Die Ergebnisse der Gespräche zwischen Donald Trump und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping auf dem G20-Gipfel in Buenos Aires haben viele Investoren ziemlich überrascht. Allerdings hat die Euphorie an den Börsen nicht lange angehalten. Hingegen bessert sich das Umfeld für Gold zusehends.
Stark angefangen, stark nachgelassen: Das war die Reaktion des DAX und des S&P500 auf die überraschende Deeskalation im Handelskrieg zwischen den USA und China. Trump und Xi haben sich darauf geeinigt, dass die US-Strafzölle auf chinesische Güter im Wert von 200 Mrd. Dollar zum 1. Januar 2019 bei 10 Prozent bleiben, anstatt wie ursprünglich geplant auf 25 Prozent zu steigen. Zudem werden die beiden Länder Verhandlungen über eine Lösung des Handelskriegs führen. Während dieser Zeit wird die USA keine Strafzölle auf weitere chinesische Produkte einführen. Sollten die Verhandlungen allerdings innerhalb von 90 Tage nicht erfolgreich abgeschlossen werden, werden anschließend die Zölle auf 25 Prozent erhöht.
Die Börsen haben anfänglich kräftig gefeiert, weil es einen kurzen Waffenstillstand gibt. Allerdings dürften die USA und China der Lösung der Probleme keinen einzigen Schritt nähergekommen sein. Immerhin haben die Länder nach ihrem Treffen keine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, sondern jedes Land eine eigene. Und die beiden Erklärungen weichen deutlich voneinander ab, jede Seite pickt sich einfach das raus, was für sie im Vordergrund steht.
Es gibt keine substanzielle Veränderung im Handelskrieg
Wie sollen die Länder überhaupt zu einem Deal kommen? Einerseits will Trump den Aufstieg Chinas zur führenden Wirtschaftsnation unter allen Umständen verhindern. Andererseits will Xi genau dieses Ziel weiter entschlossen verfolgen. Wie sollen sich die Länder darauf verständigen, dass es zu keinem Technologietransfer nach China mehr kommt oder das China das geistige Eigentum der US-Firmen schützt oder das China auf die große Bedeutung seiner Staatsfirmen verzichtet und aus dem Land quasi eine Marktwirtschaft macht? Dazu kann und wird es nicht kommen. Die kommunistische Partei will das Land weiterhin nach ihrem Gutdünken steuern. Viele Analysten haben daher ganz offen geschrieben, dass es keine substanzielle Veränderung im Handelskrieg gegeben hat. Die Probleme sind nur drei Monate in die Zukunft verschoben worden.
Das gibt den USA die Möglichkeit kräftig Agrarprodukte, vor allem Soja, nach China zu liefern, wofür sich Trump bei seinen Wählern feiern lassen kann. Und die Chinesen sind damit einverstanden, weil sie das Soja dringend brauchen. Ist man damit einen Schritt in der Lösung des Handelskriegs vorangekommen? Keineswegs.
US-Notenbank deutet Schwenk in der Geldpolitik an
Hingegen hat der Waffenstillstand im Handelskrieg den Goldpreis beflügelt, denn in dem Umfeld war der Dollar gegenüber etlichen Währungen, wie dem chinesischen Renminbi, dem Euro, oder dem Yen gesunken, woraufhin Gold Rückenwind bekommen hat. Damit liegt der Preis in der Nähe des Vier-Monats-Hochs.
Der Goldpreis bekommt zudem noch von einer anderen Seite Rückenwind: dem bevorstehenden Schwenk in der US-Geldpolitik. Für viele Investoren ist es ausgemachte Sache, dass die Fed bei der nächsten Sitzung am 19. Dezember die Leitzinsen um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 2,25 bis 2,5 Prozent erhöhen wird. Allerdings ist Fed-Chef Jay Powell zuletzt kräftig zurückgerudert. Nachdem er bislang immer drei Zinserhöhungen für 2019 signalisiert hat, hat er zuletzt gesagt, dass die Leitzinsen bereits nahe am neutralen Satz liegen könnten. Investoren haben das so interpretiert, dass die Fed ihre Zinserhöhungen möglicherweise schon bald auf Eis legen könnte. Derzeit ist am Derivate-Markt lediglich eine Erhöhung um 22 Basispunkte eingepreist. Das wäre quasi nur eine Zinserhöhung für 2019.
