Nach dem massiven Gelddrucken der EZB in den vergangenen 10 Jahren, sollte das Ergebnis der 18 Monate andauernden Strategieprüfung niemanden überraschen. Für Sparer, Verbraucher, Mieter und potenzielle Immobilienkäufer sind das einmal mehr katastrophale Nachrichten.

Langsam aber sicher erholt sich der Goldpreis und versucht sich über der Marke von 1.800 US-Dollar je Unze zu halten. Für Rückenwind hat in der vergangenen Woche der Einbruch der US-Zinsen gesorgt. Während viele Experten wegen der rasant steigenden Inflationsraten und der angeblich boomenden US-Wirtschaft seit Monaten von steigenden Zinsen reden, sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen seit Monaten auf Talfahrt und waren am vergangenen Donnerstag, am 8. Juli, sogar bis auf 1,25 Prozent eingebrochen, ehe sie sich etwas erholt haben. Damit liegen die Zinsen in der Nähe des Fünf-Monats-Tiefs. Glücklicherweise sind all jene „Experten“ verstummt, die immer behaupteten, steigende Zinsen würden die „Stärke der US-Wirtschaft“ widerspiegeln.

Für die Talfahrt der US-Zinsen ist vor allem die Aussicht verantwortlich, dass die Regierung von Joe Biden die Wirtschaft im kommenden Jahr durch das geplante Infrastrukturprogramm viel weniger ankurbeln wird als durch zwei Konjunkturprogramme in diesem Jahr (im Volumen von insgesamt 2,8 Billionen US-Dollar). Hinzu kommt eine Serie schwacher US-Konjunkturdaten, wie zuletzt vom US-Arbeitsmarkt. Das können Sie im Beitrag „Nach starkem US-Arbeitsmarktbericht brechen Zinsen auf Vier-Monats-Tief ein“ nachlesen.

Für zusätzlichen Abwärtsdruck bei den Zinsen dürfte gesorgt haben, dass Spekulanten kräftig US-Staatsanleihen gekauft haben, woraufhin die Zinsen eingebrochen sind. Denn die Spekulanten hatten zuvor kräftig auf sinkende Kurse – sprich steigende Zinsen – gewettet. Ging  es aber entgegen der Erwartung mit den Kursen nach , mussten sich die Spekulanten eindecken, um ihre Verluste zu begrenzen, und haben so die Zinsen noch weiter in den Keller getrieben.

Realzins ist so niedrig wie seit 1980 nicht mehr

In dem Umfeld ist der Realzins weiter gesunken. Dabei zieht man von den nominellen Zinsen für zehnjährige US-Anleihen von zuletzt 1,36 Prozent die Inflationsrate von 5,0 Prozent ab, womit der Realzins bei minus 3,64 Prozent liegt – das ist das niedrigste Niveau seit 1980. So „stark“ ist die US-Wirtschaft, dass der Realzins auf dem tiefsten Niveau seit 41 Jahren liegt!

Umso gespannter warten Investoren auf Dienstag, den 13. Juli, wenn die neuesten Inflationsdaten veröffentlicht werden. Laut dem Konsens der Volkswirte soll die Inflationsrate im Juni mit 5,0 Prozent auf dem gleichen Niveau wie im Mai liegen, das war das höchste Niveau seit August 2008. Das ist das Ergebnis des gewaltigen Schuldenniveaus der Regierung von US-Präsident Joe Biden und des massiven Gelddruckens der Fed, wobei sie für netto 120 Mrd. US-Dollar pro Monat Staats- und Hypothekenanleihen kauft.

Die Folge: Die Geldmenge M2 ist im Mai um 13,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr nach oben geschossen. Da wird einem schnell klar, warum die offizielle Inflationsrate bei 5,0 Prozent liegt. Etliche Experten sind hingegen der Überzeugung, dass die tatsächliche Rate eher in der Größenordnung von 8 bis 9 Prozent liegen dürfte – und genau dieser Meinung bin ich auch.

