Die kräftigen Zinserhöhungen der EZB haben die Konjunktur der Eurozone erheblich belastet. Umso gespannter warten Investoren auf die Sitzung der Notenbank am Donnerstag.
Der Höhenflug an den Aktienmärkten hat zuletzt einen Dämpfer bekommen. Grund war, dass nach den schlechten Nachrichten von Tesla und Netflix der Auftragsfertiger für die Chipindustrie Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) die Umsatzprognose für das laufende Jahr gesenkt hat.
Demnach soll der Umsatz von TSMC im laufenden Jahr um 10 Prozent statt der zuvor geplanten 5 Prozent sinken. Da der Konzern laut Medienberichten praktisch der einzige Lieferant der Prozessoren von Nvidia für den Bereich Künstliche Intelligenz (KI) ist, haben die News von TSMC die ersten Zweifel am KI-Hype geschürt.
Das hat für einen Kursrutsch bei den großen US-Technologieaktien gesorgt, was wiederum den Gesamtmarkt, gemessen am S&P 500, kurz nach unten gerissen hat. Daraufhin ist er allerdings schnell wieder nach oben gedreht.
Ebenso wie der US-Aktienmarkt hat auch der Goldpreis etwas nachgegeben. Grund waren die steigenden Zinsen für zehnjährige US-Anleihen, die den Dollar mit nach oben gezogen haben. Damit hatte die Notierung des Edelmetalls gleich von zwei Seiten Gegenwind.
Verantwortlich für den Zinsanstieg ist die kräftige Schuldenaufnahme der US-Regierung. Sie hat innerhalb weniger Wochen ihren Kassenbestand um rund 500 Mrd. Dollar aufgestockt, also entsprechend kräftig Schulden gemacht. Und da muss man den Investoren eben höhere Zinsen bieten, damit sie das große Anleihevolumen kaufen.
Warten auf Fed-Sitzung
Umso gespannter warten Investoren auf die Fed-Sitzung, deren Ergebnisse am Mittwochabend, 26. Juli um 20 Uhr deutscher Zeit bekanntgegeben werden, um 20.30 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit Fed-Chef Jay Powell. Laut der Einschätzung vieler Investoren dürfte die Fed den Leitzins um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 5,25 bis 5,5 Prozent anheben.
Das ist auf den ersten Blick ein ziemlich hohes Niveau im Vergleich zur offiziellen Inflationsrate, die im Juni auf 3,0 Prozent eingebrochen war. Allerdings orientiert die Fed ihre Politik nicht an der Inflationsrate, sondern an der sogenannten Kernrate des PCE-Preisindex, also dem um Nahrungsmittel und Energie bereinigten PCE-Preisindex. Beim PCE-Preisindex tut man so, dass Verbraucher, wenn zum Beispiels Steaks teurer werden, auf preisgünstigere Hamburger umsteigen.
Der PCE-Preisindex und gerade die Kernrate haben meiner Meinung nach keinen anderen Zweck, als die Inflation künstlich nach unten zu rechnen. Allerdings schwankt die Kernrate diesmal schon seit sechs Monaten nur leicht und lag im Mai bei herben 4,6 Prozent und damit meilenweit über dem Zwei-Prozent-Inflationsziel der Fed.
In der Pressemeldung der Fed und während der -konferenz mit Powell wollen Investoren herausfinden, was die Fed bei der darauffolgenden Sitzung am 20. September machen könnte. Schließlich hatte die Fed angekündigt, die Zinsen bis zum Jahresende auf 5,6 Prozent anheben zu wollen, was also Zinsen von 5,5 bis 5,75 Prozent bedeuten würde.
Ich erwarte, dass die Fed nach der Sitzung am 26. Juli diese Ankündigung bestätigen wird, ansonsten würde es meiner Meinung nach zu einem Kursrutsch nach unten bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kommen, was auch den Dollar mit nach unten ziehen würde. Damit bekäme der Goldpreis gleich von zwei Seiten Rückenwind.
Sollte die Fed hingegen das von mir erwartete Signal bestätigen, könnten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter steigen. Sollte das den Dollar mit nach oben ziehen, würde das die Notierung des Edelmetalls zusätzlich belasten.
Wirtschaft der Eurozone ist schwach
Tags darauf, am Donnerstag, 27. Juli, folgt die Sitzung der EZB. Die kräftigen Zinserhöhungen der EZB haben die Wirtschaft der Eurozone in den vergangenen Monaten zusehends belastet, während gleichzeitig die Inflation weiterhin viel zu hoch ist. Entsprechend steckt die EZB in der Bredouille.
