Der Wahlsieg von Donald Trump war das entscheidende Thema an den Börsen, nun rückt aber plötzlich ein anderes stark in den Vordergrund.

Die Schere zwischen S&P 500 und DAX geht zusehends auseinander. Während der US-Index nach einem kurzen Rücksetzer wieder nach oben gedreht ist und in Erwartung einer guten Konjunkturentwicklung unter dem designierten US-Präsidenten Donald Trump in Richtung des Rekordhochs läuft, ist der DAX in die Nähe des Zwei-Monats-Tiefs gesunken.

Die Belastungsfaktoren für den DAX sind hinlänglich bekannt, von der Krise in der Autoindustrie, über die schwache Konjunktur in Deutschland bis hin zur Sorge vor möglichen Strafzöllen von Trump auf europäische Produkte.

Zuletzt ist ein weiterer Faktor hinzugekommen, die Eskalation des Ukraine-Kriegs. So hat die Ukraine am Dienstagvormittag mit sechs US-Langstreckenraketen ein Munitionsdepot in Westrussland angegriffen. Dabei hatte der russische Präsident Wladimir Putin für ein derartiges Szenario mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Je nachdem wie sich die Lage weiter entwickelt, könnte das unabsehbare Folgen haben – das macht mir Kopfzerbrechen.

Auf die Nachricht über den Angriff hatte der Goldpreis zuerst etwas zugelegt, weil das Edelmetall als sicherer Hafen gefragt war. Als sich aber in den darauffolgenden Stunden die Lage an den Aktien-, Anleihen- und Währungsmärkten wieder beruhigt hat, hat sich auch jene bei der Notierung des Edelmetalls beruhigt und es ist auf eine kleine Berg- und Talfahrt gegangen. Aktuell notiert der Preis bei rund 2.620 Dollar je Unze, das entspricht einem Anstieg um stattliche 27,5 Prozent seit Jahresanfang.

US-Zinsen und Dollar im Auge behalten

Umso wichtiger ist es, wie es mit den US-Zinsen und dem Dollar kurzfristig weitergehen könnte. Zuletzt waren die US-Inflationsdaten wie erwartet ausgefallen und haben damit angezeigt, dass es noch deutlichen Inflationsdruck in den USA gibt. So war die Inflationsrate im Oktober auf 2,6 Prozent gestiegen, nach 2,4 Prozent für September. Zudem stagnierte die Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, bei 3,3 Prozent.

Fed-Chef Jay Powell hat daraufhin mit seinen Aussagen für Turbulenzen an den Aktienmärkten und beim Goldpreis gesorgt. Die Inflation sei auf „einem holprigen Pfad“ und die Fed sei „nicht in Eile“, die Zinsen zu senken. „Wenn die (Konjunktur-)Daten es uns erlauben langsamer vorzugehen, scheint das der richtige Weg zu sein“, sagte Powell. Wenn die Inflationsdaten also langsamer zurückgehen würden als erwartet, könnte die Fed also langsamer die Zinsen senken als die Fed signalisiert hatte.

Powell scheint damit zu versuchen, langsamer von der Bremse herunterzugehen als erwartet. Nachdem er und seine Kollegen bei der Sitzung am 18. September überraschend den Leitzins um 50 Basispunkte gesenkt hatten, folgte am 7. November, also einen Tag, nachdem sich der klare Wahlsieg Trumps abzeichnete, eine weitere Senkung um 25 Basispunkte auf 4,50 bis 4,75 Prozent.

Bei der Sitzung im September hatte die Fed zudem Zinssenkungen bis auf 4,25 bis 4,50 Prozent per Ende 2024 in Aussicht gestellt, sowie einen Rückgang auf nurmehr 3,25 bis 3,50 Prozent per Ende 2025. Nach Trumps Wahlsieg scheint es die Fed mit Zinssenkungen aber plötzlich nicht mehr so eilig zu haben. Das bestätigt mich einmal mehr in meiner Einschätzung, dass die Fed – entgegen andauernder Beteuerungen ihrer Mitglieder – politisch ist.

Sollte die Fed in den nächsten Quartalen die Zinsen nicht so stark senken wie signalisiert, würde das weniger Rückenwind für die US-Wirtschaft und damit den dortigen Aktienmarkt, aber auch für den Goldpreis bedeuten. Ich gehe jedoch weiterhin davon aus, dass Trump in den nächsten Monaten massiven Druck auf Fed-Chef Powell ausüben wird, damit die Fed mit ihren Zinssenkungen schleunigst weitermacht. Das sollte für neuen Auftrieb beim Goldpreis sorgen.

Warten auf wichtige Konjunkturdaten

Kurzfristig ist es bei den US-Konjunkturdaten ziemlich ruhig. Am Donnerstag wird um 14.30 Uhr der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia veröffentlicht, er ist üblicherweise einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft insgesamt.

Volkswirte sagen für November einen deutlichen Rückgang von 10,3 auf 7,0 Punkte vorher. Mich würde es allerdings nicht überraschen, wenn der Index wegen der Trump-Euphorie nach oben schießen würde. Allerdings dürfte das die US-Zinsen und den Dollar nach oben treiben, was für Gegenwind beim Goldpreis sorgen würde.

Am Freitagfrüh um 9.30 Uhr veröffentlicht S&P Global die Einkaufsmanagerindizes für die deutsche Industrie und den Dienstleistungssektor, um 10 Uhr folgen jene für die Eurozone. Mich würde es nicht überraschen, wenn sowohl jene für die hiesige Industrie als auch jene der Eurozone wegen der Sorge vor Trumps möglichen Strafzöllen auf europäische Produkte weiter unter Druck wären.

Um 15.45 Uhr folgen dann die Indizes von S&P Global für US-Industrie und den dortigen Dienstleistungssektor. Volkswirte sagen für das Industriebarometer einen leichten Anstieg auf 48,8 Punkte vorher. Das bedeutet, dass die Schwäche in dem Sektor nicht mehr so groß wäre wie bislang, bedeuten doch Werte unterhalb der 50er-Marke einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. Ich gehe allerdings davon aus, dass dieser Indikator entgegen den Erwartungen deutlich zulegen könnte. Schauen wir mal, was passiert.

Je nachdem wie es mit US-Zinsen und Dollar, sowie gerade dem Ukraine-Krieg in den nächsten Tagen weitergehen sollte, könnte das für Ausschläge beim Goldpreis sorgen. Ich bleibe allerdings überzeugt, dass die mittel- und langfristigen Aussichten für das Edelmetall besser sind denn je. Denn in einem Umfeld hoher Inflation in den USA und der Eurozone, während gleichzeitig Fed und EZB auf Zinssenkungskurs sein dürften, sollte die Notierung des Edelmetalls deutlich zulegen. Daher sollte es sich lohnen, die aktuellen Preise zu nutzen, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.