An den weltweiten Börsen herrscht Jubelstimmung, hingegen hat der Goldpreis gegenüber den Sechs-Jahres-Hochs etwas nachgegeben. Allerdings dürfte die Notierung des Edelmetalls schon bald den Höhenflug fortsetzen. Dazu trägt nicht zuletzt die EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag, den 12.09.2019 bei.

Die Stimmung vieler Anleger hat sich in den vergangenen Wochen stark verbessert. Nachdem der DAX noch Mitte August in die Nähe des Sechs-Monats-Tiefs eingeknickt war, ist er zuletzt deutlich nach oben geschossen und nähert sich mit Kursen von rund 12.200 Punkten dem 52-Wochen-Hoch von Anfang Juli bei rund 12.650 Punkten. Der S&P500 ist sogar bis auf 1,5 Prozent an das Rekordhoch herangeklettert.

Hingegen hat der Goldpreis bis auf rund 1.500 Dollar je Unze nachgegeben. Damit liegt er allerdings um lediglich drei Prozent unter dem Sechs-Jahres-Hoch. Der Kursrückgang dürfte zudem einmal mehr eine hervorragende Kaufgelegenheit sein, sollte sich das ohnehin prächtige Umfeld für das Edelmetall weiterhin verbessern.

Hoffnung auf Deeskalation im Handelskrieg treibt Aktienmärkte nach oben

Für die Zuversicht der Investoren am Aktienmarkt hatten zuletzt vor allem zwei Faktoren gesorgt. Zuerst gab es Meldungen, dass sich die USA und China Anfang Oktober in Washington zur Fortsetzung der Verhandlungen im Handelskrieg treffen würden. Dabei ist die Nachricht alles andere als positiv, sind doch die Gespräche von September auf Oktober verschoben worden. Das war allerdings den Algorithmen – 60 bis 70 Prozent des Aktienhandels läuft über Algorithmen, sprich Computerprogramme – völlig egal, sie haben dennoch Aktien gekauft, woraufhin DAX und S&P500 nach oben geschossen sind.

Die Hoffnungen auf eine Lösung im Handelskrieg sind meiner Meinung nach allerdings völlig unbegründet, denn die neuen Gespräche werden einmal mehr nur eine Show-Veranstaltung sein. Der chinesische Präsident Xi Jinping kann dem Drängen des US-Präsidenten Donald Trump nicht nachgeben, während Letzterer die Aussicht auf die Gespräche nutzen will, um den S&P500 auf neue Rekordhochs zu treiben.

Schlussendlich wird es aber keine Lösung des Handelskriegs geben, auch nicht in den kommenden Jahren, weil Trump zuletzt ganz offen gesagt hat, dass es nicht um das gigantische US-Handelsdefizit der USA gegenüber China von rund 420 Mrd. Dollar pro Jahr geht, sondern weil Trump den Aufstieg Chinas zur größten Technologie- und Wirtschaftsnation unter allen Umständen verhindern will. Vor dem Hintergrund macht der jüngste Anstieg des DAX und des S&P500 keinen Sinn.

China senkt Mindestreservesätze

Zusätzlich beflügelt wurden die weltweiten Aktienmärkte von der Nachricht, dass China zum 16. September die Mindestreservesätze für alle Banken um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) senken wird. Einige Banken werden die Sätze zusätzlich am 15. Oktober und 15. November um insgesamt 100 Basispunkte reduzieren. Die Folge: Das sorgt für eine Liquidität von insgesamt rund 900 Mrd. Renminbi (126 Mrd. Dollar), die die Banken zur Kreditvergabe einsetzen sollen.

Das Problem allerdings ist, dass diese zusätzliche Liquidität die deutlich schwächelnde Konjunktur in China kaum ankurbeln dürfte, weil im Umfeld eines anhaltenden Handelskriegs die Unternehmen keine zusätzlichen Investitionen tätigen werden, weshalb die neuen Maßnahmen verpuffen dürften. Für mich ist die erneute Senkung der Mindestreserve daher vielmehr ein starkes Warnsignal, dass die bisherigen Maßnahmen nicht funktioniert haben.

