Der Goldpreis war auf das Niveau von Januar 2017 abgerutscht, ehe er sich leicht erholt hat. Das macht im aktuellen Umfeld, das von einer Reihe von Krisen gekennzeichnet ist, absolut keinen Sinn. Viele Investoren wissen sehr wohl, dass es eine Menge Risiken für die Weltwirtschaft und damit den weltweiten Aktienmarkt gibt, aber was tun die Anleger? Statt in Gold, stecken sie ihr Geld lieber in den Dollar, US-Staatsanleihen, Bundesanleihen und den Schweizer Franken.

Türkei-Krise belastet europäischen Bankensektor

Die Reihe an Krisen und Risiken kennen Sie ebenso gut wie ich: Eine, die weiterhin stark im Fokus der Investoren steht, ist die Türkei-Krise mit dem Kollaps der Lira. Das sorgt für enorme Probleme in der Türkei, weil Schuldner, gerade Unternehmen, die in den vergangenen Jahren massiv Dollar-Schulden gemacht haben, sich extrem schwertun, sie zu bedienen, weil die Schuldner dafür immer mehr Lira aufwänden müssen. Gleichzeitig bereitet das auch europäischen Banken mit einem bedeutenden Türkei-Geschäft erhebliche Schwierigkeiten. So ist der Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks gegenüber dem Hoch vom Januar um 20 Prozent eingebrochen und notiert damit auf dem Niveau vom Dezember 2016 – ein schlechtes Zeichen!

Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan versucht das Problem der hohen Inflation von zuletzt knapp 16 Prozent und der Abwertung der Lira ohne Zinserhöhungen zu lösen. Wie soll das aber gehen? Viele Experten haben zuletzt betont, dass die einzige Lösung starke Zinserhöhungen und gleichzeitig die deutliche Reduzierung der Neuverschuldung sei. Solange das nicht passiert, wird die Lira-Krise vermutlich weiter schwelen.

Handelskrieg zwischen den USA und China wird weiter eskalieren

Ein viel größeres Problem und damit Risiko für die Weltwirtschaft ist der Handelskrieg zwischen den USA und China, wodurch sich die Perspektiven für die beiden größten Volkswirtschaften der Welt eintrüben, womit die Gefahr wächst, dass es zu einem kräftigen Kursrückschlag am US-Aktienmarkt kommt, während sich die Korrektur am Aktienmarkt außerhalb der USA deutlich ausweitet. Dabei ist letzterer gemessen am MSCI All Country World Index ex US bereits um 13 Prozent gegenüber dem Mehr-Jahres-Hoch vom 26. Januar gesunken. Dass der DAX nach dem jüngsten Kursrutsch derzeit auf dem gleichen Niveau wie vor einem Jahr steht spricht Bände, oder? Wenn es auch immer mal wieder Gespräche zwischen den USA und China gibt – der Handelskrieg zwischen den USA und China weiter wird weiter eskalieren, denn US-Präsident Donald Trump wird weiterhin mit allen Mitteln versuchen, den Aufstieg Chinas zu weltgrößten Volkswirtschaft zu verhindern.

Bislang sind viele Investoren der Überzeugung, dass die US-Wirtschaft den Handelskrieg viel besser überstehen werde, als exportabhängige Volkswirtschaften, wie China, oder Deutschland und setzen daher auf den Dollar und gleichzeitig auf US-Aktien. Der Handelskrieg wird auch die US-Wirtschaft erheblich belasten, weil chinesische Produkte durch Trumps Strafzölle deutlich teurer werden in den USA, was die Nachfrage der Unternehmen und der Verbraucher dämpft.

US-Wirtschaft ist schwach

Viele „Experten“ behaupten immer, die US-Wirtschaft sei stark, nicht zuletzt wegen Trumps Steuersenkung, weshalb sie den Handelskrieg gut wegstecken könne. Wenn das so ist, wieso tendieren dann die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen seit Monaten seitwärts und liegen mit knapp 2,9 Prozent auf dem gleichen Niveau wie Ende Januar, obwohl die US-Notenbank in dem Zeitraum die Leitzinsen zwei Mal um insgesamt 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) angehoben hat? In dem Umfeld müssten die Zinsen für zehnjährige Anleihen um mindestens 50 Basispunkte steigen. Dass sie das nicht tun, spricht Bände. Die US-Notenbank wird ihren Zinserhöhungskurs fortsetzen, weil sie unbedingt Luft aus den massiven Blasen am Aktien- und am Immobilienmarkt herauslassen möchte. Zudem wird sich der US-Aktienmarkt in den nächsten Monaten deutlich nach unten drehen. Schauen wir mal, ob in dem Szenario nicht doch ein paar Investoren plötzlich Geld aus Aktien in Gold umschichten werden.