Blase am Immobilienmarkt ist geplatzt
Die Frage ist, warum die Fed plötzlich ihre Geldpolitik ändern sollte, wenn doch die Wirtschaft angeblich so brummt und alles rosig ist? Die Antwort: es ist längst nicht alles rosig, vielmehr trüben sich die Perspektiven für die hochverschuldete US-Privatwirtschaft, also private Haushalte und Unternehmen, von Tag zu Tag ein. Schauen Sie sich bitte die zunehmend schwachen Daten vom Häuser- und Automarkt an. Ich habe bereits im März geschrieben, dass die Blase am US-Immobilienmarkt geplatzt ist.
Nachdem die Zinsen für Hypothekenkredite auf Sieben-Jahres-Hochs gestiegen sind, kommt der Immobilienmarkt immer mehr in die Bredouille. Da er einer der besten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft ist, schwant mir gar nichts Gutes. Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass sie im Sommer 2019 in die Rezession abrutschen wird. Wieso? Weil Trumps Steuersenkungen Ende 2018 auslaufen, während die Zinsen für Hypotheken, Autokredite und viele andere Kredite immer weiter steigen.
Aussichten für US-Wirtschaft sind so schlecht wie seit elf Jahren nicht mehr
Die Eintrübung der Perspektiven für die Wirtschaft spiegelt der Anleihenmarkt unmissverständlich wider: So sind die Zinsen für zehnjährige US-Staatsanleihen auf 3,0 Prozent gesunken – das ist das niedrigste Niveau seit Mitte September. Gleichzeitig ist der Zinsaufschlag für zehnjährige Staatsanleihen gegenüber zweijährigen auf nur mehr 21 Basispunkte kollabiert. Das liegt in der Nähe des niedrigsten Wertes seit August 2007.
Der Anleihenmarkt schätzt die Perspektiven für die US-Wirtschaft als so schlecht ein, wie seit elf Jahren nicht mehr. Wenn man von den Zinsen für zehnjährige Anleihen jene für zweijährige abzieht, entfernt man die Inflationskomponente und es bleibt nur noch die Wachstumskomponente übrig. Die Meldungen der Massenmedien, dass die Perspektiven für die US-Wirtschaft gut seien, können Sie vergessen – das ist nichts als Propaganda.
Sollte die Fed tatsächlich bereits im Frühjahr nächsten Jahres ihre Zinserhöhungen auf Eis legen, könnte der Dollar allmählich beginnen zu schwächeln. Damit würde der Goldpreis zusätzlichen Rückenwind bekommen. In die gleiche Richtung wirkt auch, falls die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter sinken sollten und damit eine Eintrübung der Aussichten für die US-Wirtschaft unmissverständlich widerspiegeln.
Die Euphorie der Investoren über den Waffenstillstand im Handelskrieg hat nur wenige Stunden gedauert. Umso mehr könnten die Anleger in den nächsten Monaten auf die US-Konjunkturdaten achten. Sie dürften zusehends schwächer ausfallen als viele Experten vorhersagen, woraufhin die Fed möglicherweise im Frühjahr weitere Zinserhöhungen auf Eis liegen könnte. Je öfter das die Notenbanker in den nächsten Wochen und Monaten signalisieren sollten, umso mehr sollte das die US-Zinsen und den Dollar nach unten ziehen. In dem Umfeld dürfte die Erholung des Goldpreises zusehends Fahrt aufnehmen.