Schwache US-Wirtschaft schwappt auf den Arbeitsmarkt über

Eine anhaltend schwache Konjunktur in China dürfte daher die US-Wirtschaft weiterhin deutlich belasten, weshalb das Risiko einer Rezession in den USA weiter steigt. Zuletzt war der Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie von 51,2 Punkte auf 49,1 Punkte eingebrochen, das ist der niedrigste Wert seit Januar 2016. Damit liegt der Index unter der 50er-Marke und signalisiert damit ein Schrumpfen des Sektors. Besonders besorgniserregend ist, dass die Komponente mit den Auftragseingängen auf 47,2 Punkte kollabiert ist, und damit eine Beschleunigung des Abwärtstrends in dem Sektor andeutet.

Die Schwäche des Industriesektors ist längst auf den Dienstleistungssektor und damit auf den Arbeitsmarkt übergeschwappt. So sind im August lediglich 130.000 Jobs geschaffen worden, das lag deutlich unter den Vorhersagen der Volkswirte von 160.000. Abzüglich der Stellen, die der Staat geschaffen hat, hat die Privatwirtschaft nur 96.000 Arbeitsplätze geschaffen – das war der viertniedrigste Wert in den vergangenen drei Jahren.

Nach der Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts am vergangenen Freitag, den 06.09.2019, sind die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen auf 1,56 Prozent eingebrochen, damit liegen sie nur noch rund 20 Basispunkte über dem Rekordtief vom Juli 2016. Das spricht Bände über die Aussichten der US-Wirtschaft.

Kein Wunder, dass Trump – der bei jeder Gelegenheit behauptet, dass die Wirtschaft in der besten Verfassung aller Zeiten sei – immer mehr Druck auf Fed-Chef Jay Powell ausübt, damit er kurzfristig die Leitzinsen um herbe 100 Basispunkte senkt. Für viele Investoren ist es ausgemachte Sache, dass die Fed bei der nächsten Sitzung am 18. September die Zinsen um 25 Basispunkte reduzieren wird, der nächste Schritt um 25 Basispunkte soll bei der übernächsten Sitzung am 30. Oktober folgen.

Umso besser wird allerdings das ohnehin prächtige Umfeld für Gold. Das Volumen der weltweiten Anleihen mit Strafzinsen ist zuletzt auf umgerechnet 15,6 Billionen Dollar gesunken. Kräftige Zinssenkungen in den USA dürften allerdings die Zinsen weltweit noch weiter nach unten drücken, womit das Anleihevolumen mit Strafzinsen auf immer neue Rekordhochs steigen dürfte. Umso attraktiver wird der Besitz von physischem Gold, weil man damit Strafzinsen umgehen kann.

Draghi drückt die Strafzinsen noch weiter nach unten

Da kann EZB-Chef Mario Draghi nicht tatenlos zusehen, zumal die Wirtschaft der Eurozone ebenfalls auf eine Rezession zusteuern dürfte. Viele Investoren gehen davon aus, dass er bei der nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag die Einlagezinsen für die Banken um 10 Basispunkte auf das Rekordtief von minus 0,5 Prozent senken wird – welcher Irrwitz! Die Banken müssen damit immer mehr Strafzinsen für das bei der EZB geparkte Geld zahlen, was die Institute immer mehr unter Druck setzt, die Strafzinsen allmählich an die Kunden weiterzugeben.

Gleichzeitig dürfte die EZB am Donnerstag ein neues QE-Gelddruckprogramm ankündigen. Etliche Investoren spekulieren, ob es 30 oder 40 Mrd. Euro pro Monat sein werden. Wer Draghis Politik schon länger verfolgt, muss allerdings befürchten, dass es eher 50 Mrd. oder mehr sein könnten.

Damit wächst immer mehr das Risiko, dass auch Privatkunden schon bald Strafzinsen zahlen werden. Die Politik der EZB hat damit nur einen einzigen Sinn: Die Sparer immer härter zu bestrafen, um es den Schuldnern zu ermöglichen, noch viel mehr Schulden zu machen – welche Perversion unseres Wirtschaftssystems!

Der jüngste Kursrückgang des Goldpreises sollte nur von sehr kurzer Dauer sein. Während die EZB die Strafzinsen bald noch tiefer in den Keller drücken und immer mehr Geld drucken dürfte, dürfte die Fed einen massiven Zinssenkungszyklus starten. Umso wichtiger ist es, sich gegen den Irrwitz der Notenbanker zu schützen und die eigenen Goldbestände weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.