Die Massenmedien und viele Experten feiern den Rückgang der Inflation, zumal die nächste Zinssenkung der EZB wahrscheinlicher wird. Ich bin allerdings anderer Meinung.

Die Lage im Nahen Osten ist eskaliert, der Iran hat hunderte Raketen auf Israel abgeschossen. Daraufhin haben die Börsen in den USA und Europa deutlich nachgegeben, während der Ölpreis nach oben geschossen und der Goldpreis kurz gestiegen war, weil Investoren in den sicheren Hafen Gold geflüchtet waren. Anschließend hat die Notierung des Edelmetalls allerdings etwas nachgegeben, das macht aber überhaupt keinen Sinn.

Inzwischen muss man befürchten, dass die Lage noch mehr eskalieren könnte, was unabsehbare Folgen für die Menschen in der Region, die Weltwirtschaft und damit die weltweiten Börsen haben könnte.

China-Stimulus treibt Börsen nach oben

Damit rücken die Nachrichten aus China in den Hintergrund, die innerhalb von nur einer Woche den chinesischen Aktienmarkt um 25 Prozent nach oben hatten schießen lassen, und gleichzeitig auch die Aktien vieler deutscher Unternehmer deutlich mit nach oben gezogen hatten.

Der Gedanke dahinter: Wenn die bislang schwächelnde Konjunktur in China besser laufen sollte als zuletzt, könnten die Chinesen auch mehr deutsche Produkte kaufen, gerade Autos.

So hatte die chinesische Regierung fast im Tagesrhythmus immer neue fiskalische Stimulus-Maßnahmen angekündigt, unter anderem will die Regierung umgerechnet 142 Mrd. Dollar ausgeben, um den Konsum zu stimulieren und ebenso viel Geld in den Bankensektor pumpen, damit die Institute mehr Kredite vergeben und so die Konjunktur ankurbeln.

Die Maßnahmen werden zwangsläufig die Inflation in China anheizen und damit auch die Preise im Rest der Welt nach oben treiben, weil die aus China exportierten Produkte im Ausland teurer werden. Gleichzeitig will die Fed in den nächsten Monaten die Zinsen kräftig senken, was wiederum die US-Konjunktur ankurbelt und damit ebenfalls die Inflation anheizt.

Darauf dürfte die EZB ihrerseits mit massiven Zinssenkungen reagieren, dürfte die EZB doch versuchen, eine weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar unter allen Umständen zu verhindern.

Ein derart inflationäres Umfeld sollte hervorragend für Gold sein, weshalb das Edelmetall meiner Meinung nach schon bald auf neue Rekordhochs steigen sollte.

Deutlicher Rückgang der Inflationsrate in Deutschland…

Zuletzt war die Inflation in Deutschland allerdings noch auf dem Rückzug, im September ist die Rate auf 1,6 Prozent zurückgegangen, nach 1,9 Prozent für August. Damit lag die September-Rate nicht nur unter der Schätzung der Volkswirte von 1,7 Prozent, sondern auch deutlich unter der Marke von 2,0 Prozent, was etliche Massenmedien und Experten entsprechend gefeiert haben.

Dabei ist der Rückgang der Inflationsrate noch längst kein Grund zum Feiern – denn die Verbraucherpreise selbst liegen immer noch am Rekordhoch (nur der Anstieg gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres ist zurückgegangen) und damit um 19,3 Prozent über dem Stand vom März 2020.

Seit damals ist die Kaufkraft also um 16,2 Prozent gesunken, woraufhin die Preise in 3 ½ Jahren um herbe 19,3 Prozent nach oben geschossen sind. Wenn Sie und ich irgendwo einkaufen gehen, ist alles viel teuer als je zuvor. Und in den nächsten Monaten dürften die Preise keineswegs sinken.

… und in der Eurozone

In der Eurozone ist die Inflationsrate im September deutlich zurückgegangen auf 1,8 Prozent und lag damit deutlich unter den Erwartungen von 2,0 Prozent, nach 2,2 Prozent für August. Das hat bei Investoren die Hoffnung geschürt, dass die EZB bei der nächsten Sitzung am 17. Oktober erneut die Zinsen senken könnte.

