Mit Null- und Strafzinsen hat die EZB in den vergangenen Jahren die Wirtschaft der Euro-Zone am Laufen gehalten. Nun ist allerdings die nächste Krise im Anmarsch. Damit wird die nächste Zinserhöhung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.

EZB-Chef Mario Draghi ist schwer in der Defensive: Auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung vom 24. Januar hat er einmal mehr betont, dass eine Rezession in der Euro-Zone unwahrscheinlich sei. Allerdings hat er eingeräumt, dass sich die Konjunkturrisiken abwärts „bewegt haben“, woraufhin der Euro in die Nähe des 19-Monats-Tiefs gegenüber dem Dollar eingebrochen ist. Trotz des deutlichen Anstiegs des Greenbacks hat der Goldpreis allerdings nur minimal nachgegeben und liegt weiterhin in der Nähe des Sieben-Monats-Hochs.

Das Problem ist, dass Draghi nicht sagen kann, dass eine Rezession in der Euro-Zone heraufzieht. Denn das würde die ohnehin erheblich schwächelnde Weltwirtschaft weiter belasten, woraufhin der Aktienmarkt in der Euro-Zone, gerade der DAX, einbrechen würde. Dabei knickt eine Konjunkturzahl nach der anderen aus einzelnen Ländern der Euro-Zone und der Euro-Zone insgesamt ein und schürt damit die Sorge vor einem zunehmend wahrscheinlichen Wirtschaftsabschwung. Belastungsfaktoren sind neben dem Handelskrieg zwischen den USA und China – der viele exportabhängige Länder wie Deutschland stark belastet – auch die Konjunkturabkühlung in den USA, gerade wegen des Government Shutdowns und die Sorge vor einem ungeregelten Brexit

Deutschlands Industrie sendet starke Warnsignale

Zuletzt ist der Einkaufsmanagerindex für die Industrie Deutschlands, den die englische Research Firma IHS Markit veröffentlicht, auf 49,9 Punkte gesunken, das ist ein 50-Monats-Tief. Da Werte unterhalb der 50er-Marke ein Schrumpfen des Sektors andeuten, ist die hiesige Industrie praktisch am Rande der Stagnation. Wenn kein Wunder geschieht, wird sie im nächsten Monat endgültig in einen Abschwung abrutschen.

„Dass die Industrie im Januar Wachstumseinbußen zu verzeichnen hatte, lag vor allem am abermals rückläufigen Auftragseingang, der das höchste Minus seit 2012 auswies. Die Krise im Automobilsektor und die nachlassende Nachfrage aus China gaben dafür nach einhelliger Meinung eines Großteils der Befragten den Ausschlag“, sagte Phil Smith, Volkswirt bei IHS Markit. Da die Industrie üblicherweise ein hervorragender Frühindikator für die Gesamtwirtschaft ist, bedeutet das nichts Gutes für die hiesige Konjunktur. Ich wäre überhaupt nicht überrascht, wenn man ab dem Frühjahr verstärkt das Wort „Kurzarbeit“ hören würde.

Wirtschaft der Euro-Zone zeigt starke Bremsspuren

Die Konjunkturschwäche hat längst nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Euro-Zone erfasst. So ist der Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Euro-Zone auf 50,5 Punkte eingeknickt. „Der vierte Auftragsrückgang in der Industrie fiel so stark aus wie zuletzt im April 2013“, schrieben die Analysten von IHS Markit.

Inklusive des Dienstleistungssektors ist der Einkaufsmanagerindex mit 50,7 Punkten auf das niedrigste Niveau seit Juli 2013 zurückgegangen. Damit klopft die Rezession praktisch schon an die Tür. „Dass der Abschwung auf breiter Basis stattfand, zeigen die annähernde Stagnation bei der Industrieproduktion und beim Geschäftswachstum im Servicesektor. Die anhaltende Krise des Automobilsektors, Sorgen wegen des Brexit, Handelsstreitigkeiten und die Proteste in Frankreich bremsten im Januar erneut die Konjunktur“, sagte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei IHS Markt.

„Sorgen bereitet den Unternehmen, dass sich der Konjunkturabschwung beschleunigt und dass die gestiegene politische und wirtschaftliche Unsicherheit in zunehmendem Maße der Risikobereitschaft und der Nachfrage schaden“, so der Experte.

Zinsen für Bundesanleihen sind auf dem Weg zu den Rekordtiefs

Und was machen Investoren in dem Umfeld? Sie kaufen weiter kräftig italienische, spanische und portugiesische Staatsanleihen, weil die Investoren darauf setzen, dass die EZB im Notfall wieder die Geldschleusen öffnet – Wahnsinn, oder?  Gleichzeitig sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen auf 0,17 Prozent kollabiert, damit nähern sie sich rapide dem Rekordtief von minus 0,2 Prozent vom Juli 2016. Das spricht Bände.

Andere Investoren wiederum haben DAX-Aktien erworben. Wieso? Weil sich wegen des sinkenden Euro angeblich die Perspektiven für die exportabhängigen deutschen Unternehmen verbessern sollen. Aber der Euro fällt doch gerade deswegen, weil sich die Aussichten für die hiesigen Unternehmen von Tag zu Tag verschlechtern. Da macht der Kauf von DAX-Aktien kaum Sinn, oder?

Was allerdings umso mehr Sinn macht ist der Kauf von Gold. Draghi wird der erste Chef der EZB sein, der niemals die Zinsen anheben wird – das habe ich schon häufig betont. In der Euro-Zone wird es keine Zinserhöhungen geben, solange das Auge reicht. Dafür dürfte die Talfahrt des Euro weitergehen. Um sich dagegen zu schützen, dürfte es kaum etwas Besseres geben als Gold.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.