Die US-Wirtschaft boomt – dieses Bild haben die Massenmedien nach der Veröffentlichung der Zahlen zum Wirtschaftswachstum am vergangenen Freitag gezeichnet. Demnach war die Wirtschaft im ersten Quartal um annualisiert 3,2 Prozent gewachsen, das lag deutlich über den Schätzungen der Volkswirte von 2,3 Prozent. Das annualisierte Wachstum wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert. Das starke Wirtschaftswachstum sei auch der Grund gewesen, weshalb der S&P500 auf neue Rekordhochs gestiegen sei, schrieben die Massenmedien.

Komischerweise sind nach Bekanntgabe der Daten aber die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen eingebrochen und haben den Tag bei 2,5 Prozent abgeschlossen. Damit zeigen sie eine deutliche Eintrübung der Perspektiven für die US-Wirtschaft an. Damit nähern sich die Zinsen zügig dem Tief vom Dezember 2017, als sie zwischen 2,35 und 2,4 Prozent hin- und hergependelt sind. Gleichzeitig ist der Dollar nach der Veröffentlichung der Zahlen eingeknickt, während sich der Goldpreis etwas erholt hat. Das würden die Zinsen und der Dollar doch wohl kaum machen, wenn die Zahlen stark gewesen wären, oder?

Konsum schwächelt bedenklich

Das waren sie auch nicht, wie ein genauerer Blick klar zeigt. Vielmehr waren Sondereffekte für den starken Anstieg verantwortlich, vor allem der Außenhandel und der kräftige Aufbau der Lagervorräte. Bereinigt um diese Einmaleffekte sahen die Zahlen alles andere als schön aus. So trug der private Verbrauch lediglich 0,8 Prozentpunkte zum Wirtschaftswachstum bei.

Abgesehen vom ersten Quartal 2018, als US-Präsident Donald Trump mit einer Reihe von Strafzöllen den Handelskrieg, vor allem mit China, eröffnet hatte, war das der niedrigste Beitrag des privaten Verbrauchs zum Wirtschaftswachstum seit dem zweiten Quartal 2013. Diese Zahl zeichnet schon ein viel realistischeres Bild der US-Wirtschaft und erklärt, wieso die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach der Bekanntgabe der Daten eingebrochen sind.

Investoren setzen auf die Fed

Wieso ist der S&P500 trotz dieser schwachen Zahl gestiegen? Weil Investoren wegen der sinkenden Zinsen zu US-Aktien gegriffen haben, in der Erwartung, dass die Fed bei weiteren schwachen Konjunkturdaten die Geldpolitik in den nächsten Quartalen noch stärker lockern könnte als bislang angekündigt, was die Wirtschaft ankurbeln soll. Das gibt den Aktien Rückenwind.

Diese Aussicht beflügelt allerdings auch den Goldpreis, denn wenn die Fed im Herbst mit Zinssenkungen beginnen sollte, wovon ich ausgehe, dürften das die Investoren am Goldmarkt bereits einige Monate vorher beginnen einzupreisen, was der Notierung des Edelmetalls Rückenwind geben sollte. Den ersten Schritt bei der Lockerung der Geldpolitik macht die Fed bereits ab Mai, wenn die Verkäufe von Staatsanleihen auf 15 Mrd. Dollar pro Monat halbiert werden.

Fed hat ein Erklärungsproblem

Umso spannender wird die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch. Dann darf Fed-Chef Jay Powell den Investoren erklären, wieso die Fed trotz des angeblichen Konjunkturbooms ab Mai die Geldpolitik lockern wird. Entweder die Wirtschaft ist stark, dann muss die Notenbank die Geldpolitik nicht lockern. Oder die Wirtschaft ist schwach, dann genügt die Reduktion der Verkäufe von Staatsanleihen nicht, sondern dann müssen schlussendlich Zinssenkungen und anschließend eine neue Gelddruckrunde, namens QE4, folgen.

Allerdings wird Powell einmal mehr behaupten, dass die Wirtschaft stark sei. Das Problem sei allerdings, dass der bevorzugte Inflationsindikator der Fed, der Personal Consumption Expenditures Preisindex (PCE), zuletzt bei lediglich 1,4 Prozent gelegen habe und damit deutlich unter dem Zwei-Prozent-Ziel der Fed, weshalb die Inflation durch eine Lockerung der Geldpolitik angeheizt werden müsse.

Dass viele Amerikaner an einer höheren Inflation absolut kein Interesse haben, zumal die tatsächliche viel höher ist als die offiziell ausgewiesene, wie beispielsweise die Rekordfahrt am Aktienmarkt klar zeigt, das interessiert die Fed absolut nicht. Sie will die Inflation unbedingt anheizen, um so den gigantischen Schuldenberg von Staat, privaten Haushalten, Unternehmen und dem Finanzsektor, zu entwerten. Er lag zuletzt bei horrenden 72,1 Billionen Dollar – das sind horrende 342,3 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Kein Wunder, dass Powell alles tut, um ein Platzen der Schuldenblase zu verhindern und deshalb die Geldpolitik lockert.

US-Wirtschaft kommt ohne QE-Gelddrucken nicht mehr aus

Umso besser sind aber die mittel- und langfristigen Perspektiven für Gold. Wenn die Fed wegen des gigantischen Schuldenbergs auf lange Jahre hinaus die Zinsen niedrig halten muss und bei der kleinsten Krise zum QE-Gelddrucken zurückkehren wird, dann dürfte das für eine deutlich stärker steigende Inflation und schlussendlich einen Verfall des Dollar sorgen. Das würde den Goldpreis kräftig nach oben treiben.

Ich werde die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch genau beobachten. Wenn sich Powell so taubenhaft geben sollte, wie ich erwarte, dürfte sich der Rückgang der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen beschleunigen, was den Dollar nach unten ziehen dürfte. Das sollte dem Goldpreis Rückenwind geben, in dem Umfeld sollte der Notierung des Edelmetalls eine Kehrtwende nach oben gelingen.

Dann hätte sich der zwischenzeitliche Kursrückgang als hervorragende Kaufgelegenheit herausgestellt, zumal der Preis auf Euro-Basis auf dem gleichen Niveau wie im August 2011 liegt. Das halte ich für sehr günstig. Ich kann Ihnen daher weiterhin nur empfehlen, Ihre Goldbestände aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.