Die Bullen am Aktienmarkt haben darauf gewettet, dass eine baldige Kehrtwende der Fed für eine anhaltende Erholung bei S&P500 und DAX sorgen würde. Dann brachten aber plötzlich die Gewinnwarnungen zweier US-Technologiefirmen diese Hoffnung ins Wanken.

Ist die kräftige Erholung an den Aktienmärkten schon wieder zu Ende? Das dürften sich viele Anleger fragen. Die jüngste Erholung beruht einzig und allein auf der Hoffnung, dass eine Serie schwacher US-Konjunkturdaten und damit stark zunehmender Sorgen vor einer US-Rezession die Fed dazu bewegen könnten, in den nächsten Monaten die Leitzinsen nicht mehr so stark anzuheben wie zuletzt.

Bei den Sitzungen im Juni und Juli hatte die US-Notenbank die Zinsen um jeweils 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) angehoben, das waren die stärksten Anhebungen seit 1994. Zudem soll die Fed diesmal innerhalb weniger Monate auf Zinssenkungen umschwenken und ein neues QE-Gelddruckprogramm auflegen, was die weiterhin gigantische Blase beim S&P500 wieder aufblasen und damit auch den DAX mit nach oben ziehen würde.

US-Arbeitsmarkt brummt

Diese Hoffnung hat aber mit dem starken US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag, 5. August einen kräftigen Dämpfer bekommen. Laut den offiziellen Zahlen waren im Juli 528.000 Jobs geschaffen worden, das lag meilenweit über den Schätzungen der Volkswirte von 250.000. Scheinbar brummt der US-Arbeitsmarkt viel stärker als erwartet, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben geschossen waren.

Der Grund: Investoren gehen plötzlich davon aus, dass die Fed bei der nächsten Sitzung am 21. September die Zinsen statt um 50 um 75 Basispunkte anheben könnte. Damit hat sich die Ursache für die Kursgewinne der vergangenen Wochen bei S&P500 und DAX plötzlich in Luft aufgelöst, von einer möglichen Kehrtwende der Fed ist plötzlich nichts mehr zu sehen, weshalb Investoren eigentlich Aktien verkaufen hätten müssen.

Das hat S&P500 und DAX allerdings nur minimal belastet, weil die Zinsen für zweijährige US-Anleihen noch stärker gestiegen sind als jene für zehnjährige. Daher ist der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber zweijährigen auf minus 41 Basispunkte kollabiert. Das war das niedrigste Niveau seit Anfang 2000 – damit hat der US-Anleihenmarkt die Aussichten für die US-Wirtschaft als so schlecht eingeschätzt wie seit Anfang 2000 nicht mehr! Dieses klare Rezessionssignal hat bei Investoren einmal mehr die Hoffnung auf eine Kehrtwende der Fed geschürt, woraufhin die Investoren ihre Aktien behalten und eben nicht verkauft haben.

Goldpreis gibt nur kurz nach

Die steigenden US-Zinsen haben auch den Dollar mit nach oben gezogen, woraufhin der Goldpreis gleich von zwei Seiten aus Gegenwind hatte. Daraufhin ist er zwar um rund ein Prozent gesunken, allerdings ist er zum Start in die neue Handelswoche wieder nach oben gedreht (dazu gleich mehr).

Noch kurz etwas zum US-Arbeitsmarkt: Meiner Meinung nach machen die starken Zahlen zu den neu geschaffenen Jobs absolut keinen Sinn, schließlich sind viele Konjunkturdaten, wie vom Häusermarkt, in den vergangenen Monaten wegen der hohen Inflation und den stark gestiegenen Zinsen kollabiert, was sich zwangsläufig auf den Arbeitsmarkt niederschlägt. Für mich sind diese US-Arbeitsmarktdaten daher klar politische Daten – sprich Fake News! -, die die Wahlchancen der Demokraten vor der Halbzeitwahl am 8. November verbessern sollen. Die starken Daten sollten nach der Wahl, spätestens im Frühjahr 2023 kräftig nach unten korrigiert werden – das ist meine feste Überzeugung.

