Die EZB hat auf ihrer Sitzung neue Maßnahmen angekündigt. Während das erwartet worden war, hat die massive Kritik des Bundesrechnungshofs am 750 Mrd. Euro schweren EU-Wiederaufbaufonds für umso größeres Aufsehen gesorgt. Nun warten Anleger gespannt auf die Fed-Sitzung am Mittwoch.

Es kam wie erwartet: Nachdem die Zinsen in der Eurozone in den vergangenen Monaten vom kräftigen Zinsanstieg in den USA deutlich mit nach oben gezogen worden waren und verschiedene EZB-Mitglieder daraufhin verbal interveniert hatten, um die Zinsen nach unten zu reden, hat die EZB bei der Sitzung am 11. März den Worten Taten folgen lassen. Die Notenbank hat angekündigt, „dass die Ankäufe im Rahmen des PEPP während des nächsten Quartals deutlich umfangreicher ausfallen werden als während der ersten Monate dieses Jahres.“

Trotz der Ankündigung der EZB hat der Goldpreis nach der vorherigen Erholung etwas nachgegeben, weil die Rekordfahrt bei S&P 500 und DAX weitergegangen ist. Wozu braucht man in dem Umfeld schon Gold, könnte sich mancher Investor gefragt haben.

Die EZB hat im Rahmen des Pandemie-Notfallaufkaufprogramms PEPP zwischen Ende November 2020 und Ende Februar 2021 für 171,7 Mrd. Euro Anleihen erworben, wodurch der Bestand Ende Februar bei 870,1 Euro lag. Das waren Käufe von durchschnittlich „nur“ 57,2 Mrd. Euro in den vergangenen drei Monaten. Keine Ahnung, warum die EZB bis zum Start des nächsten Monats braucht, um die Käufe kräftig aufzustocken. Es würde mich nicht wundern, wenn es schnell in Richtung 80 oder 100 Mrd. Euro pro Monat gehen würde, um die Zinsen kräftig nach unten zu drücken.

EZB hält Schuldensause in hochverschuldeten Ländern am Laufen

Das Ziel der Übung sollte jedermann klar sein und genau das haben die Anleihemärkte auch widergespiegelt. So waren nach der Ankündigung der EZB die Zinsen für zehnjährige italienische Anleihen kurz um 7 Basispunkte (0,07 Prozentpunkte) auf 0,58 % eingebrochen und lagen damit um lediglich 12 Basispunkte über dem Rekordtief vom 11. Februar (0,46 %), ehe die Zinsen für italienische Anleihen im Zuge des US-Zinsanstiegs wieder nach oben gedreht sind.

EZB-Chefin Christine Lagarde hat davon fabuliert, dass die Notenbank sicherstellen müsse, dass es weiterhin „günstige Finanzierungsbedingungen“ gäbe. Gemeint ist, dass die Zinsen für die hochverschuldeten Länder, wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland, in der Nähe des Rekordtiefs bleiben oder sogar auf neue sinken sollen, damit die Schuldensause in den Ländern ungehindert weitergehen kann und sie trotz hoher Schuldenberge keinerlei Reformen machen müssen.

Ob der Plan der EZB allerdings aufgeht, wird vor allem von der Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch, den 17. März 2021, abhängen (dazu gleich mehr). Wenn die Fed mit ihren möglichen Maßnahmen Investoren nicht überzeugen sollte und der kräftige Zinsanstieg in den USA weitergehen sollte, was auch die Zinsen in der Eurozone zwangsläufig mit nach oben ziehen würde, müsste die EZB umso mehr Anleihen kaufen, um den Zinsanstieg zu dämpfen.

Bundesrechnungshof kritisiert EU-Wiederaufbaufonds scharf

Weil sich viele hochverschuldete Länder, allen voran Italien, schwertun, selbst noch viel mehr Schulden aufzunehmen, hat die EU eine „Lösung“ gefunden: den 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds, davon werden 390 Mrd. als Zuschüsse vergeben und 360 Mrd. als Kredite. Der Bundesrechnungshof ist von dem Fonds allerdings alles andere als begeistert.

