Rahmen des „alten“ APP-Programms für netto 20 Mrd. Euro pro Monat Anleihen.

Allerdings hat Lagarde nicht gesagt, wie es nach dem Ende des PEPP weitergehen soll. Schließlich können die Käufe der EZB nicht von einem Monat auf den anderen von insgesamt knapp 100 Mrd. Euro auf nur noch 20 Mrd. Euro pro Monat einbrechen, weil ansonsten im Gegenzug die Zinsen für hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland nach oben schießen würden und es sofort eine Rezession in der Euro-Zone gäbe.

Also dürfte die EZB bei der nächsten Sitzung am 16. Dezember ankündigen, dass nach dem Ablauf des PEPP ein neues Programm mit monatlichen Käufen von mindestens 50 Mrd. Euro aufgelegt werden dürfte, womit inklusive des APP mindestens 70 Mrd. Euro pro Monat zur Verfügung stünden. Und selbstverständlich dürfte Lagarde betonen, dass man im Bedarfsfall die Käufe im Rahmen des neuen Programms jederzeit kräftig aufstocken könne, um weiterhin „für günstige Finanzierungsbedingen“ zu sorgen. Gemeint ist damit nichts anderes, als dass sich Länder wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland weiterhin zu absoluten Mini-Zinsen finanzieren können.

Da, was das Thema EZB angeht, keine Besserung in Sicht ist, bleibt Ihnen und mir nichts anderes übrig, als uns auf ein anhaltend hohes Inflationsumfeld einzustellen – zumal die EZB bei einer bevorstehenden kräftigen Abkühlung der Konjunktur (die drohende Stagflation in den USA dürfte eine stark exportabhängige Volkswirtschaft, wie Deutschland, schnell erheblich belasten) in die Versuchung kommen könnte, künftig genau so viel Geld oder sogar noch viel mehr zu drucken als bislang. Damit würde die Fiat-Währung Euro weiterhin rapide entwertet, während der Euro auf Talfahrt gegenüber dem US-Dollar bleiben dürfte. Umso unverzichtbarer dürfte der Besitz von physischem Gold in den nächsten Jahren werden.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.