Nachdem die Fed signalisiert hat, dass sie schon bald mit der ersten Zinserhöhung beginnen will, überschlagen sich Analysten mit Prognosen zur Zahl der möglichen Erhöhungen für das Jahr 2022. Im Gegensatz dazu will EZB-Chefin weiterhin kaum etwas gegen die hohe Inflation in der Euro-Zone unternehmen, was weiterhin enorme Kaufkraftverluste bedeutet.

Das Top-Thema an den Börsen ist zweifellos der kräftige US-Zinsanstieg, der für eine Berg- und Talfahrt bei S&P500 und DAX gesorgt hat. Der US-Zinsanstieg hat sich nach der Veröffentlichung des Fed-Protokolls am 5. Januar beschleunigt. Das können Sie in dem Beitrag „Kräftiger US-Zinsanstieg lässt Goldpreis einbrechen“ nachlesen.

Die Folge: Die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sind innerhalb von 2 Wochen um 30 Basispunkte (0,3 Prozentpunkte) nach oben geschossen. Das bedeutet rechnerisch einen Zinssprung um 60 Basispunkte pro Monat – eine enorme Bewegung! Würde der Trend anhalten, würden die Zinsen innerhalb von 3 Monaten um 1,8 Prozentpunkte nach oben schießen und sich damit gegenüber dem aktuellen Niveau von knapp 1,8 % verdoppeln. Dass das fraglos einen Crash bei S&P500 und DAX auslösen würde, sollte niemanden überraschen.

Umso bemerkenswerter ist es, dass sich der Goldpreis zuletzt auf rund 1.820 US-Dollar je Unze erholt hat und damit in die Nähe des höchsten Niveaus seit 21. November 2011 geklettert ist. Für Rückenwind hat der etwas schwächere US-Dollar gesorgt. So ist der US-Dollar Index trotz der kräftig gestiegenen US-Zinsen in die Nähe des niedrigsten Niveaus seit 18. November gesunken. Der US-Dollar Index bildet die Entwicklung des US-Dollars gegenüber sechs wichtigen Währungen, gerade dem Euro, ab.

Verantwortlich für den etwas schwächeren US-Dollar sind meiner Meinung nach die Nachrichten zu Omikron, demnach die Variante häufig milde verläuft. Dadurch nehmen die Konjunktursorgen der Investoren etwas ab, woraufhin sie Geld aus dem „sicheren Hafen“ US-Dollar in andere Währungen umschichten.

Prognose für US-Zinserhöhungen schießen ins Kraut

In dem Umfeld gehen Investoren inzwischen davon aus, dass die Fed bereits bei der übernächsten Sitzung am 16. März eine erste Zinserhöhung ankündigen dürfte. Gleichzeitig überschlagen sich die Analysten der Banken mit Prognosen, wie viele US-Zinserhöhungen es in dem diesem Jahr insgesamt geben könnte. Die Finanzprofis von Goldman Sachs sagen seit kurzem ebenso wie deren Kollegen von der Deutschen Bank vier Zinserhöhungen vorher.

Ich halte es allerdings für extrem unwahrscheinlich, dass diese Vorhersagen Realität werden könnten. Schließlich hat die US-Privatwirtschaft, also Verbraucher und Unternehmen, jeweils viel mehr Schulden als je zuvor. Da kann jeder noch so kleine Zinsanstieg das Kartenhaus zum Einsturz bringen. Zumal die US-Wirtschaft in diesem Jahr im Gegensatz zu 2020 und 2021 nicht durch ein, beziehungsweise zwei Billionenschwere Konjunkturprogramme angekurbelt wird, und damit deutlich schwächer ist als in den Vorjahren, während die Konjunktur diesmal zusätzlich durch die galoppierende Inflation gedämpft wird. Bei stark steigenden Preisen kaufen Konsumenten und Unternehmen weniger Güter und Dienstleistungen – einfache Sache!

Wenn die Fed in dem Umfeld durch Zinserhöhungen noch einen Einbruch am Aktienmarkt auslösen würde, wäre die Wirtschaft schneller in einer Rezession, als ich bis drei zählen kann. Ich gehe daher davon aus, dass es allerhöchstens zwei Zinserhöhungen im Laufe des Jahres geben dürfte. Die Betonung liegt auf „allerhöchstens.“ Je näher die Zinserhöhungen rücken sollten, und je mehr Fed-Chef Jay Powell davon fabulieren sollte, dass er mit weiteren Erhöhungen weitermachen will und später sogar Anleihen aus dem Billionenschweren Bestand verkaufen will, umso schneller sollte es zu einem Kurseinbruch beim S&P500 kommen und umso größer sollte er werden.

