Die führenden Notenbanken wollen die Zinsen in den nächsten Monaten stärker erhöhen als erwartet. Damit trüben sich die Aussichten für die Aktienmärkte weiter ein, hingegen bleiben jene für Gold glänzend.

Viele Anleger sind heilfroh, dass ein schlechtes Jahr an den Aktienmärkten zügig zu Ende geht. Zuletzt haben die Sitzungen der Fed, der EZB und der japanischen Notenbank für Druck auf S&P 500, Nasdaq und DAX gesorgt. Damit nimmt die Gefahr zu, dass das neue Jahr 2023 an den Börsen ebenso unschön beginnen könnte, wie das alte endet.

Hingegen ist der Goldpreis zuletzt in die Nähe des Sechs-Monats-Hochs geklettert. Zwar sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zuletzt nach oben geschossen, allerdings hat der Dollar die Talfahrt fortgesetzt, was die Notierung des Edelmetalls beflügelt halt. Wie die Ergebnisse der Sitzungen der führenden Notenbanken mit den Entwicklungen bei Aktien, Zinsen, Dollar und Gold zusammenhängen, will ich gleich ebenso aufzeigen wie die Gründe, weshalb die Aussichten für das Edelmetall meiner Meinung nach weiterhin prächtig sind.

Fed erhöht Zinsprognose

Während viele Anleger auf eine Jahresendrally gehofft hatten, bekamen die Aktienmärkte den ersten Tiefschlag von der Fed-Sitzung am Mittwochabend, 14. Dezember. Dabei hat die Fed die Leitzinsen wie erwartet um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) auf 4,25 bis 4,5 Prozent angehoben. Gleichzeitig hat die US-Notenbank aber angekündigt, dass „anhaltende“ Zinserhöhungen notwendig seien, um die weiterhin hohe Inflation zu bekämpfen. Zudem hat Fed-Chef Jay Powell auf der Pressekonferenz den jüngsten Inflationsrückgang heruntergespielt.

Herb enttäuscht waren Investoren, dass die Fed die Zinsprognose für Ende 2023 von 4,6 auf 5,1 Prozent angehoben hat. Hingegen waren Investoren zuvor davon ausgegangen, dass die Terminal Rate, also der Höhepunkte bei den Zinsen in diesem Zyklus, zur Jahresmitte mit 4,9 Prozent erreicht werde. Die neue Prognose der Fed bedeutet, dass sie die Leitzinsen in den nächsten Monaten um weitere 75 Basispunkte anheben will und damit um 25 Basispunkte mehr als bislang erwartet.

Diese Aussicht hat die ohnehin zunehmenden Rezessionssorgen der Investoren verstärkt, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nicht etwa gestiegen, sondern etwas gesunken sind. Denn je höher die Fed die Leitzinsen anhebt und je länger sie auf dem hohen Niveau bleiben, umso schneller und tiefer dürfte die hochverschuldete Wirtschaft in eine Rezession abrutschen, womit sich auch die Aussichten für die Weltwirtschaft weiter eintrüben. Im Gegenzug haben Investoren völlig zu Recht bei Aktien den Verkaufen-Knopf gedrückt, woraufhin S&P 500, Nasdaq und DAX nachgegeben haben.

Wie sehr die hohen Zinsen den Immobilienmarkt belasten, zeigt der Einbruch der Baugenehmigungen im November unmissverständlich. Mit einer Jahresrate von 1,342 Mio. Einheiten lagen die Baugenehmigungen im November um 22,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau, das ist der größte Rückgang seit September 2009 (minus 23,6 Prozent). Ich bin der Überzeugung, dass sich die Talfahrt in den nächsten Monaten zügig in Richtung 1,0 Mio. Einheiten beschleunigen sollte.

Zudem sollte meiner Meinung nach im nächsten Jahr der Autoabsatz, also jener von Pkws, Pick-Ups und SUVs, einbrechen. Im Falle einer Krise am Immobilienmarkt und eines Crashs am Automarkt dürfte eine Rezession unvermeidlich sein.