EZB gibt Ergebnis der Strategieüberprüfung bekannt

Am 8. Juli hat nun die EZB die Ergebnisse ihrer Strategieüberprüfung veröffentlicht. Nachdem die EZB bislang ein Inflationsziel von „unter, aber nahe zwei Prozent“ hatte, peilt die Notenbank nun „2 Prozent“ an. Gleichzeitig soll das Ziel künftig „symmetrisch“ sein und „mittelfristig“ erreicht werden. „Nach Auffassung des EZB-Rats kann Preisstabilität am besten gewährleistet werden, wenn mittelfristig ein Inflationsziel von 2 % angestrebt wird. Dieses Ziel ist symmetrisch, d. h. negative Abweichungen von diesem Zielwert sind ebenso unerwünscht wie positive“, schreibt die EZB in ihrer Pressemeldung.

„Symmetrisch“ bedeutet, dass die EZB, wenn die Inflation eine Weile unter dem künftigen 2-Prozent-Ziel liegt, die Inflation stärker anheizt und zulässt, dass sie über einen längeren Zeitraum über dem Ziel liegt, um so das angepeilte Durchschnittsniveau zu erreichen. Im Klartext: Die EZB will künftig die Inflation noch stärker anheizen, als es die EZB mit ihren massiven Anleihenkäufe und den Einlagenzins von minus 0,5 Prozent ohnehin tut.

Der Irrsinn bei der Übung: die EZB setzt „Preisstabilität“ mit einer Inflation von „2 Prozent“ gleich. Letzteres ist aber alles andere als Preisstabilität. Eine Inflation von 2 Prozent bedeutet, dass die Preise innerhalb von 10 Jahren – mit Zins- und Zinseszins gerechnet – um 21,9 Prozent nach oben schießen. Oder anders ausgedrückt: Die Kaufkraft des Euro sinkt um 18 Prozent, woraufhin die Verbraucher künftig für die gleichen Güter und Dienstleistungen 21,9 Prozent mehr auf den Tisch legen müssen als vorher. Wenn das kein wünschenswertes Ziel für Verbraucher und Sparer ist, was dann?

EZB schwenkt auf verheerenden Weg der Fed ein

Mit den Ergebnissen schwenkt die EZB auf den katastrophalen Weg der Fed ein, wie ich bereits damals vorhergesagt hatte. Fed-Chef Jay Powell hate am 27. August 2020 auf dem virtuellen Notenbankertreffen das Ergebnis der Strategieprüfung der Fed bekanntgegeben. Damals hatte ich Folgendes geschrieben, was Sie in dem Beitrag „Goldpreis klettert trotz kräftig steigender US-Zinsen in Richtung Rekordhoch“ nachlesen können:

„Grund für die Börsenturbulenzen war Powells Ankündigung eines „Average Inflation Targeting“ (AIT), also der Einführung eines „Ziels für eine durchschnittliche Inflation“ von 2 Prozent. Demnach strebt die Fed eine Inflationsrate an, die im Laufe der Zeit 2 Prozent erreichen soll. Nachdem die Rate in den vergangenen Jahren wiederholt unter der Marke von 2 Prozent gelegen hatte, will die US-Notenbank also für einen ungenannten Zeitraum eine Inflation von mehr als 2 Prozent zulassen, sprich die Inflation durch die Geldpolitik entsprechend anheizen.

Die Märkte haben Powells Signal sehr gut verstanden, bedeutet es doch, dass die Fed selbst bei möglicherweise kräftig steigender Inflation wohl auf Jahre hinaus die Zinsen nicht anheben dürfte. Dabei hat Powell absichtlich nicht angekündigt, wann die Fed jemals wieder einen Zinsschritt nach oben machen könnte. Verständlicherweise, kann doch die hochverschuldete US-Wirtschaft selbst kleinste Zinserhöhungen nicht verkraften. Meine damaligen Worte: „´Unsere Entscheidungen über die angemessene Geldpolitik werden weiterhin von einer breiten Spanne von Überlegungen getragen und nicht von irgendeiner Formel diktiert`, versuchte Powell den wahren Grund zu verschleiern“.

