In der vergangenen Ausgabe hatte ich Ihnen zur Regierungsbildung in Italien geschrieben: „Dort scheint das Albtraumszenario viele Investoren allmählich wahr zu werden.“ Das dämmert offenbar vielen Investoren zusehends. Wie es aussieht, ist zwar die Regierungsbildung gescheitert und es könnte schon bald zu Neuwahlen kommen. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings groß, dass dabei erneut die Euro-skeptischen Parteien eine klare Mehrheit gewinnen und versuchen, die gleiche verantwortungslose Politik durchzusetzen wie sie es schon diesmal versucht haben. So wollten die linksgerichtete Fünf-Sterne-Bewegung und die rechtsgerichtete Lega-Partei die Steuern für Bürger und Unternehmen massiv senken, das sollte ein Haushaltsloch von rund 70 bis 80 Mrd. Euro pro Jahr in die Kasse reißen. Zudem sollte es ein Bürgergeld für einkommensschwache Italiener geben, und die zaghafte Rentenreform sollte abgeschafft werden. Die Folge dieser Pläne: Die Neuverschuldung wäre um mindestens 100 Mrd. Euro pro Jahr nach oben geschossen, laut anderen Schätzungen um bis zu 140 Mrd. Euro. Aber bleiben wir mal bei 100 Mrd., weil das schon mehr als verheerend wäre, denn dadurch wäre das Haushaltsdefizit auf das 3,3fache das 2017er-Wertes explodiert. Sie lesen richtig: das 3,3fache des 2017er-Wertes von 43,5 Mrd. Euro.

Zinsen schießen nach oben

Gleichzeitig wollten die beiden Partner Staatsanleihen einführen, die Experten als verkappte Parallelwährung zum Euro kritisieren. Mit diesen sogenannten „Mini-BOTs“ wollte der klamme Staat ausstehende Rechnungen bei Unternehmen bezahlen. Die Partner waren der Überzeugung, dass durch die Einführung der Mini-BOTs die Staatsverschuldung nicht steigen würde – welch absurde Idee! Mehr Anleihen bedeuten mehr Schulden, ganz einfach – und dabei ist es völlig egal, in welcher Währung sie emittiert werden. Erfreulicherweise haben die Investoren am Anleihenmarkt den beiden Parteien Tag für Tag den richtigen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben, so waren die Zinsen für italienische Anleihen nach oben geschossen, während Anleger in Bundesanleihen geflüchtet sind. Daher war der Zinsaufschlag immer größer geworden. Zuletzt war der Zinsaufschlag für zehnjährige italienische Anleihen gegenüber deutschen mit 212 Basispunkten (2,12 Prozentpunkte) auf das höchste Niveau seit März 2017 nach oben geschossen.

Euro rauscht nach unten

Im Gegenzug war der Euro kräftig unter Druck. Gegenüber dem Hoch vom Februar ist der Euro um 6,8 Prozent gesunken – eine enorme Bewegung in so kurzer Zeit für die zweitwichtigste Währung der Welt. Entsprechend steigt der Goldpreis seit ein paar Wochen auf Euro-Basis allmählich. Italien könnte mittelfristig ein viel wichtigeres Thema für die Weltbörsen werden als der Handelskrieg zwischen den USA und China (mehr dazu unten). Denn wenn es zu einem Schuldenschnitt für Italien kommen sollte, und möglicherweise die Zukunft des Euro auf dem Spiel steht, dürfte das am weltweiten Finanzmarkt, also bei Anleihen, Währungen und Aktien zu enormen Verwerfungen, sprich Kursrückschlägen führen.

Die Euro-Krise könnte sich in den nächsten Monaten weiter verschärfen, zumal auch Spanien in den Abwärtsstrudel hingezogen werden dürfte. So hat die bisher die Regierung stützende Partei Ciudadanos Neuwahlen gefordert. Grund ist ein Korruptionsskandal bei den Konservativen. Falls diese nicht ausgerufen würden, sei man zu einem Misstrauensantrag gegen Ministerpräsident Mariano Rajoy bereit. Entsprechend sind auch die Zinsen für spanische Anleihen zuletzt gestiegen.