Dabei liegen allerdings auch die Verbraucherpreise in der Eurozone am Rekordhoch. Daher sind auch diese Zahlen absolut kein Grund zur Euphorie, gerade wenn man sich die Zahlen längerfristig anschaut.

So sind die Preise in der Eurozone gegenüber Januar 2000 um 60,8 Prozent gestiegen: Sie lesen richtig: „um 60,8 Prozent gestiegen.“ Das bedeutet eine Inflationsrate von durchschnittlich 2,0 Prozent, womit das Inflationsziel der EZB genau getroffen worden ist.

Und darüber soll ich mich freuen? Wirklich nicht, absolut nicht! Schließlich bedeuten diese Zahlen, dass Ihre und meine Kaufkraft gegenüber Januar 2000 um 37,8 Prozent gesunken ist, woraufhin die Preise um 60,8 Prozent gestiegen sind.

„Niedrige“ Inflationsrate hat langfristig verheerende Folgen

Das Mandat der EZB „stabile Preise“ und gleichzeitig eine Inflationsrate von rund 2 Prozent sind meiner Meinung nach ein Widerspruch in sich. Eine jährliche Inflation von 2 Prozent bedeutet eben, dass die Preise genau nicht stabil sind.

Wissen Sie, was eine Inflationsrate von „nur“ 2,0 Prozent auf Sicht von 50 Jahren bedeutet?

Ich weiß, das ist eine ziemlich lange Zeit, aber rechnen wir es einfach mal durch. Das bedeutet, dass die Verbraucherpreise innerhalb von 50 Jahren um 169,2 Prozent steigen würden – bitte rechnen Sie es selbst nach.

Und das wiederum bedeutet, dass die Kaufkraft innerhalb von 50 Jahren um 62,8 Prozent kollabieren würde, woraufhin die Preise um 169,2 Prozent steigen würden. Wenn das keine rosigen Aussichten sind, was dann?!

Warten auf US-Arbeitsmarktbericht

Nun warten Investoren auf den US-Arbeitsmarktbericht, der am Freitag, 4. Oktober veröffentlicht wird, zumal er der vorletzte vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November ist.

Laut den Schätzungen der Volkswirte sollen im September 132.500 Jobs geschaffen worden sein, nach 142.000 für August. Gleichzeitig soll die Arbeitslosenquote bei 4,2 Prozent stabil sein. Allerdings sollten Sie bitte nicht vergessen, dass in den vergangenen Monaten die Zahl der neu geschaffenen Jobs für die jeweiligen Vormonate wiederholt deutlich nach unten korrigiert worden sind.

Mich würde es allerdings nicht überraschen, wenn die Zahlen für September „überraschend“ gut ausfallen würden, haben doch die Demokraten unter ihrer Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris keinerlei Interesse an schwachen Zahlen vor der Wahl. Für mich sind angeblich gute Zahlen vom US-Arbeitsmarkt Fake News!

Wie immer der US-Arbeitsmarktbericht diesmal auch ausfallen sollte, ich gehe davon aus, dass die Talfahrt bei den Zinsen für 10-jährige US-Anleihen in den nächsten Wochen und Monaten klar weitergehen sollte, was für Auftrieb beim Goldpreis sorgen sollte.

Sollte gleichzeitig die Talfahrt beim Dollar weitergehen, bekäme der Goldpreis von einer zweiten Seiten Rückenwind.

Ich gehe zudem davon aus, dass die Rekordfahrt beim Goldpreis klar weitergehen wird. Ich hoffe allerdings, dass das demnächst nicht an weiteren schlechten Nachrichten über eine mögliche Eskalation im Nahen Osten liegen wird.

Ansonsten sollte das zunehmend inflationäre Umfeld in China, den USA und der Eurozone den Goldpreis in den nächsten Monaten und Jahren deutlich nach oben treiben. Meiner Meinung nach ist das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht.

Daher halte ich es weiterhin für empfehlenswert, die Bestände an physischem Gold weiter deutlich aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.