Vergangene Woche erreichten die Aktienmärkte noch neue Allzeithochs, doch nachdem erste bestätigte Fälle des Coronavirus in den USA und Europa gemeldet wurden, gerieten diese und alle konjunktursensiblen Rohstoffe sofort unter Verkaufsdruck. Die Märkte fürchten eine neue Pandemie, wie die der Spanischen Grippe, die zwischen 1918 und 1920 bei einer Sterblichkeitsrate von 2,5 % weltweit über 50 Millionen Todesopfer forderte.
Ob der Ausbruch des Coronavirus durch die Maßnahmen der chinesischen Regierung eingedämmt werden kann, werden die nächsten Tage zeigen. Das Virus hat eine Inkubationszeit von bis zu zwei Wochen und ist hoch ansteckend. Da es beim Menschen bisher keine Immunität gibt und somit keine Herdenimmunität, kann sich das Virus auch ungehindert ausbreiten, wobei 3 % der Infizierten bisher starben. Dieser Sterblichkeitsrate von 3 % kann man jedoch keinen Glauben schenken, da die wahre Zahl der Infektionen unbekannt ist – manche Schätzungen liegen höher und manche niedriger. Die Kombination aller Faktoren hat das Potenzial für eine Pandemie wie die der Spanischen Grippe. Die chinesische Regierung hat deshalb über 50 Millionen Menschen in 17 Städten unter Quarantäne gestellt, um den Ausbruch einzudämmen. Da die Menschen dort keine Zeit zur Vorbereitung hatten, gibt es Hamsterkäufe, Verteilungskämpfe und das öffentliche Leben kam völlig zum Erliegen.
Sollten die Chinesen den Virus nicht in den Quarantänegebieten eingrenzen können, dann würde die ohnehin angeschlagene Weltwirtschaft, die sich am Ende ihres Konjunkturzyklus befindet, bei einer Pandemie sicher in die Rezession abrutschen. Der Verkehr und die Industrie würden teilweise zum Erliegen kommen, sodass die Entscheidung einiger Investoren zu Gewinnmitnahmen nicht unlogisch ist. Obwohl die bestätigten Infektionen und Toten in China noch exponentiell ansteigen, versuchen die Regierungen Europas und der USA noch zu beruhigen. Am Montagmorgen lag die Zahl der bestätigten Infektionen bei 2.799 und die Zahl der Toten bei 80.
Die Zahl der bestätigten Neuinfektionen steigt aktuell noch exponentiell und scheinbar ungebremst.
Nachdem die neuesten Zahlen zu den Neuinfektionen am Sonntag, den 26.01.2020, veröffentlicht wurden, brachen die Aktienmärkte (Dow Jones -2 %, S&P 500 -2,3 %) sowie der Rohölpreis zum Handelsstart am Montag in Asien ein, während der Goldpreis seine klassische Funktion als sicherer Hafen erfüllte und auf 1.589 $ nach oben sprang.
Der Rohölpreis leidet seit längerer Zeit unter einem deutlichen Überangebot, weshalb der Abwärtstrend aktuell durch die Ängste nur verstärkt wird. Die OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries) erwog vergangene Woche die Produktionskürzungen bis zum Jahresende beizubehalten, um den Preis zu stützen. Bei ihrem Treffen im März und Juni will man letztlich darüber entscheiden. Die sich abkühlende Konjunktur wirkt dämpfend auf den Rohölpreis, doch die Angst vor einer Pandemie des Coronavirus, die die Weltwirtschaft in den Abgrund reißen könnte, übt nun zusätzlich spekulativen Verkaufsdruck aus. Weiterhin verkauft der Iran trotz der Sanktionen Rohöl an seine Nachbarn und China verarbeitet aktuell mehr Rohöl denn je mit 13,04 Millionen Barrel am Tag, was einem Plus von 7,6 % zum Vorjahr entsprechen soll. Die IEA (International Energy Agency) erwartet einen Überschuss am Rohölmarkt während der gesamten ersten Hälfte von 2020, weshalb der Rohölpreis in den kommenden Monaten niedrig bleiben und somit die Konjunktur stützen dürfte.
Auf Silber, das sowohl monetäre Eigenschaften besitzt sowie ein Industriemetall ist, wirken beide Kräfte. Dennoch konnte auch der Silberpreis zum Wochenstart dem Goldpreis folgen und einen deutlichen Preisanstieg verbuchen, wenn dieser auch geringer als beim Gold ausfiel. Die konjunktursensitiven Industrieedelmetalle Platin und Palladium zeigen sich zum Wochenstart hingegen diametral gegensätzlich zum Goldpreis schwach, da deren physische Nachfrage in einer Rezession deutlich abnehmen dürfte. Palladium weist seit Jahren ein strukturelles physisches Defizit auf, weshalb der Preis in den letzten beiden Jahren explodierte. Bei Platin zeigte sich im gleichen Zeitraum hingegen ein Überangebot und zuletzt hatten die Spekulanten ihre Netto-Longposition am Terminmarkt nahezu verdoppelt, in der Hoffnung der Platinpreis könnte der Preisentwicklung des Palladiums folgen. Bei einer Schwächung der industriellen Nachfrage ist ein deutlicher Preisrückgang daher sehr wahrscheinlich.
Wir beobachten aktuell genau, ob die Maßnahmen zur Eingrenzung des Ausbruchs in China Erfolg haben. Sollte dies nicht gelingen, so steht womöglich der Start einer schlagartig eintretenden starken Rezession unmittelbar bevor, worauf die Notenbanken letztlich mit neuen QE-Programmen reagieren müssen und werden, um einen Zusammenbruch des hoch gehebelten Giralgeldsystems zu verhindern. Die Zinsen könnten in diesem Szenario plötzlich und schnell ansteigen, was die Rezession in der Realwirtschaft weiter verschärfen würde. Der Goldpreis wird als Reaktion darauf stark ansteigen und der Silberpreis womöglich dem Goldpreis folgen.