Nach dem deutlichen Kursanstieg der vergangenen Tage bei weltweiten Bankaktien und am Aktienmarkt insgesamt könnte man glatt glauben, dass die Krise gelöst ist. Ich fürchte allerdings, dass sie das keineswegs ist. Umso wichtiger ist die Fed-Sitzung am Mittwochabend.

Die Partystimmung ist an die Aktienmärkte zurückgekehrt, oder sollte ich besser sagen der Leichtsinn ist an die Aktienmärkte zurückgekehrt? Zuletzt ist der DAX auf mehr als 15.200 Punkte gestiegen, während der Nasdaq Composite Index mit den US-Technologieaktien nach oben geschossen ist und sich auch der S&P 500 deutlich erholt hat.

In dem Umfeld haben etliche Investoren Gold verkauft, zumal auch die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen gestiegen sind, womit das Edelmetall Gegenwind hatte. Offenbar sind viele Investoren der Überzeugung, dass sie im Umfeld einer Rally an den Aktienmärkten kein Gold brauchen. Ich fürchte, das ist sehr kurzsichtig gedacht.

Für Rückenwind an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks hat die Notrettung der schwer angeschlagenen Credit Suisse (CS) durch die UBS gesorgt. Allerdings gab es ein Problem bei dem Deal: Dabei sind die sogenannten Additional Tier1-Anleihen (AT1) der CS von 16 Mrd. Schweizer Franken auf Null abgeschrieben worden, die Besitzer dieser Papiere verlieren also ihr gesamtes Geld.

Diese AT1-Anleihen, auch bekannt als Contingent Convertible Bonds, oder CoCos sind nachrangige Anleihen, die dem Eigenkapital der Banken zugerechnet werden, und allen anderen Verbindlichkeiten der Institute nachgeordnet sind. In Krisenzeiten werden diese Anleihen – der Markt in Europa ist rund 275 Mrd. Dollar schwer –  in Aktien umgewandelt, oder eben abgeschrieben.

EZB beruhigt die Lage

Nach dem Bekanntwerden dieses Details der Transaktion waren die AT1-Anleihen vieler anderer europäischer Banken eingebrochen, weil Investoren befürchtet hatten, dass es ihnen bei einer drohenden Pleite eines Instituts ähnlich ergehen konnte. Daher ist die EZB am Montag, 20. März eingeschritten und hat gesagt, dass es in der Eurozone genau umgekehrt laufen würde. Zuerst würden die Aktienbesitzer zur Kasse gebeten, also ihr Geld verlieren und erst danach würden die Besitzer von AT1-Anleihen herangezogen.

Die Folge: Die Kurse der AT1-Anleihen vieler Institute haben sich daraufhin deutlich erholt, was gleichzeitig auch die Aktien der jeweiligen Banken nach oben getrieben hat, nicht nur in Europa auch in den USA. Und das wiederum hat die Party an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks angeheizt. Die Bankenkrise ist gelöst und man kann wieder kräftig spekulieren, haben sich offenbar viele Investoren gedacht.

Kann der Staat sämtliche US-Bankeinlagen garantieren?

Bei all der guten Stimmung scheinen viele Investoren die Bankenkrise in den USA zu vergessen, dabei schwelt sie weiterhin und ist keineswegs gelöst. Das liegt an mehreren Faktoren. So sind die Einlagen bei kleinen und mittleren Banken weiterhin nur bis 250.000 pro Kunde garantiert. Sollten die Einlagen größer sein, droht nach derzeitigem Stand im Fall einer Bankenpleite ein herber Verlust. Das verunsichert viele Kunden und diejenigen, die kein Risiko eingehen wollen, transferieren ihre Kohle sicherheitshalber zu den großen Banken, womit der Druck auf die kleinen zunimmt.

Laut Presseberichten arbeiten die Regulierungsbehörden daher an einer möglichen Lösung. Wie kann sie aber denn aussehen? Wenn die Lösung so leicht wäre, hätte die Regierung von Joe Biden und seiner Finanzministerin Janet Yellen längst etwas angekündigt, oder?

Das Problem: Die Bankeinlagen in den USA belaufen sich auf herbe 17,56 Billionen Dollar. Hingegen verfügt die Einlagensicherung FDIC nur über finanzielle Mittel von mickrigen 128,2 Mrd. Dollar – das sind „Peanuts“. Zudem kann die FDIC Kredite von 100 Mrd. Dollar vom Finanzministerium bekommen, bei Zustimmung von Finanzministerium und Fed kann sich das auf 500 Mrd. Dollar summieren.

Wie will der Staat damit die gesamten Bankeinlagen in den USA von 17,56 Billionen Dollar garantieren? Das kann der Staat nicht, das geht schlicht und einfach rechnerisch nicht. Die einzige „Lösung“ des Problems ist wie immer, dass die Fed im Zweifelsfall – wie schon während der Corona-Pandemie – Billionen von Dollar druckt, und schon ist das Problem „gelöst.“ Auf dieses Szenario verlassen sich all die Investoren, die wieder kräftig an den Börsen zocken.

