Während die Aktienmärkte auf Rekordfahrt sind, hat der Goldpreis zuletzt deutlich nachgegeben. Umso mehr rücken die nächsten Konjunkturdaten in den Fokus der Investoren.

Alle Anleger, die die Börsenregel „Sell in may and go away“ ignoriert haben, können sich glücklich schätzen, ihre Aktien nicht verkauft zu haben, sind doch S&P 500 und DAX auf Höhenflug – und niemand kann sagen, wie weit es noch nach oben gehen könnte. Kein Wunder, dass die Stimmung vieler Anleger besser ist als je zuvor.

Gold-Fans, wie Sie und ich, haben ebenfalls allen Grund zur Freude. Zwar ist der Preis zuletzt deutlich gesunken, dennoch hat er seit Jahresanfang um 14 Prozent zugelegt, im Vergleich zu 11 Prozent für den DAX.

Um es klar zu sagen: Einen fundamentalen Grund für den jüngsten Kursrückgang bei Gold gibt es absolut nicht. Es hat daher gar keinen Sinn gemacht, dass die Notierung innerhalb weniger Tage um 100 Dollar je Unze eingebrochen ist.

Für mich gibt es daher nur eine Erklärung: Meiner Meinung nach dürften einige im Sinne der Fed agierenden Banken den Preis künstlich nach unten manipuliert haben, um so den Verfall des Dollar kurz zu kaschieren. Denn ein steigender Goldpreis bedeutet schließlich nichts anderes, als dass der Wert des Dollar sinkt, weshalb man umso mehr Dollar auf den Tisch legen muss, um eine Unze des Edelmetalls zu kaufen.

Ich gehe daher davon aus, dass der Goldpreis sehr schnell in Richtung der Rekordhochs nach oben drehen sollte, denn die fundamentalen Treiber für den Höhenflug des Edelmetalls bleiben bestehen. Schließlich macht die US-Regierung Schulden, als gäbe es kein Morgen. Wegen dieser Dollar-Schwemme verliert der Greenback zügig an Wert, weshalb der Goldpreis deutlich steigt.

Schwache US-Daten dämpfen Inflationssorgen etwas

Einer der wichtigsten Antriebsmotoren für die Aktienmärkte ist meiner Meinung nach die Erwartung vieler Investoren, dass die Fed im September mit einer ersten Zinssenkung beginnen könnte, um die Konjunktur zu stützen.

Schließlich gab es zuletzt eine Serie schwacher US-Daten. So lagen die Verkäufe bestehender Häuser ebenso wie jene neuer Häuser im April unter den Schätzungen der Volkswirte. Je schwächer die Daten sind, umso mehr soll das die Inflation dämpfen.

Dabei haben etliche Daten zuletzt einen zunehmenden Inflationsdruck signalisiert. So waren beim Einkaufsmanagerindex von S&P Global für die US-Wirtschaft, gerade die Preise in der Industrie kräftig gestiegen, weil die Unternehmen die höheren Rohstoffpreise, wie für Metalle, sowie Chemie, Energie und höhere Löhne an ihre Kunden weitergeben.

Dennoch hoffen viele Investoren, dass die Fed innerhalb weniger Monate auf die zunehmend schlechter werdenden Konjunkturdaten reagieren und den Leitzins senken könnte. In dem Umfeld dürften die 10-jährigen US-Anleihen auf Talfahrt sein – und im Gegenzug werden Aktien attraktiver.

Warten auf US-Inflationsdaten

Umso wichtiger werden die US-Inflationsdaten, die am kommenden Freitag, 31. Mai um 14.30 Uhr veröffentlicht werden. Dabei geht es allerdings nicht um die offizielle Inflationsrate, sondern den sogenannten PCE-Preisindex. Er soll im April um 2,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sein und damit gegenüber dem März-Wert stagnieren.

Zudem soll die Kernrate, also der um Nahrungsmittel und Energie bereinigte PCE-Preisindex, im April bei 2,8 Prozent und damit auf dem gleichen Niveau wie im März gelegen haben. Sollten die Zahlen wie erwartet ausfallen, dürfte es keine große Reaktion bei US-Zinsen und Dollar geben, womit die Rekordfahrt an den Aktienmärkten weitergehen sollte.

EZB will Zinsen unbedingt senken

Wenige Stunden vor der Veröffentlichung der US-Inflationsdaten werden um 11 Uhr die Inflationsdaten für die Eurozone veröffentlicht. Die Verbraucherpreise sollen im Mai um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sein, nach 2,4 Prozent für April. Zudem soll die Kernrate im Mai bei 2,7 Prozent stagniert haben.

Wie immer die Zahlen auch ausfallen werden, EZB-Chefin Christine Lagarde und viele ihrer Kollegen haben wiederholt signalisiert, dass sie bei der nächsten Sitzung am 6. Juni die Zinsen senken wollen. Ziel der Übung: die Inflation anheizen! Was sonst?