Lagarde legt nur ein Lippenbekenntnis ab

Während die Fed mit dem für Mitte März geplanten Ende des Gelddruckens und möglichen Zinserhöhungen die Inflation etwas bekämpfen will, liefert EZB-Chefin Christine Lagarde weiterhin nur Lippenbekenntnisse. Zwar hat die EZB bei der Sitzung im Dezember eine leichte Änderung der Geldpolitik angekündigt, dennoch bleibt sie extrem locker. Das können Sie in dem Beitrag „EZB hält sich beim Rückzug die Hintertür ganz weit offen“ nachlesen.

„Wir verstehen, dass steigende Preise für viele Menschen ein Grund zur Sorge sind, und wir nehmen diese Sorge nicht auf die leichte Schulter, sondern sehr ernst“, sagte Lagarde am 11. Januar bei der Verabschiedung des ehemaligen Bundesbankpräsidenten und EZB-Ratsmitglieds Jens Weidmann. Die Menschen könnten darauf vertrauen, dass sich die EZB unbeirrt für Preisstabilität einsetzen werde.

Welche Farce!  Wenn für die EZB Preisstabilität auch nur die geringste Rolle spielen würde, dann hätte die EZB ihr Gelddruckprogramm längst eingestellt und die Zinsen angehoben. Schließlich ist die Inflation in der Euro-Zone im November auf 5,0 % gestiegen – ein 30-Jahres-Hoch! In Deutschland waren es sogar 5,3 %.

Das einzige was für die EZB eine Rolle spielt, sind extrem niedrige Zinsen für hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland. Trotz gegenteiliger Beteuerungen macht die EZB nichts anderes als die Staatsschulden mit der Notenpresse zu finanzieren! Das ist eigentlich verboten, aber das stört die EZB in keinster Weise. Gleichzeitig entwertet die EZB mit der von ihr verursachten hohen Inflation die Schulden.

Enormer Kaufkraftverlust

Hingegen warnt der neue Präsident der Bundesbank, Joachim Nagel, vor der hohen Inflation. „Richtig ist, dass die hohen Raten auch auf Sondereffekte zurückzuführen sind, die automatisch auslaufen. Aber nicht nur“, so Nagel. „Zwar könnten die Preise auch weniger steigen, als in den Prognosen veranschlagt wird. Allerdings sehe ich derzeit eine Gefahr, dass die Inflationsrate länger erhöht bleiben könnte als gegenwärtig erwartet.“

Wie massiv die Kaufkraftverluste aufgrund der hohen Inflation sind, hat der Wirtschaftsweise Volker Wieland zuletzt vorgerechnet. „Für 2022 geht sie (die EZB) jetzt von 3,2 Prozent (Inflation) aus, zuvor waren es lediglich 1,7 Prozent. Eine derart hohe Korrektur gab es noch nie“, sagte Wieland. Ihr Nichtstun kann die EZB nur damit begründen, dass sie das Ziel einer durchschnittlichen Inflation von zwei Prozent hat und da schaut Lagarde einfach auf die Prognose für 2023, die bei „nur“ 1,8 % liegt, und schon können Lagarde und ihre Kollegen, die Hände in den Schoss legen und nichts tun – und damit die Inflation weiter anheizen, Wahnsinn!

„Laut Bundesbank hatten die Deutschen zuletzt Bargeld und Bankeinlagen von gut 2,6 Billionen Euro angehäuft. Bei einer Inflationsrate von zuletzt 5,3 % hieße das, dass sie zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021 also grob gerechnet 135 Mrd. an Kaufkraft eingebüßt haben“, sagte Wieland. Da möchte man glatt hinzufügen: Angenommen die Inflationsrate für Deutschland würde 2022 ebenso hoch sein wie die EZB für die Euro-Zone (3,2 %) vorhersagt, dann bedeutet das einen weiteren Kaufkraftverlust von 83,2 Mrd. Euro für die Deutschen. Je mehr die Summe an Bargeld und Bankeinlagen steigen würde, umso größer wäre der Kaufkraftverlust. Und umso wichtiger ist es, sich dagegen mit physischem Gold zu schützen.

Trotz des US-Zinssprungs hat sich der Goldpreis gut gehalten. Meiner Meinung nach sollte er weiter nach oben drehen, zumal wenn der US-Dollar trotz weiter steigender Zinsen schwächeln sollte. Gleichzeitig könnte bei neuen Turbulenzen am US-Aktienmarkt – sprich wenn die größte Blase aller Zeiten beim S&P500 endlich platzen sollte – Gold als sicherer Hafen plötzlich gefragt sein. Jetzt ist die Zeit, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.