EZB kündigt anhaltend kräftige Zinserhöhungen an

Den zweiten und noch stärkeren Tiefschlag als jenen von der Fed bekamen die Börsen von der EZB-Sitzung am Donnerstag, 15. Dezember. Die EZB hat wie erwartet den Leitzins um 50 Basispunkte auf 2,5 Prozent angehoben. Geschockt hat Investoren allerdings die Ankündigung, dass die EZB zumindest bei den nächsten beiden Sitzungen im Februar und März die Zinsen im gleichen Tempo und damit um jeweils weitere 50 Basispunkte anheben möchte. Etliche Experten gehen sogar davon aus, dass anschließend bei der Sitzung im Mai noch ein weiterer Schritt nach oben um mindestens 25 Basispunkte kommen dürfte.

„Jeder der denkt, dass es eine Kehrtwende von der EZB gibt, liegt falsch. Wir erwarten, die Zinsen für eine gewisse Zeit in 50-Basispunkt-Schritten anzuheben“, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz mit Verweis auf die herbe Inflationsrate von 10,1 Prozent für die Euro-Zone für November. „Im Vergleich zur Fed haben wir mehr zu tun.“

Die Folge: Anstatt dass die Zinserhöhungen wie von vielen Anlegern erhofft bald auslaufen, könnten die Zinsen bis zum Frühjahr auf mindestens 3,5 Prozent, wenn nicht sogar 3,75 Prozent steigen. Umso mehr wird das allerdings die ohnehin schwächelnde Konjunktur in der Euro-Zone belasten, zumal die EZB in den nächsten Monaten die Zinsen noch stärker anheben will als die Fed!

Wegen den Plänen der EZB sind die Zinsen für zehnjährige Anleihen nach oben geschossen, wie für Bundesanleihen und noch stärker für italienische. Das wiederum hat auch die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben getrieben. Damit gab es zusätzlichen Gegenwind für die Aktienmärkte, woraufhin sie eingebrochen sind.

Schwache US-Konjunkturdaten beflügeln den Goldpreis

Der Anstieg der US-Zinsen hat auch für eine  leichte Erholung beim Dollar gesorgt. Bemerkenswerterweise hat der Goldpreis dennoch nicht nachgegeben, sondern ist seitwärts tendiert – eine beachtliche Leistung, oder?

Am darauffolgenden Freitag, 16. Dezember ist die Notierung des Edelmetalls dann wieder nach oben gedreht, nachdem schwache US-Konjunkturdaten die Hoffnung geschürt hatten, dass die US-Zinsen vielleicht doch nicht so stark steigen werden, wie die Fed signalisiert hat. So waren die von S&P Global veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes für die US-Industrie und den -Dienstleistungssektor überraschend eingebrochen und lagen damit jeweils unter den Vergleichszahlen von S&P Global für die Euro-Zone. Damit zeigen beide Indizes für die USA jeweils ein deutliches Schrumpfen des Sektors und damit eine Rezession an.

Japanische Notenbank dreht völlig überraschend an der Zinsschraube

Als wenn die schlechten Nachrichten von der Fed- und gerade der EZB-Sitzung die Aktienmärkte nicht schon genug belastet hätten, hat am Dienstag 20. Dezember die japanische Notenbank nachgelegt, was zu erneuten Turbulenzen an den Börsen geführt hat. Zwar hat die Notenbank den Leitzins wie erwartet bei minus 0,1 Prozent belassen.

Allerdings hat die Notenbank völlig überraschend angekündigt, dass die Zinsen für zehnjährige Anleihen künftig in einem Band zwischen plus und minus 0,5 Prozent schwanken dürfen, gegenüber dem bisherigen Band von plus bis minus 0,25 Prozent. Bisher hatte Notenbankchef Haruhiko Kuroda eine mögliche Ausweitung des Bandes immer weit von sich gewiesen.