Dabei hat die EZB zuletzt selbst bekanntgegeben, dass die Löhne in der Eurozone im ersten Quartal 2024 um herbe 4,7 Prozent gestiegen sind, nach 4,5 Prozent für das vierte Quartal 2023. Wie soll vor dem Hintergrund dieser Zahlen die Inflationsrate in den nächsten Monaten auf 2 Prozent zurückgehen? Gar nicht, das wird nicht passieren!

Die EZB treibt dabei immer das gleiche Spiel: bei einem starken Anstieg der Inflation reagiert die EZB mit sehr langer zeitlicher Verzögerung und erhöht die Zinsen nur langsam, um das riesige Schuldenhaus nicht zum Einsturz zu bringen.

Hingegen senkt die EZB die Zinsen bereits, wenn man mit dem Fernglas sehen kann, dass die Inflationsrate möglicherweise innerhalb etlicher Quartale das Inflationsziel der EZB von rund 2 Prozent erreichen könnte.

Zur Erinnerung: Während die Inflation in der Eurozone ab dem Sommer 2021 rasant gestiegen war, und im Juli 2022 horrende 8,9 Prozent erreicht hatte, hat die EZB in dem Monat den Leitzins von minus 0 Prozent auf lediglich 0,5 Prozent angehoben. Sie lesen richtig: von 0 auf 0,5 Prozent!

Welcher Wahnsinn! Eine Inflationsrate von 8,9 Prozent wurde mit einem Leitzins von 0,5 Prozent „bekämpft.“

In den darauffolgenden Monaten und Quartalen lag die Inflationsrate häufig mehr oder minder stark über dem Leitzins, wodurch die Inflation eben nicht bekämpft worden ist. Was kann denn die EZB aus ihrer Sicht besseres tun, als den gewaltigen Staatsschuldenberg durch eine hohe Inflationsrate zu entwerten?

Hohe Inflation entwertet die riesigen Schuldenberge

Und durch die hohe Inflation, die das Bruttoinlandsprodukt stark nach oben treibt, sinkt auch die Verschuldungsquote der Euro-Länder im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung. Und das, obwohl die Schulden immer weiter gestiegen sind!

Zur Erinnerung: Zwar sind die Schulden der Euro-Länder im Laufe des Jahres 2023 um 464,3 Milliarden Euro auf den Rekord von 12,7 Billionen Euro gestiegen. Im gleichen Zeitraum ist allerdings die Verschuldungsquote auf 88,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung per Ende 2023 gesunken, nach 90,8 Prozent für Ende 2022! Da sieht die Verschuldung doch nicht mehr ganz so schlimm aus wie zuvor, oder?

Den Preis für diese katastrophale Politik der EZB bezahlen die Bürgerinnen und Bürger der Eurozone über einen herben Kaufkraftverlust. Eine Besserung ist absolut nicht in Sicht, jedenfalls nicht unter der Ägide von Lagarde, zumal die Südländer weiterhin die Mehrheit der EZB-Posten haben und damit die Politik einer weichen Währung auch in den nächsten Jahren vorantreiben dürften.

Dass das nichts Gutes für Ihre und meine Kaufkraft bedeutet, sollte jedermann klar sein.

Gründe für Zinssenkung sind vorgeschoben

Wie erklärt die EZB dann, dass sie dennoch bereits im Juni die Zinsen senken will? Die Erklärung ist, dass die Inflationsrate im Jahr 2025 auf 2,0 Prozent zurückgehen könnte – und damit das Zwei-Prozent-Ziel erreicht würde -, nach erwarteten 2,3 Prozent für 2024. Das sind jedenfalls die Schätzungen der EZB vor der Sitzung vom 7. März.

Bei der bevorstehenden Sitzung am 6. Juni wird die EZB neue Prognosen zu Inflation und Wirtschaftswachstum veröffentlichen. Vielleicht senkt die EZB die Inflationsprognose für 2024 etwas und hätte damit einen Vorwand die Zinsen zu senken. Das ist für mich ein Vorwand, sonst nichts!

Meiner Meinung nach spielen die Inflationsdaten für die EZB keinerlei Rolle, vielmehr erhöht oder senkt die EZB die Zinsen, je nach ihrem eigenen Gutdünken – und zieht die Argumente hierfür oft genug an den Haaren herbei. Denn die EZB kann logischerweise nicht wissen, wie die Inflationsrate 2025 aussieht.

Ich möchte nur auf ein einziges Risiko hinweisen: einen möglichen Handelskrieg der EU mit China. Welche Folgen das für die Inflation in der Eurozone hätte, wenn man deutlich weniger billige Produkte aus China, wie Solarmodule, importieren würde, kann sich jeder selbst ausmalen.

Und damit zurück zum Goldpreis. Wie ich zahllose Male geschrieben habe, sind die mittel- und langfristigen Aussichten für das Edelmetall besser denn ja. Denn die Dollar- und Euro-Schwemme führen dazu, dass die beiden Fiat-Währungen immer mehr an Wert verlieren, und genau das spiegelt die Rekordfahrt des Goldpreises auf Dollar- und auf Euro-Basis wider.

Und umso mehr Sinn macht es, die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.