Die Partystimmung an den Börsen ist zurück. Zuerst hat EZB-Chef Mario Draghi auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung vom 24. Januar eingeräumt, dass die Wirtschaft der Euro-Zone nicht besonders gut läuft. Daraufhin sind die Zinsen für Bundesanleihen und der Euro gegenüber dem Dollar eingebrochen, woraufhin Investoren kräftig DAX-Aktien gekauft haben. Denn bei sinkenden Zinsen wird die höhere Dividendenrendite des DAX attraktiver, während sich durch den sinkenden Euro die Exportchancen der deutschen Unternehmen verbessern sollen.

Tags darauf kam aus China die Meldung, dass die dortige Notenbank quasi ein QE-Gelddruckprogramm aufgelegt hat. Das geht so: die Banken geben ewige Anleihen – also endlos laufende Anleihen – aus, können diese gegen Staatsanleihen umtauschen und so ihre Kapitalausstattung verbessern, um anschließend noch mehr Kredite zu vergeben. Damit kann man die größte Schuldenspirale aller Zeiten noch schneller drehen lassen als bislang ohnehin schon, womit sich die Aussichten für die schwächelnde chinesische Wirtschaft verbessern. Das sind wiederum gute Nachrichten für die Weltwirtschaft und damit den weltweiten Aktienmarkt.

Fed denkt über Kehrtwende nach

Zuletzt kam dann das i-Tüpfelchen auf die Börsenparty und den Goldpreis: laut einem Bericht des Wall Street Journal denkt die US-Notenbank darüber nach, eine höhere Bilanzsumme beizubehalten als sie es ursprünglich geplant hatte. Nach Bekanntwerden hat der S&P500 kräftig zugelegt, der Goldpreis ist sogar noch viel stärker nach oben geschossen, denn der Dollar ist eingebrochen.

Im Klartext: die Mitglieder der Fed wollen den Bilanzabbau schneller auslaufen lassen als bislang erwartet – das entspräche einer Lockerung der Geldpolitik. Derzeit verkauft die Fed für insgesamt 50 Mrd. Dollar pro Monat Staats- und Hypothekenanleihen und entzieht dem Finanzmarkt und damit der Wirtschaft auf das Jahr gerechnet herbe 600 Mrd. Dollar. Das entspricht rund drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung – das ist eine Menge Holz.

Die ehemalige Fed-Chefin Janet Yellen hatte wiederholt betont, dass der Abbau der Bilanzsumme kein Problem für die Wirtschaft und den Finanzmarkt sein würde, das werde vielmehr sein, wie wenn man Farbei beim Trocknen zuschauen würde. Welche Blödsinn doch Yellen einmal mehr von sich gegeben hat! Zwar soll die Explosion der Bilanzsumme – also der massive Kauf von Staats- und Hypothekenanleihen – von 900 Mrd. Dollar im September 2008, also dem Monat der Pleite von Lehman Brothers, auf 4,5 Billionen Dollar im Oktober 2014 die Zinsen auf Rekordtiefs drücken und damit den Aktienmarkt auf immer neue Rekordhochs nach oben schießen lassen.

Wenn die Bilanzsumme allerdings abgebaut wird, soll das aber keine negativen Folgen haben – solche Sachen behaupten Leute, die für die Zinsentwicklung der größten Volkswirtschaft der Welt verantwortlich sind, unglaublich! Und viele „Experten“ plappern das sogar noch nach.

Fed versucht Rezession und Crash am Aktienmarkt zu verhindern

Der derzeitige Fed-Chef Jay Powell hatte im November 2017, als die Bilanz bei 4,5 Bio. Dollar stand, gesagt, dass sie nach drei oder vier Jahren auf eine „neues Normalniveau“ sinken werde – sprich ein viel höheres Niveau als vor dem Aufbau. Wenn der Abbau tatsächlich in dem aktuellen Tempo weitergehen würde, würde die Bilanz also um 1,8 bis 2,4 Billionen abgebaut werden und würde damit schlussendlich bei 2,1 bis 2,7 Billionen liegen. Derzeit liegt die Bilanz aber noch bei 4,05 Billionen Dollar und schon werden die Notenbanker nervös und denken über ein Auslaufen des Bilanzabbaus nach – bemerkenswert, oder?