„Der EU-Wiederaufbaufonds organisiert schuldenfinanzierte Transfers zwischen den Mitgliedstaaten. Er etabliert zudem eine Haftung, bei der die Mitgliedstaaten gegenseitig für Verbindlichkeiten einstehen. Faktisch handelt es sich um eine Vergemeinschaftung von Schulden und Haftung – eine Zäsur. Für den Bundeshaushalt birgt das erhebliche Risiken,“ sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Zuleitung eines Sonderberichts zu den möglichen Auswirkungen der gemeinschaftlichen Kreditaufnahme der Europäischen Union auf den Bundeshaushalt an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung.

„Die finanziellen Auswirkungen werden bis weit in die nächste Generation zu spüren sein. Über ihre künftigen Beiträge zum EU-Haushalt haften die Mitgliedstaaten für 750 Milliarden Euro neue Schulden. Diese sollen über 30 Jahre getilgt werden. Offen ist aber, wer wann welchen Beitrag leistet … Und: die Fiskalregeln finden auf diese Schulden keine Anwendung. So eröffnet die Konstruktion einen Weg, die Fiskalregeln zu umgehen. Dies verringert den Anreiz zur eigenverantwortlichen Vorsorge und schwächt die Haushaltsdisziplin. Das alles muss der Gesetzgeber bei seiner Willensbildung im Blick haben, wenn er in den nächsten Wochen über dieses Kriseninstrument berät“, so der Bundesrechnungshof.

Auf deutsche Steuerzahler kommen gigantische Risiken zu

„… mehr als die Hälfte dieser Schulden – 390 Milliarden Euro – werden nicht unmittelbar von den Empfängern, sondern über den EU-Haushalt getilgt. Als Garantie für alle Schulden des Wiederaufbaufonds steht der EU-Haushalt. Damit haften die Mitgliedstaaten hierfür gemeinschaftlich über ihre künftigen Beiträge zum EU-Haushalt. Für den Bundeshaushalt birgt der Wiederaufbaufonds so erhebliche Risiken“, schrieben die Experten des Bundesrechnungshofs.

Im Klartext: Der Fonds ist der endgültige und unwiderrufliche Einstieg in die Schuldengemeinschaft, womit gerade auf die deutschen Steuerzahler enorme Risiken zukommen. Immer mehr Schulden bedeuten allerdings, dass die EZB immer mehr Geld drucken muss, um die Zinsen unten zu halten oder sie noch weiter in den Keller zu drücken, womit es noch mehr Strafzinsen geben würde. Damit entwertet die EZB die Fiat-Währung Euro immer schneller. Umso wichtiger ist es, mittel- und langfristig einen ordentlichen Bestand an physischem Gold zu besitzen.

„Die EU sichert die Schulden des Wiederaufbaufonds mit ihrem Haushalt ab. Um die Bonität zu gewährleisten, wird die sogenannte „Eigenmittelobergrenze“ erhöht. Das führt zu einem enormen Garantievolumen von mindestens 4 000 Milliarden Euro: fünfmal höher als das Volumen des Wiederaufbaufonds selbst. Eine Garantie in diesem Umfang ist nicht erforderlich; beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) wurden 40 % als ausreichend erachtet. Dieser Spielraum könnte Begehrlichkeiten wecken, Spekulationen über eine Verstetigung der Verschuldung befeuern und dazu verleiten, den Tilgungsbeginn hinauszuzögern. Der Bundesrechnungshof empfiehlt, das Garantievolumen deutlich zurückzuführen.

US-Inflation wird schnell auf mehr als 3 % steigen

Nun warten Investoren auf die Fed-Sitzung am Mittwoch. Weil Investoren Sorge haben, dass die US-Inflation in den nächsten Monaten kräftig steigen dürfte, sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben geschossen und liegen mit 1,63 % in der Nähe des 14-Monats-Hoch. So war im Februar die Inflation auf 1,7 % gestiegen – das war das höchste Niveau seit Februar 2020 –, gegenüber 1,4 % für Januar 2021. Das Arbeitsministerium, dass die Inflationsdaten veröffentlicht, machte keinerlei Hehl daran, dass sie die tatsächliche Inflation nicht annähernd widerspiegeln dürften. Es hat offen zugegeben, dass viele Preise geschätzt sind, weil viele Dienstleistungen gar nicht angeboten werden würden und es damit keine Marktpreise gibt.