Nach der Ankündigung sind die Zinsen für zehnjährige japanische Anleihen von 0,25 bis auf 0,45 Prozent nach oben geschossen ehe sie auf 0,40 Prozent zurückgegangen sind. Dennoch ist das eine enorme Bewegung nach oben, was wiederum die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen deutlich nach oben gedrückt hat.

Wegen der kräftig gestiegenen Zinsen für zehnjährige japanische Anleihen ist der Yen nach oben geschossen, sprich Dollar-Yen ist um 3 Prozent eingebrochen. Das hat zumindest kurzfristig für Turbulenzen an den Aktienmärkten gesorgt. Dass der zwischenzeitliche Kursrückgang beim DAX nicht größer ausgefallen ist, kann ich mir nur so erklären, dass viele institutionelle Investoren ihre Bücher bereits geschlossen haben und man selbst mit kleinen Aufträgen den DAX in die eine oder andere Richtung bewegen kann.

Sinkender Dollar beflügelt den Goldpreis

Allerdings hat der Einbruch des Dollar für einen Kurshüpfer nach oben beim Goldpreis gesorgt. Mit rund 1.815 Dollar je Unze liegt er nur knapp unter den Sechs-Monats-Hochs und damit ungefähr auf dem Stand von Ende 2021. Das kann sich gegenüber dem Rückgang beim DAX um 10 Prozent mehr als sehen lassen, beim S&P 500 steht sogar ein Minus von 20 Prozent zu Buche. Dass viele US-Tech-Aktien, wie Tesla, Apple, Amazon, Microsoft, Meta Platforms und Alphabet noch viel größere Verluste verbucht haben, sei nur am Rande erwähnt. Und ich fürchte, dass die Talfahrt bei den Tech-Werten in den nächsten Monaten klar weitergehen wird.

Damit hat sich beim Goldpreis die Entwicklung der vergangenen Wochen fortgesetzt, wobei ein Rückgang beim Dollar den Goldpreis nach oben getrieben hat. So hat der Dollar Index seit dem damaligen Hoch am 3. November um 8 Prozent nachgegeben. Der Index bildet die Entwicklung des Dollar gegenüber sechs wichtigen Währungen ab, vor allem dem Euro. Im gleichen Zeitraum sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen trotz des jüngsten, deutlichen Anstiegs gegenüber dem 3. November um knapp 50 Basispunkte eingebrochen. Durch den Rückenwind von gleich zwei Seiten ist der Goldpreis seit damals um 11,3 Prozent geklettert.

Umso wichtiger dürfte vor allem die Entwicklung des Dollar in den nächsten Wochen und Monaten für die Entwicklung des Goldpreises sein. Sollte der Dollar auf Talfahrt bleiben, weil laut der Erwartung vieler Investoren die EZB in den nächsten Monaten bis zum Frühjahr die Leitzinsen stärker anheben könnte als die Fed, sollte das die Notierung des Edelmetalls weiterhin beflügeln. Zusätzlichen Rückenwind würde es geben, wenn die Sorgen der Investoren um eine mögliche Rezession in den USA weiter zunehmen sollten, und die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen wieder nach unten drehen sollten – obwohl die Fed die Leitzinsen weiter anheben will.

Was immer Fed und EZB auch in den nächsten Monaten tun mögen, die Aussichten für Gold bleiben hervorragend. Je stärker die führenden Notenbanken die Zinsen in den ersten Monaten des nächsten Jahres anheben sollten, umso schwerer dürfte die zügig heraufziehende Rezession in den USA und der Euro-Zone werden. Und umso stärker dürften die Notenbanken anschließend – trotz hoher Inflationsraten – die Zinsen senken und jeweils eine neue massive QE-Gelddruckrunde starten, die meiner Meinung nach alle bisherigen weit in den Schatten stellen wird.

Damit beschäftigen wir uns aber erst im neuen Jahr 2023. Jetzt wünsche ich Ihnen Frohe Weihnachten und ein paar schöne Festtage im Kreise Ihrer Lieben, sowie einen guten Rutsch in ein glückliches und gesundes Neues Jahr 2023!

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.