Die Fed hatte sich bislang immer eine Hintertür für eine mögliche letzte Zinserhöhung in diesem Zyklus offengelassen. Nach den neuesten US-Inflationsdaten haben Investoren dieses Risiko endgültig ad acta gelegt.

Nach der Veröffentlichung der US-Inflationsdaten sind S&P 500, Nasdaq und DAX kräftig nach oben geschossen, während der Goldpreis deutlich gestiegen ist. Damit liegen S&P 500 und DAX jeweils in der Nähe der Zwei-Monats-Hochs.

Investoren waren begeistert, dass die Inflationszahlen für Oktober etwas besser waren als erwartet, was die Hoffnung geschürt hat, dass die Fed im kommenden Jahr die Zinsen deutlich senken wird. Daraufhin waren die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen auf unter 4,5 Prozent eingebrochen und haben den Dollar mit nach unten gerissen.

Im Gegenzug hatte der Goldpreis gleich von zwei Seiten Rückenwind und war bis auf 1.970 Dollar je Unze gestiegen, ehe die Notierung des Edelmetalls etwas nachgegeben hatte, nur um anschließend aber wieder nach oben zu drehen.

Im Oktober war die US-Inflationsrate auf 3,2 Prozent eingebrochen und lag damit leicht unter den Schätzungen der Volkswirte von 3,3 Prozent, nach 3,7 Prozent für September. Damit nähert sich die Rate zügig dem 30-Monats-Tief vom Juni 2023 bei 3,0 Prozent.

Zudem ist die Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, im Oktober leicht zurückgegangen auf 4,0 Prozent und lag damit unter den Erwartungen von 4,1 Prozent, nach 4,1 Prozent für September. Der Oktober-Wert war damit der niedrigste seit September 2021.

Für Abwärtsdruck bei der Inflationsrate sorgt der deutliche Rückgang der Energiepreise, zudem sind die Preise für Gebrauchtfahrzeuge nach dem rasanten Anstieg der Vorjahre deutlich gesunken. Außerdem geht der Anstieg der Mieten zusehends zurück, auf „nur“ noch 7,2 Prozent im Oktober.

Auf den Realzins kommt es an

Laut den Schätzungen einiger Volkswirte könnte die Inflationsrate ab April 2024 auf 2,0 bis 2,5 Prozent zurückgehen, während die Kernrate im zweiten Quartal 2024 die Marke von 2,0 Prozent testen könnte. Sollte dieses Szenario Realität werden, dürfte die Fed – trotz gegenteiliger Beteuerungen – den Leitzins kräftig senken, denn wenn die Fed das nicht tun würde, würde der Realzins deutlich steigen, womit die US-Wirtschaft mehr Gegenwind bekäme als ohnehin schon.

Der Realzins wird berechnet, indem man vom Nominalzins die Inflationsrate abzieht. Je höher der Realzins ist, umso mehr wird die Wirtschaft gebremst.

Warten auf die nächsten US-Konjunkturdaten

Umso wichtiger sind die nächsten US-Konjunkturdaten. Am Mittwoch, 15. November werden die Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen und den Produzentenpreisen veröffentlicht. Tags darauf am Donnerstag folgen der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia, der üblicherweise einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft insgesamt ist, sowie die Zahlen zur Industrieproduktion.

Am Freitag bilden dann die Zahlen zu den US-Neubaubeginnen und -Baugenehmigungen den Höhepunkt des Zahlenreigens dieser Woche. Je nachdem wie die Daten am Mittwoch und den Folgetagen ausfallen sollten, könnte das die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen und den Dollar noch weiter nach unten drücken, womit die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks und der Goldpreis zusätzlichen Rückenwind bekämen. Umso genauer werde ich mir die Zahlen anschauen.

Wann kommt die erste Zinssenkung der Fed?

Umso spannender wird sein, wann die Fed 2024 tatsächlich mit Zinssenkungen beginnen könnte und wir stark sie ausfallen könnten. Denn jedermann sollte klar sein, dass die Fed im Falle einer heraufziehenden Rezession die Zinsen viel stärker senken dürfte, als viele Fed-Mitglieder derzeit suggerieren.

Zur Erinnerung: in den 55 Jahren seit 1968 hat es im Schnitt 8 Monate gedauert zwischen der letzten Zinserhöhung im alten Zyklus und der ersten Zinssenkung im neuen.

Nachdem die Fed den Leitzins letztmals im Juli 2023 angehoben hat, auf aktuell 5,25 bis 5,50 Prozent, würde ein durchschnittlicher Zeitraum von 8 Monaten bedeuten, dass der Leitzins bereits im März 2023 gesenkt werden würde.

Je schwächer die US-Konjunkturdaten in den nächsten Wochen und Monaten sein sollten, umso mehr dürften die Märkte spekulieren, dass die Fed bereits im März zur Tat schreiten könnte. Vor dem Hintergrund dürften die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen erst einmal weiter auf Talfahrt sein und damit den Dollar belasten. Das sollte für Aufwärtsdruck beim Goldpreis sorgen.

Die mittel- und langfristigen Aussichten für Gold bleiben glänzend. Daher sollte es sich lohnen, die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.