Die Börsenparty läuft auf Hochtouren. Der S&P500 ist bis auf ein Prozent an das Rekordhoch von Ende September herangeklettert, der DAX ist auf Sechs-Monats-Hochs gestiegen. Im Gegenzug ist der Goldpreis in die Nähe des Drei-Monats-Tiefs gesunken. Für Rückenwind am weltweiten Aktienmarkt haben zuletzt ein paar Daten aus China gesorgt. Sie schüren bei Investoren die Hoffnung, dass es der chinesischen Wirtschaft und der Weltwirtschaft etwas besser gehen könnte als bislang befürchtet. Deswegen greifen Investoren kräftig bei Aktien zu und ignorieren dabei, dass gerade US-Aktien sehr hoch bewertet sind.

So waren die Exporte Chinas im März mit 21,3 Prozent viel stärker gestiegen als Volkswirte vorhergesagt hatten. Das deutet für viele Investoren auf eine Belebung der Weltwirtschaft hin. Im gleichen Monat lag das Volumen neuer Kredite in China mit 1,69 Billionen Renminbi (252,1 Mrd. Dollar) deutlich über den Erwartungen der Analysten. Anleger gehen davon aus, dass eine derart starke Schuldensause die Konjunktur merklich ankurbelt.

Nach der Bekanntgabe der chinesischen Daten zum Außenhandel und zum Kreditvolumen sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kräftig gestiegen, weil eine Belebung der chinesischen Wirtschaft auch die US-Wirtschaft beflügeln würde. Wer braucht in dem Umfeld schon Gold, könnte sich mancher Investor fragen.

Fed beginnt mit der Lockerung der Geldpolitik

Meine Antwort: Jene Anleger, die sich von der größten Blase aller Zeiten am weltweiten Aktienmarkt nicht verwirren lassen, weil sie hauptsächlich auf dem extrem billigen Geld der weltweiten Notenbanken beruht. Die dramatische Kehrtwende, die die US-Notenbank in den vergangenen Monaten vollzogen hat, deutet für mich darauf hin, dass die US-Wirtschaft auf dem Weg in eine Rezession sein dürfte.

Dafür will sich Fed-Chef Jay Powell allerdings nicht verantwortlich machen lassen, nachdem US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Quartalen die Fed wiederholt scharf für die vorherigen Zinserhöhungen angegriffen hat. Deswegen halbiert die Fed die Verkäufe von Staatsanleihen ab Mai auf 15 Mrd. Dollar pro Monat und beginnt damit mit einer Lockerung der Geldpolitik. Offensichtlich droht der laut vielen Experten angeblich so starken US-Wirtschaft bei Leitzinsen von lediglich 2,25 bis 2,5 Prozent das Abrutschen in eine Rezession.

EZB denkt über dramatischen Politikschwenk nach

Von einem derartigen Zinsniveau wie in den USA können die Sparer in Deutschland allerdings nicht einmal träumen. In der Eurozone liegen die Leitzinsen seit März 2016 bei Null Prozent und dort werden sie auch noch sehr lange bleiben.

Darauf deuten die Aussagen von EZB-Chef Mario Draghi auf der Pressekonferenz nach der Sitzung vom 10. April hin. Dort hat er sich recht aufgeschlossen für den Vorschlag des Chefs der finnischen Notenbank Olli Rehn gezeigt, zu einer Strategie der temporären Preisniveausteuerung überzugehen.

Was bedeutet das? Angenommen die Inflation läge in der Eurozone einige Jahre lang im Schnitt deutlich unter dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB. Dann würde sie die Zinsen erst dann anheben, wenn die Inflation einige Jahre lang deutlich über dem Ziel liegen würde. Die Folgen dieses möglichen Politikschwenks wären dramatisch.

Mindestens fünf Jahre lang keine Zinserhöhung

„Die Nullzinspolitik würde also deutlich länger beibehalten als bei der gegenwärtigen Strategie der Inflationssteuerung… Der Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung könnte sich schnell um fünf Jahre verzögern“, schrieb Jörg Krämer, Chefvolkswirt bei der Commerzbank.

Bislang hat die EZB gesagt, dass die Zinsen „mindestens bis Ende 2019“ auf dem aktuell extrem niedrigen Niveau bleiben werden. Bei einem Strategieschwenk könnte die erste Zinserhöhung frühestens 2024 oder 2025 kommen – oder wahrscheinlich noch viel später, wenn die offizielle Inflationsrate in den nächsten Jahren nicht kräftig steigen sollte. Dass die tatsächliche Inflation – siehe den starken Anstieg der Mieten und Häuserpreise – viel höher ist als die offiziell ausgewiesene, sei nur am Rande erwähnt.

Wie will die EZB aber in zwei, drei oder fünf Jahren die Zinsen anheben, wenn in der Zwischenzeit viele Staaten, sowie Unternehmen wegen der Null- und Strafzinsen der EZB noch viel mehr Schulden machen als ohnehin schon, woraufhin sie nicht nur nominell, sondern auch im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung noch weiter steigen.

Damit wäre die Wirtschaft der Eurozone noch anfälliger für Zinserhöhungen als ohnehin schon. Damit wird Draghis Nachfolger, der im November das Ruder übernehmen wird, alles tun, um Zinserhöhungen trotz möglicherweise deutlich steigender Inflation zu verhindern.

Gold schützt gegen den Irrwitz der Notenbanken

Umso wichtiger ist der Besitz von Gold. Es sollte mittel- und langfristig einen hervorragenden Schutz gegen den Irrwitz der US-Notenbank und der EZB bieten. Zwar könnte der Goldpreis kurzfristig bis zur 200-Tage-Linie, die knapp über 1.250 Dollar je Unze liegt, sinken. Allerdings könnte er schneller Rückenwind bekommen, als viele Investoren erwarten.

Immerhin sieht es so aus, dass der Dollar Index, der die Kursentwicklung des Dollar gegenüber sechs wichtigen Währungen (vor allem dem Euro), einen Höhepunkt gebildet hat und allmählich nach unten dreht. Wenn sich die Perspektiven für die Weltwirtschaft aufhellen, schichten Investoren Geld aus der Fluchtwährung Dollar in andere Währungen um, woraufhin er den Rückwärtsgang einlegt. Das stützt die Notierung des Edelmetalls.

Zudem könnten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach der zwischenzeitlichen Erholung jederzeit nach unten drehen, gerade wenn die schwachen US-Konjunkturdaten anhalten sollten. Davon gehe ich weiterhin fest aus.

Damit bliebe nur noch ein Belastungsfaktor für den Goldpreis: Der S&P500 und in dessen Fahrwasser der weltweite Aktienmarkt. Entgegen der Hoffnung vieler Investoren könnte die Party plötzlich zu Ende gehen, weil beispielsweise Trump einen Handelskrieg mit der EU anzetteln und jederzeit Strafzölle auf in Europa hergestellte Fahrzeuge verhängen könnte, was gerade die deutsche Autoindustrie schwer treffen würde. Der Internationale Währungsfonds (IWF) glaubt, dass Strafzölle auf Autos schlimmere Folgen für den Welthandel haben könnten als der derzeitige Handelskrieg zwischen den USA und China.

Trotz der Rekordfahrt am weltweiten Aktienmarkt ist es daher weiterhin enorm wichtig, einen gewissen Anteil seines Finanzvermögens in physischem Gold zu halten. Sie sollten daher die Zeit nutzen, um Ihre Bestände weiter aufzustocken. Gerade zu Ostern eignet sich ein kleiner Barren hervorragend als Geschenk. Ich wünsche Ihnen Frohe Ostern.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.