Währungskrise in den Emerging Markets verschärft sich

Trotz der Lira-Krise und dem Handelskrieg sollten Sie die Währungskrise in den Emerging Markets nicht aus den Augen verlieren. Währungen wie der argentinische Peso, der südafrikanische Rand, oder der brasilianische Real haben kräftig gegenüber dem Dollar abgewertet. Damit bekommen die dortigen Schuldner, nicht zuletzt die Unternehmen, erhebliche Probleme ihre Dollar-Kredite zu bedienen. Die Währungskrise in den Emerging Markets wird sich weiter verschärfen, womit sich die Perspektiven für die Weltwirtschaft und damit den weltweiten Aktienmarkt deutlich eintrüben werden. Denn wenn die dortigen Währungen gegenüber Dollar und Euro kräftig abwerten, dann werden Produkte aus den USA, oder der Euro-Zone in den dortigen Ländern deutlich teurer, was die Nachfrage dämpft.

Krise in Italien schwelt

In der Euro-Zone bleibt das größte Problem Italien. Die neue Regierung will von Sparen nichts wissen, sondern stattdessen das Geld mit vollen Händen ausgeben und so Wahlgeschenke verteilen. So dürfte der 2019er-Haushalt einen starken Schuldenanstieg vorsehen. Die Regierung hat bereits gesagt, dass sie starken Druck auf die EU-Kommission ausüben wird, am die Berechnungsmethode für das Haushaltsdefizit zu ändern, damit Italien keine Probleme mit der Kommission bekommt. Aber wissen Sie was? Die EU-Kommission kann die Berechnung 3 Mal, 5 Mal, oder 10 Mal ändern – am Ende des Tages wird die Neuverschuldung Italiens kräftig nach oben schießen, und damit der Schuldenberg von zuletzt 2,3 Billionen Euro nicht nur nominell, sondern auch im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung weiter steigen. Das wird die Investoren noch nervöser machen, woraufhin die Zinsen für zweijährige italienische Anleihen weiter kräftig steigen werden.

Die Frage ist nur, ob die italienischen Banken in den nächsten Quartalen noch kräftig heimische Staatsanleihen kaufen werden, wenn sie wissen, dass die EZB ab Januar 2019 erst einmal netto keine Staatsanleihen der Euro-Zone mehr kaufen wird, sondern nur noch alte, auslaufende Anleihen refinanziert. Der Appetit auf italienische Staatsanleihen könnte bei den dortigen Banken in den nächsten Monaten merklich nachlassen, könnte doch ansonsten die Talfahrt der Bankaktien weitergehen. Der Branchenindex FTSE Italia All-Share Banks ist um fast 30 Prozent gegenüber dem April-Hoch abgerutscht und damit auf das Niveau von März 2017 nach unten gerauscht – ein sehr schlechtes Zeichen! Wenn sich die dortige Krise ausweitet, dürfte das den Abwärtsdruck auf den Euro verstärken und er auf Talfahrt gegenüber dem Dollar bleiben. Damit würde die Inflation in Deutschland weiter angeheizt werden, dabei liegt sie bereits bei 2,0 Prozent.

Wieso sinkt der Goldpreis trotz all dieser Risiken? Dafür gibt es nur einen Grund: Es gibt eine sehr hohe Korrelation zwischen dem Währungspaar Dollar-Renminbi und dem Goldpreis. Wenn der Dollar gegenüber dem chinesischen Renminbi steigt, fällt der Goldpreis. Diese Korrelation macht allerdings keinen Sinn, ist doch der Rückgang des Renminbis ein Krisensignal und müsste eigentlich den Goldpreis beflügeln.

Wenn der Dollar gegenüber dem Renminbi weiter steigen sollte, könnte der Goldpreis zwar kurzfristig unter Druck bleiben. Die scheinbar endlose Reihe an Risiken, die ich Ihnen oben geschildert habe, sprechen aber klar dafür, die Zeit zu nutzen, um die Goldbestände zu sehr günstigen Preisen aufzustocken. Denn wenn der US-Aktienmarkt in den nächsten Monaten deutlich nach unten drehen sollte – wovon ich ausgehe – und damit die Aktienmärkte außerhalb der USA ihre Talfahrt beschleunigen, dürfte es zu einer kräftigen Erholung des Goldpreises kommen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.