Nachdem sich die EZB lange Zeit geweigert hatte, auf die galoppierende Inflation in der Euro-Zone zu reagieren, hat EZB-Chefin Christine nach der jüngsten Sitzung eine allmähliche Verschärfung der Geldpolitik signalisiert, was die Zinsen nach oben getrieben hat. Für zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den Zinsen diesseits und jenseits des Atlantiks hat der US-Arbeitsmarktbericht gesorgt.

Die immer weiter steigende Inflation in der Euro-Zone zwingt die EZB zum Handeln. Im Januar war die Inflation in der Euro-Zone für viele Experten „überraschend“ auf den Rekord von 5,1 % gestiegen. Die allzeit optimistischen Volkswirte hatten einen Rückgang von 5,0 % für Dezember 2021 auf 4,4 % vorhergesagt. Aber dann ist einmal mehr die unschöne Realität, sprich die breitangelegte Inflation, dazwischengekommen. Für alle, die sich in den vergangenen Monaten mit der galoppierenden Inflation genau beschäftigt hatten, war der erneute Anstieg keineswegs „überraschend.“

Damit war klar, dass die Inflationsprognose der EZB von 4,1 % für das erste Quartal 2022 reine Makulatur ist. Da kein Ende des kräftigen Preisauftriebs – und damit der kräftigen Geldentwertung – in Sicht ist, dürfte die Inflationsrate im ersten Quartal eher bei 5,1 % und mehr liegen. Umso mehr war EZB-Chefin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung vom 3. Februar unter Druck.

Mit ihren Aussagen und der Aussicht auf eine mögliche baldige Verschärfung der Geldpolitik hat Lagarde dafür gesorgt, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar nach oben geschossen ist, sprich der Dollar eingeknickt ist. Im Gegenzug ist der Goldpreis – nachdem er wegen dem vorherigen kräftigen US-Zinsanstieg eingebrochen war – nach oben gedreht. Zuletzt haben die erneuten Börsenturbulenzen an den Aktienmärkten für Rückenwind bei der Notierung des Edelmetalls gesorgt. Mit Kursen von rund 1.825 US-Dollar je Unze klettert der Preis allmählich in Richtung des Sechs-Monats-Hochs vom November 2021 bei knapp über 1.860 US-Dollar.

Lagarde schließt Zinserhöhung für 2022 nicht mehr aus

„Die Inflationsrisiken tendieren zur Oberseite“, sagte Lagarde auf der Pressekonferenz und räumte damit ein, dass die Inflation in den nächsten Monaten deutlich höher sein wird als die Notenbank bislang prognostiziert hatte. Diese Aussage hat ein EZB-Mitglied zum ersten Mal seit etlichen Jahren verwendet. Und Lagarde sagte noch ein paar andere bemerkenswerte Sätze: „Ich kann versichern, dass sich die EZB einstimmig Sorgen um die Inflation macht“, und „Wir kommen unserem (Zwei-Prozent-Inflations)Ziel viel näher.“ Bislang hatte Lagarde immer so getan, als ob die Inflation im Jahr 2024 unter dem durchschnittlichen Zwei-Prozent-Ziel der EZB liegen werde, weshalb die EZB nur ganz langsam aus dem massiven Gelddrucken aussteigen werde.

Zudem wollte Lagarde nun eine mögliche Zinserhöhung für 2022 nicht mehr ausschließen. „Wenn wir im März neue Daten haben, sind wir in einer Position, um zu einer gründlichen Einschätzung zu kommen“, so die EZB-Chefin. Allerdings betonte sie, dass die Anleihekäufe, die nach den bisherigen Planungen mindestens bis Ende 2022 laufen sollen, erst auslaufen müssten, ehe die EZB die Zinsen anheben werde. Nach der Pressekonferenz gab es Gerüchte, dass die EZB die Anleihekäufe bereits im September auslaufen lassen könnte und dann eine erste Zinserhöhung um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) durchführen könnte.

Gleichzeitig sind am Markt Zinsanhebungen um 50 Basispunkte bis Ende 2022 eingepreist. Auf die allmähliche Kehrtwende der EZB haben Investoren rasch reagiert und kräftig Anleihen etlicher Euro-Länder verkauft, woraufhin die Zinsen nach oben geschossen sind. Denn nachdem die massiven Käufe der EZB in den vergangenen Jahren die Zinsen für hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien, Frankreich und Portugal auf irrwitzig niedrige Niveaus gedrückt hatten, bedeutet ein mögliches baldiges Ende der Käufe durch die EZB, dass ein wichtiger Käufer für die Papiere wegbricht, woraufhin die Kurse einknicken und im Gegenzug die Zinsen kräftig steigen. Genau das ist am Tag der EZB-Sitzung und an den darauffolgenden bei den Zinsen für zehnjährige italienische, französische, spanische und griechische Anleihen passiert, während die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen bis auf 0,27 % geklettert sind. Das ist das höchste Niveau seit Dezember 2018.