Sorge vor US-Strafzöllen auf Autos

Die Krise in Italien und der sinkende Euro sind nur die Spitze des Eisbergs der Risikofaktoren für die Weltwirtschaft und damit für die Börsen, und im Gegenzug Rückenwind für den Goldpreis. So hat US-Präsident Donald Trump mit Strafzöllen von bis zu 25 Prozent auf importierte Autos gedroht. Damit will Trump vor allem die deutsche Autoindustrie treffen. Laut Schätzungen von Experten könnten sich die Belastungen für die hiesige Branche auf 5,0 bis 6,0 Mrd. Euro belaufen – eine Menge Holz. Indem Trump eine für Deutschland so wichtige Branche treffen würde, würden sich die Perspektiven für die hiesige Konjunktur weiter eintrüben. Das sind die letzten Nachrichten, die die deutsche Wirtschaft gebrauchen kann, war doch der Einkaufsmanagerindex für Deutschland, den die englische Researchfirma Markit veröffentlicht, im Mai auf ein 20-Monats-Tief gesunken. Vor dem Hintergrund ist es mehr als bemerkenswert, dass sich der DAX noch in der Nähe der Marke von 13.000 Punkten hält. Der Einkaufsmanagerindex für die Euro-Zone ist auf ein 18-Monats-Tief gefallen.

Trump wird Handelskrieg wieder anheizen

Ein weiterer Risikofaktor ist der Handelskrieg zwischen den USA und China. Nachdem US-Finanzminister Steven Mnuchin zuletzt gesagt hatte, der Krieg sei auf Eis gelegt, ist Mnuchin von Trump und den Hardlinern aus seiner Regierung scharf kritisiert worden. Es gehe nicht nur um einen Handelskrieg, sondern darum, dass China mittel- und langfristig zur wirtschaftlich und militärisch stärksten Nation der Welt aufsteigen wolle. Das müsse unter allen Umständen verhindert werden. Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis Trump den Handelskrieg wiedereröffnet – wahrscheinlich per Tweet. Das wären schlechte Perspektiven für die US- und die Weltwirtschaft.

Powell spielt Vabanquespiel

Dabei trüben sich die Perspektiven für die US-Wirtschaft ohnehin jeden Tag ein, denn die wegen den Zinserhöhungen der US-Notenbank steigenden Zinsen belasten die hochverschuldete Wirtschaft erheblich. Das spiegeln nicht zuletzt die Daten vom Häusermarkt klar wider. Entgegen der Erwartung vieler Investoren dürfte Fed-Chef Jay Powell allerdings selbst dann mit den Zinserhöhungen weitermachen, wenn es zu Turbulenzen am Aktienmarkt kommen sollte. Meiner Meinung nach will Powell nicht die Inflation bekämpfen, sondern Luft aus der enormen Blase am Aktien- und Immobilienmarkt herauslassen. Dabei geht er allerdings das Risiko ein, dass es zu einem kräftigen Kursrückschlag am Aktienmarkt kommt. Wenn die US-Anleihen und -Aktien allerdings gleichzeitig sinken sollten, worein könnten Investoren dann möglicherweise flüchten? In Gold.

Trotz all der Risikofaktoren, die klar für einen steigenden Goldpreis sprechen, schwächelt er aber. Der Hauptgrund dafür ist, dass die steigenden Zinsen, gerade für zehnjährige US-Anleihen, den Dollar mit nach oben ziehen und damit den Goldpreis belasten. Umso mehr gilt es die US-Zinsen im Auge zu behalten. Sollten jene für zehnjährige Anleihen trotz der Leitzinserhöhungen der Fed deutlich nach unten drehen, und damit eine Eintrübung der Konjunkturperspektiven widerspiegeln, dürfte der Dollar-Anstieg schnell auslaufen. Dann sollte der Goldpreis auf Dollar-Basis deutlich nach oben drehen. Hiesige Anleger sollten gerade die Entwicklung in Italien weiter genau beobachten. Zwar könnten Investoren kurz erleichtert sein, weil das Worst-Case-Szenario in Italien nicht sofort eintritt. Was dürfte aber mit den Zinsen für italienische Anleihen passieren, wenn die Wahlumfragen darauf hindeuten, dass die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega-Partei bei möglichen Neuwahlen erneut eine deutliche Mehrheit der Stimmen erobern könnten? In einem derart unsicheren Umfeld kann ich Ihnen nur weiterhin raten: Nutzen Sie die günstigen Goldpreise im Ihre Bestände weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.