Wieso wollen die Fed-Mitglieder dann plötzlich ihre Pläne ändern? Powell und seine Kollegen betonen doch immer gebetsmühlenartig, wie stark die US-Wirtschaft sei – und US-Präsident Trump sagt sogar, die Wirtschaft sei stärker als je zuvor. Ich habe Ihnen wiederholt geschrieben, dass das eine reine Erfindung ist und die US-Wirtschaft nur stark beim Schuldenmachen ist und sonst gar nichts.

Die Schulden von Staat, privaten Haushalten und Unternehmen sind seit Jahrzehnten insgesamt viel stärker gestiegen als die Wirtschaftsleistung, das heißt ohne neue Schulden gäbe es kein Wirtschaftswachstum in den USA. Deswegen können die Zinsen rein rechnerisch nicht mehr auf das Niveau früherer Jahrzehnte klettern, sonst würde die Wirtschaft unweigerlich kollabieren. So einer extrem hoch verschuldeten Wirtschaft kann man nicht dauerhaft 600 Mrd. Dollar pro Jahr entziehen.

Fed wird Märkte auf Zinssenkung vorbereiten

Gleichzeitig liegen die Leitzinsen aktuell zwischen 2,25 und 2,5 Prozent. Ebenso wie viele Investoren gehe ich davon aus, dass die Zinserhöhung vom 19. Dezember 2018 die letzte in diesem Zyklus gewesen sein dürfte und es in den nächsten Monaten darum gehen dürfte, den Investoren klar zu machen, warum der Bilanzabbau schon bald auf Eis gelegt werden dürfte.

Anschließend dürfte die Fed umso schneller umschwenken und beginnen die Zinsen zu senken. Der Grund: entgegen den Beteuerungen von Powell und Trump dürfte die Wirtschaft auf dem Weg in eine Rezession sein, das habe ich in den vergangenen Monaten wiederholt aufgezeigt. Mit jedem Monat, an dem der Bilanzabbau ungebremst weitergeht, kommt der Wirtschaftsabschwung einen Schritt näher.

Sollte die Fed ihre Kehrtwende zu spät einleiten, dürfte sie anschließend die Zinsen umso stärker senken und später noch viel mehr Geld drucken als beim bislang letzten Gelddruckprogramm. Dann wird die Fed einfach 100, 150, oder 200 Mrd. Dollar pro Monat drucken, womit man die Schuldenspirale noch ein paar Quartale weiterlaufen lassen kann.  Sie verschiebt die Probleme also einmal mehr in die Zukunft und macht die Probleme damit umso größer.

Sinkender Dollar treibt den Goldpreis nach oben

Ich freue mich schon darauf in den nächsten Monaten im Fernsehen all jene Daueroptimisten zu sehen, die ständig behauptet haben, wie stark die US-Wirtschaft sei, weshalb sie problemlos Zinserhöhungen verkraften könne. Künftig werden die gleichen Daueroptimisten einfach umschwenken und sagen, wie toll Zinssenkungen seien, weil dadurch die Konjunktur angekurbelt werden würde und das den Aktienmarkt nach oben treiben würde. Alles nach dem Motto: was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.

In diesem Umfeld dürfte aber der Dollar kräftig nach unten abdrehen – auf dieses Szenario hatte ich Sie in den vergangenen Monaten wiederholt hingewiesen. Das dürfte ein hervorragendes Umfeld für Gold sein – die Fed „macht Gold great again“. Ich kann Ihnen daher weiterhin nur empfehlen Ihre Goldbestände weiter aufzustocken. Zwar könnte der Euro gegenüber dem Dollar steigen, dennoch sollte der Goldpreis auf Euro-Basis deutlich zulegen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.