US-Bankensektor hängt stark an den kleinen und mittleren Instituten

Allerdings muss es möglichst schnell eine Lösung geben, damit die Einlagen bei den kleinen und mittleren US-Banken sicher sind – scheinbar sicher sind, muss ich richtigerweise sagen. Denn laut Goldman Sachs stehen die kleinen und mittleren Institute für 50 Prozent aller Unternehmenskredite in den USA, 45 Prozent aller Konsumentenkredite und für 80 Prozent aller Kredite im Bereich Büro- und Gewerbeimmobilien. Ohne die Regionalbanken kann also das US-Finanzsystem kaum funktionieren.

Und dann gibt es noch ein weiteres, „kleines“ Problem. Die Kredite im Bereich Büro- und Gewerbeimmobilien belaufen sich in den USA auf horrende 2,9 Billionen Dollar, weil es praktisch überall Malls und Einkaufszentren gibt und auch einen großen Bestand an Büroimmobilien. Wenn die Verbraucher wegen der hohen Inflation und der Konjunkturschwäche aber immer weniger in den Malls einkaufen und gleichzeitig wegen des Home Offices viele Büroimmobilien leer stehen, dann fällt es vielen dieser Kreditnehmer immer schwerer ihre Kredite zu bedienen, womit das Risiko, dass es mehr faule Kredite in dem Bereich gibst, stark zunimmt. Auch dafür muss dringend eine Lösung gefunden werden. Wie sie aussehen könnte, weiß ich allerdings nicht.

Gespanntes Warten auf Fed-Sitzung

Umso wichtiger wird die Fed-Sitzung am Mittwochabend, 22. März. Viele Investoren gehen davon aus, dass die Fed nach der kleinen Beruhigung im Bankensektor den Leitzins um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 4,75 bis 5,0 Prozent anheben könnte. Ich kann nur hoffen, dass Fed-Chef Jay Powell und seine Kollegen das nicht tun werden, denn damit treiben sie die Zinsen noch weiter nach oben und verschärften damit die Probleme im Bankensektor und erhöhen gleichzeitig weiter die Rezessionsrisiken.

Wenn die Zinsen weiter steigen, während die Einlagenzinsen bei den großen Instituten höher sind als bei den Regionalbanken, dürften viele Kunden ihre Einlagen von den Regionalinstituten zu den großen transferieren, was den Druck auf erstere weiter verstärken würde. Zuletzt hat Anleihen-„König“ Jeff Gundlach vor einer schnell heraufziehenden US-Rezession gewarnt und gesagt, dass der S&P500 in dem Umfeld auf 3.200 Punkte einbrechen könnte. Das wäre ein Rückgang um rund 20 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau.

Zudem warnte Gundlach einmal mehr, dass das anhaltend hohe Haushaltsdefizit – alljährlich sind es 1,5 bis 2 Billionen Dollar – den Dollar belaste und er „kollabieren“ könne. Daher sei Gold langfristig ein gutes Investment, ebenso wie „andere Vermögenswerte mit wirklichem Wert, wie Ackerland und Sammlerstücke.“ Ich stimme dem Anleihen-„König“ zu 100 Prozent zu.

Schauen wir also mal, was die Fed entscheidet und vor allem wie sich Powell auf der anschließenden Pressekonferenz schlägt. Sollte er behaupten, die Bankenkrise sei unter Kontrolle und die US-Wirtschaft stark, weshalb die Fed voranschreiten könne mit weiteren Zinserhöhungen zur Inflationsbekämpfung, dürften die zehnjährigen US-Anleihen erneut einbrechen und einmal mehr Rezessionssorgen schüren. Das sollte für einen Kursrutsch beim S&P 500 sorgen, während gleichzeitig Gold als sicherer Hafen erneut gefragt sein sollte.

Kurzfristig hängt die Entwicklung der Aktienmärkte, der Zinsen und von Gold von der Fed-Sitzung ab. In den nächsten Monaten sollten allerdings umso mehr die Sorgen der Investoren vor einer US-Rezession in den Vordergrund rücken. Und jeder kann sich selbst ausmalen, was im Falle einer US-Rezession mit der exportabhängigen Wirtschaft der Eurozone passieren würde.

Dass in dem Szenario die EZB bei der Sitzung am 16. März letztmals den Leitzins in diesem Zyklus angehoben haben dürfte, sollte auch jedermann klar sein. Je schneller sich aber eine Kehrtwende der Fed in Richtung Zinssenkungen abzeichnen sollte, umso mehr Aufwind sollte der Goldpreis haben. Jetzt ist die Zeit, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.