Das Problem ist, dass der Verbraucherpreisindex nach dem Anstieg der vergangenen Monate nun schon um 2,8 % über dem Niveau vom Mai 2020 liegt, als die Preise wegen der Pandemie eingebrochen waren. Da der Index in den nächsten Monaten weiter steigen dürfte, dürfte die Inflationsrate schon im April auf 3,0 % steigen und laut den Schätzungen von Experten im Mai/ Juni auf mehr als 3,5 % klettern und möglicherweise sogar die Marke von 4 % kratzen. Kein Wunder, dass Investoren aus zehnjährigen Anleihen mit einem Zins von lediglich 1,63 % flüchten, woraufhin die Zinsen immer weiter steigen. Zumal die Regierung begonnen hat, die Schecks von jeweils 1.400 US-Dollar je Erwachsenen und Kind aus dem 1,9 Billionen US-Dollar schweren Konjunkturprogramm zu verschicken, womit die Inflation weiter angeheizt wird.

Gespanntes Warten auf Fed-Sitzung

Einen weiteren deutlichen Zinsanstieg muss die Fed allerdings unter allen Umständen verhindern, würden doch nachhaltig kräftig steigende Zinsen zu einem Kollaps am Aktien- und Immobilienmarkt führen, nachdem in den vergangenen Jahren die auf immer neue Rekordtiefs gesunkenen Zinsen die Aktien- und Immobilienpreise in die Stratosphäre getrieben haben. Daher muss meiner Meinung nach Fed-Chef Jay Powell bei der Sitzung am kommenden Mittwoch unmissverständlich klar machen, dass die Fed alles in ihrer Macht stehende tun wird, um einen weiteren kräftigen Zinsanstieg zu verhindern, und die Zinsen eher wieder nach unten zu drücken.

Das kann er beispielsweise über eine sogenannte „Operation Twist“ verrichten, wie sie die Fed bereits zwischen September 2011 und Dezember 2012 durchgeführt hatte. Damals hatte die Fed kurzlaufende Anleihen verkauft und im Gegenzug langlaufende gekauft, um deren Zinsen nach unten zu drücken. Daraufhin waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen gesunken, woraufhin die Schuldensause bei privaten Haushalten und Unternehmen weitergegangen war – sind doch die Zinsen für viele Kredite, wie für Hypotheken, an die Zinsen zehnjähriger US-Anleihen gekoppelt.

Oder die Fed kündigt eine Steuerung der Zinsstrukturkurve an, sprich dass die Fed die Zinsen zehnjähriger Anleihen beispielsweise bei höchstens 1,5 % oder sogar 1,0 % halten wird und dazu noch viel mehr Anleihen kaufen würde als bislang ohnehin schon. Sinn all dieser Übungen ist immer der gleiche: Die Zinsen für Kredite an private Haushalte und Unternehmen sollen so niedrig wie irgend möglich sein, um die Schuldensause am Laufen zu halten, denn sie ist ein wichtiger Faktor beim „Wachstum“ der US-Wirtschaft.

Gigantische Schuldensause

Ich habe wiederholt gesagt und geschrieben, dass das Wachstum der US-Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten einzig und allein auf einer gewaltigen Schuldensause bei Staat, Unternehmen und privaten Haushalten beruht hat. So sind die Schulden der Regierung in Washington im vierten Quartal 2020 um mehr als 800 Mrd. US-Dollar explodiert. Im gleichen Quartal sind zudem die Schulden der privaten Haushalte um 264,5 Mrd. US-Dollar nach oben geschossen. Abgesehen von diesen zwei Zahlen ist die US-Wirtschaft in einem „Top-Zustand.“

Ich werde mir die Ergebnisse der Fed-Sitzung genau anschauen. Sollte Powell den Investoren nicht unmissverständlich klar machen können, dass die Fed die Zinsen im Zaum halten wird, dürften sie weiter nach oben schießen, woraufhin die Turbulenzen bei S&P 500 und DAX zurückkehren könnten. Falls Powell die Anleger allerdings überzeugen sollte und die Zinsen eine deutliche Kehrtwende nach unten einlegen sollten, sollte sich der Goldpreis spürbar erholen. Zumal ein gedämpfter US-Zinsausblick auch für erneuten Abwärtsdruck auf den US-Dollar sorgen könnte, womit der Goldpreis von einer zweiten Seite Rückenwind bekäme.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.