US-Arbeitsmarktbericht treibt US-Zinsen nach oben

Gut weggesteckt hat der Goldpreis die anhaltend kräftig steigenden US-Zinsen, wobei der US-Arbeitsmarktbericht, der am Freitag 4. Februar veröffentlicht worden ist, für neuen Aufwärtsdruck bei den Zinsen gesorgt hatte. Während Volkswirte prognostiziert hatten, dass die US-Wirtschaft im Januar die Folgen der Omikron-Pandemie zu spüren bekommen hätten, hätten laut der Vorhersage der Volkswirte nur 150.000 Jobs geschaffen worden sein sollen. Nach den Zahlen des Arbeitsministeriums waren es aber herbe 467.000 gewesen, was auf einen florierenden Arbeitsmarkt hindeuten würde.

Allerdings sind die obigen nur die saisonal bereinigten Zahlen. Die nicht saisonal bereinigten Zahlen, also die tatsächlichen, zeigen hingegen einen Abbau der Jobs um 2,8 Mio. an. Das ist nichts Ungewöhnliches, das hat es in den vergangenen 20 Jahren häufig gegeben, dass im Januar derartig viele Jobs abgebaut worden sind. Dennoch gibt es eine massive Diskrepanz zu den offiziell ausgewiesenen 467.000, die die Medien wie üblich euphorisch gefeiert haben.

Zahlen werden drastisch revidiert

Und noch etwas sollten Sie zum US-Arbeitsmarktbericht wissen: das Ministerium hat aufgrund einer neuen Bevölkerungsschätzung die Zahlen zu den geschaffenen Jobs für die Monate Januar bis Dezember 2021 teilweise massiv revidiert, für etliche Monate um jeweils ein paar Hunderttausend nach unten, für andere Monate um ein paar Hunderttausend nach oben.

So sind die Zahlen für Juni und Juli, als das Ministerium ursprünglich jeweils einen boomenden Arbeitsmarkt gemeldet hatte, um insgesamt mehr als 800.000 nach unten korrigiert werden. Im Gegenzug sind die Zahlen für die Monate November und Dezember, die eigentlich unter den Folgen der Pandemie hätten leiden sollen, um insgesamt 709.000 nach oben korrigiert worden. Und da will mir noch jemand erzählen, dass man die Daten des US-Arbeitsmarktberichts Ernst nehmen müsse. Solche Daten kann ich schon lange nicht mehr Ernst nehmen!

Hätte es keine Revision der Daten gegeben, wären laut dem Ministerium im Januar 272.000 Jobs abgebaut worden, anstatt dass es einen Aufbau um 467.000 gegeben hätte. Ein Abbau um 272.000 Jobs spiegelt meiner Meinung nach die schwache Lage der US-Wirtschaft klar wider, zumal auch etliche Berater von US-Präsident Joe Biden und einiger Fed-Mitglieder vor schwachen Arbeitsmarktdaten gewarnt hatten.

Allerdings sind die Stundenlöhne um 5,7 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen (Volkswirte hatten 5,2 % prognostiziert), was die Inflationssorgen der Investoren zusätzlich geschürt und damit die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen noch weiter nach oben getrieben hat. Mit knapp unter zwei Prozent liegen die Zinsen damit auf dem höchsten Niveau seit August 2019!

Gold steigt trotz steigender US-Zinsen

Das bedeutet immer mehr Gegenwind für den US-Aktienmarkt und damit die größte Blase aller Zeiten bei S&P500 und Nasdaq. Je höher die Zinsen steigen sollten, umso mehr sollten die US-Aktien unter Druck kommen und sich der Kursrückgang ausweiten. In einem derartigen Umfeld sollte Gold als sicherer Hafen zunehmend gefragt sein und damit weiter nach oben klettern.

Neben dem Zinsanstieg in den USA haben wir auch einen Zinsanstieg in der Euro-Zone und vielen anderen Ländern, also praktisch einen weltweiten Anstieg. Damit droht nicht nur das Platzen der Aktienblase,  gerade auch beim DAX, vielmehr wird das viele hochverschuldete Volkswirtschaften, wie jene der USA, massiv belasten und bald zu Turbulenzen am US-Häusermarkt führen. Der Kurseinbruch der US-Hausbaufirmen, wie D.R. Horton, Pulte und Lennar spricht Bände. Umso wichtiger ist es die Zeit zu nutzen, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken, dürfte es doch einer der wenigen Gewinner der heraufziehenden Wirtschaftskrise in den USA sein.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.