So ist der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für die Eurozone, also Industrie plus Dienstleistungssektor, im Juli von 49,9 auf 48,9 Punkten gesunken, das war ein Acht-Monats-Tief. Damit liegt der Index klar unter der 50er-Marke und signalisiert einen Rückgang der Wirtschaftsleistung – sprich das Barometer schürt Rezessionssorgen!
Gleichzeitig ist die Inflation im Juni auf 5,5 Prozent gesunken, nach 6,1 Prozent für Mai. Hingegen ist die Kernrate leicht gestiegen von 5,3 auf 5,5 Prozent. Das zeigt, dass es weiterhin einen erheblichen Inflationsdruck in der Eurozone gibt.
Viele Investoren gehen daher davon aus, dass die EZB bei der Sitzung am 27. Juli den Einlagenzins um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent anheben und den Leitzins um 25 Basispunkte auf 4,25 Prozent nach oben schrauben wird.
EZB steckt in der Klemme
Das Problem an der Sache: Einerseits würde der Leitzins damit immer noch um 125 Basispunkte unterhalb der Inflationsrate liegen, womit es – im Gegensatz zu den USA – weiterhin einen negativen Realzins in der Eurozone geben würde. Er wird berechnet, wenn man vom Nominalzins die Inflationsrate abzieht. Mit einem negativen Leitzins heizt man zwangsläufig die Inflation an.
Andererseits belasten Zinsen auf dem aktuellen Niveau die Wirtschaft erheblich, gerade viele hochverschuldete Verbraucher und Unternehmen, weshalb die Wirtschaft insgesamt bald in eine Rezession abrutschen dürfte. Sie liegt vor, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale in Folge gegenüber dem Vorquartal schrumpft.
Im ersten Quartal 2023 hatte die Wirtschaftsleistung laut den neuesten Daten stagniert. Am 31. Juli werden die Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt, laut den Schätzungen der Volkswirte soll ein Wachstum um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu Buche stehen. Schauen wir mal, wie die Zahlen tatsächlich ausfallen werden. Mich würden schwächer als erwartete Daten keineswegs überraschen.
Zudem prognostizieren die Volkswirte der EZB für das Gesamtjahr ein Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent. Diesen Ausblick halte ich für reine Makulatur. Sollte die Wirtschaftsleistung beginnen im dritten Quartal zu schrumpfen und der Rückgang im vierten Quartal anhalten, dürfte im Gesamtjahr ein Wirtschaftswachstum von bestenfalls 0,3 Prozent herauskommen. Die aktuelle Prognose der EZB betrachte ich als reine Makulatur, das ist reines Wunschdenken!
Nach der Sitzung am 27. Juli wollen Investoren vor allem wissen, was die EZB bei der darauffolgenden Sitzung am 14. September tun könnte. Meiner Meinung nach wird die EZB sagen, dass sie „datenabhängig“ sei, dass also je nach der Konjunkturentwicklung eine weitere Anhebung der Leitzinsen im September möglich sei.
Wenn sich aber die Serie schwacher Konjunkturdaten fortsetzen sollte, wovon ich fest ausgehe, – und damit die Rezessionssorgen zunehmen, dürften viele Investoren zusehends spekulieren, dass eine mögliche Erhöhung bei der Sitzung am 27. Juli die letzte Erhöhung in diesem Zyklus sein könnte. Das könnte die Zinsen für zehnjährige Anleihen etlicher Euro-Länder einknicken lassen, gerade für Bundesanleihen, was wiederum die US-Zinsen mit nach unten ziehen dürfte. Das sollte den Goldpreis beflügeln.
Kurzfristig dürfte die Fed-Sitzung für Ausschläge bei US-Zinsen und Dollar und damit beim Goldpreis sorgen. Wie die Reaktion auch ausfallen mag, die mittel- und langfristigen Aussichten für das Edelmetall bleiben meiner Meinung nach glänzend. Daher macht es Sinn, die günstigen Preise zu nutzen, um den Bestand an physischem Gold weiter aufzustocken.
Zumal meiner Meinung nach nur ein kleiner Funke fehlt und der Goldpreis schießt in Richtung des Rekordhochs nach oben und anschließend darüber hinaus.