Gewinnwarnung von Nvidia schockiert Investoren

Wie schwach die US-Wirtschaft im Speziellen und die Weltwirtschaft im Allgemeinen ist – ich habe in den vergangenen Wochen wiederholt vor einer US- und einer weltweiten Rezession gewarnt -, zeigen vielmehr die Gewinnwarnungen zweier US-Technologiefirmen unmissverständlich. Zuerst hatte der Hersteller von Grafikkarten Nvidia am Montag, 8. August gewarnt, dass der Umsatz im per Juli beendeten zweiten Quartal des Fiskaljahres 2022/23 nur bei 6,7 Milliarden US-Dollar statt der zuvor geplanten 8,1 Mrd. US-Dollar liegen werde, woraufhin die Aktie eingebrochen ist. Das sind 17,3 % weniger Erlös als der Konzern noch Ende Mai vorhergesagt hatte.

Das ist zudem ein Einbruch um 19 % gegenüber dem Vorquartal. Der Hauptgrund: die Nachfrage im Gaming-Bereich ist um 44 % gegenüber dem Vorquartal kollabiert. Offensichtlich halten sich in einem Umfeld sehr hoher Inflation viele Verbraucher mit dem Kauf teurer Gaming-PCs zurück. Gleichzeitig soll die Gewinnmarge viel niedriger sein als geplant, während der Konzern außerordentliche Abschreibungen von 1,3 Mrd. US-Dollar verbuchen muss, vor allem auf die zu hohen Lagervorräte. Vorstandschef Jensen Huang betonte zudem unmissverständlich, dass das schwierige Geschäftsumfeld anhalten dürfte.

Micron zieht nach

Tags darauf gab Micron Technology eine Umsatzwarnung ab. Der größte US-Hersteller von Speicherchips warnte, dass die Nachfrage nach den Bauteilen wegen der schwachen Weltwirtschaft schwächer sei als erwartet. Daher werde der Umsatz für das am 1. September endende vierte Quartal des Geschäftsjahres 2021/22 am oder unter dem unteren Ende der bisherigen Prognose liegen werde. Ich würde klar auf „unter dem unteren Ende“ tippen.

Zudem soll der Umsatz im kommenden Quartal gegenüber dem derzeit laufenden deutlich sinken, während die Gewinnmargen kräftig zurückgehen würden. Gleichzeitig streicht der Konzern die Prognose für die Investitionsausgaben für das Fiskaljahr 2022/23 zusammen.

Die schwachen Zahlen von Micron und Nvidia schließen sich nahtlos an die vorherigen schlechten Nachrichten der führenden Hersteller von Mikroprozessoren Intel und Advanced Micro Devices an und zeigen, wie schwach die Weltwirtschaft ist – sie ist meiner Meinung nach klar auf dem Weg in eine Rezession. Dieses Umfeld bekommen die Chiphersteller als erste zu spüren, sind sie doch eine der zyklischsten, also konjunkturabhängigen Branchen überhaupt. Die Rezessionssorgen haben die Hoffnung auf eine Kehrtwende der Fed überlagert und damit für einen Kursrückgang am Aktienmarkt gesorgt.

Gold ist viel zu billig

Umso besser sind meiner Meinung nach die mittel- und langfristigen Aussichten für Gold. Zwar gehen derzeit viele Investoren davon aus, dass die Fed im September die Zinsen um 75 Basispunkte anheben könnte. Bis dahin ist allerdings noch eine Menge Zeit, in der viele US-Konjunkturdaten noch viel schlechter werden dürften, zudem werden am 2. September die Daten zum US-Arbeitsmarkt veröffentlicht, Mitte September folgen dann die US-Inflationsdaten. Sollten viele US-Daten noch weiter nach unten rauschen – wovon ich ausgehe -, und eventuell auch die Inflationsdaten für August etwas niedriger ausfallen als erwartet, könnten die Investoren wieder auf eine Kehrtwende der Fed spekulieren.

In dem Umfeld sollten meiner Meinung nach die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen in den nächsten Wochen und Monaten nach unten rauschen. Während viele Experten vorhersagen, dass die Zinsen am Jahresende bei 3,5 oder 4,0 % liegen dürften, sollte es meiner Meinung in den nächsten Monaten schnell in Richtung 2,5 % und darunter gehen. Umso mehr Auftrieb sollte der Goldpreis haben.

Vor dem Hintergrund halte ich die Notierung des Edelmetalls für deutlich zu niedrig. Der Fed dürfte innerhalb weniger Monate tatsächlich nichts anderes übrig bleiben, als wieder Nullzinsen einzuführen und eine neues massives QE-Gelddruckprogramm zu starten. Dann sollte der Goldpreis auf neue Rekordhochs klettern. Jetzt ist die Zeit, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken, um sich damit gehen die anhaltend hohe Inflation zu schützen und die Kaufkraft zu erhalten.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.