Warten auf die nächste EZB-Sitzung

Nach den neuesten Aussagen von EZB-Chefin Christine Lagarde erwarte ich eine spannende Sitzung am 22. Juli. Ich gehe davon aus, dass Lagarde dann neue Maßnahmen ankündigen wird, um die „Verpflichtung“ der Notenbank gegenüber ihrer neuen Strategie zu untermauern. Dann könnte die EZB offen sagen, dass es bis zum Sankt Nimmerleinstag keine Zinserhöhung geben wird – sprich auf Sicht von mindestens 5 Jahren – und zudem Änderungen bei den massiven Anleihenkäufen der EZB ankündigen, damit die Wirtschaft auch weiterhin „kräftig unterstützt“ wird.

Im Klartext: Falls das Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP im März 2022 tatsächlich auslaufen sollte, wird ein anderes bestehendes Programm (APP) kräftig aufgestockt, oder ein neues aufgelegt, damit die EZB weiterhin für „günstige Finanzierungsbedingungen“ sorgen kann. Dass es genau so kommen würde, habe ich in den vergangenen Monaten zahllose Male gesagt und geschrieben.

Kurz und knapp: Zwischen der neuen Strategie der EZB und jener der Fed gibt es praktisch kaum einen Unterschied. Die weltweit führenden Notenbanken finanzieren trotz gegenteiliger Beteuerungen mit billionenschweren Anleihenkaufprogrammen einen wichtigen Teil der Staatsausgaben mit der Notenpresse und halten damit das Schuldenniveau der jeweiligen Länder beziehungsweise Regionen am Laufen. Ohne diese Programme würden die Zinsen nach oben schießen, woraufhin die gigantischen Schuldenhäuser schnell kollabieren würden.

EZB treibt Mieten und Häuserpreise in die Stratosphäre

Mit der gewaltigen Geldschwemme heizen die Notenbanken zudem die Inflation kräftig an und machen so die enormen Schuldenberge weiterhin tragbar. Die Folgen dieser miserablen Politik können Sie und ich, die Sparer, Verbraucher, Mieter und die potenziellen Haus- und Wohnungskäufer jeden Tag beobachten. Viele Preise steigen kräftig, wie für Lebensmittel oder für Energie. Gleichzeitig schießen die Preise für Häuser und Wohnungen nach oben, woraufhin die Mieten rasant steigen.

Wie bereits gesagt und geschrieben , gibt es aus dieser Politik der Fed und EZB keine Umkehr, weshalb die beide Notenbanken keinerlei Ausstiegsszenario veröffentlicht haben und auch nicht werden – für Lagarde wird es immer zu früh sein für einen Ausstieg. Weil durch diese Politik die Schuldenberge immer größer werden, müssen die Notenbanken die Zinsen anschließend noch weiter in den Keller drücken, womit es in der Euro-Zone noch mehr Strafzinsen geben wird als bislang ohnehin schon. Das sind die bitteren Aussichten.

Umso wichtiger ist, sich gegen die rasant zunehmende Entwertung der Fiat-Währungen Euro und US-Dollar zu schützen. Es macht absolut keinen Sinn, dass der Goldpreis mit rund 1.800 US-Dollar um rund 5 Prozent unter dem Stand von Ende 2020 notiert, während die US-Geldmenge M2 seit damals um horrende 1,2 Billionen US-Dollar auf den Rekord von 20,4 Billionen nach oben geschossen ist. Daher sollte es sich lohnen, die meiner Meinung nach sehr günstigen Goldpreise zu nutzen, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.