Die britische Premierministerin Theresa May hat bei der Brexit-Abstimmung eine herbe Niederlage eingesteckt. Darauf hat der Goldpreis allerdings kaum reagiert. Umso mehr dürfte er in den nächsten Monaten klettern.

Als katastrophale oder historische Niederlage für Theresa May haben Experten unisono die Brexit-Abstimmung über den geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU bezeichnet. Nun sei May „quasi der Jogi Löw der britischen Politik“, sagte Ulrich Leuchtmann, Analyst bei der Commerzbank. Nur 202 Abgeordnete stimmten dafür, wohingegen 432 dagegen votierten. Auch wenn das Ergebnis noch schlechter war als die düstersten Prognosen, hat sich an der Lage allerdings nicht viel verändert, weshalb es kaum Kursausschläge am US-Aktienmarkt und beim Dollar gegeben hat. Daher gab es auch kaum Bewegung beim Goldpreis, er notiert trotz der kräftigen Erholung des S&P500 weiterhin am Sieben-Monats-Hoch – bemerkenswert, oder?

Wie könnte es mit dem Brexit weitergehen?

„Die Regierungschefin will am Montag einen Plan B vorlegen. Innerhalb von sieben Sitzungstagen kann dann erneut darüber abgestimmt werden. Denkbar wäre, dass Theresa May die EU doch noch um Zugeständnisse bittet. Ein in Zusammenarbeit mit Brüssel leicht modifiziertes Austrittsabkommen könnte möglicherweise als Plan B fungieren. Scheitert auch dieser, wird ein zweites Referendum wahrscheinlicher. Allerdings sind auch Neuwahlen nicht auszuschließen“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.

„Es ist nicht davon auszugehen, dass es an den Finanzmärkten – unabhängig von den weiteren Entwicklungen in Großbritannien – in den kommenden Tagen zu größeren Reaktionen kommen wird, denn es wird schlichtweg am hierfür nötigen Erkenntnisgewinn fehlen. Das Motto lautet: Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung“, betonte der Finanzprofi.

Peter Dixon, Analyst bei der Commerzbank, stößt in das gleiche Horn. „Am Ende läuft es auf einen ungeordneten Brexit oder eine zweite Volksabstimmung hinaus. Wir halten einen ungeordneten Brexit weiter für das weniger wahrscheinlichere Szenario“, sagte Dixon.

„Wir bleiben bei der Auffassung, dass der nächste logische Schritt für die Regierung darin besteht, das Austrittsdatum Ende März 2019 gemäß Artikel 50 zu verschieben. Allerdings haben führende EU-Politiker klar gemacht, dass sie einer Verschiebung nur zustimmen werden, wenn es dafür gewichtige Gründe wie Neuwahlen oder ein neues Referendum gibt. Ein einfaches Weiterverhandeln dürfte damit ausgeschlossen sein“, betonte der Experte der Commerzbank.

China stockt Goldbestände auf

Während sich viele Investoren mit dem Brexit beschäftigen, dürften bei vielen die Nachrichten aus China untergegangen sein. China hat Ende 2018 den Goldbestand um 0,32 Mio. Unzen auf 59,56 Mio. Unzen (1.853 Tonnen) aufgestockt. Damit hat sich das Land zum ersten Mal seit Oktober 2016 zum Stand seines Goldbestandes geäußert. Zuvor hatte China letztmals im Juli 2015 Angaben dazu gemacht, das war das erste Update nach sechs Jahren.

Warum hat China das nun aber gemacht? Es war ein Wink mit dem Zaunpfahl, befindet sich doch das Land in einem erbitterten Handelskrieg mit den USA. China hat die Muskeln spielen lassen und damit einmal mehr signalisiert, dass es daran arbeitet, den Renminbi statt des Dollar zur führenden Reservewährung der Welt zu machen. Für China spielt der Goldbesitz dabei eine zentrale Rolle.

Ich gehe weiterhin davon aus, dass es bis 1. März keine Lösung im Handelskrieg geben und er anschließend eskalieren dürfte, indem die USA neue Strafzölle auf chinesische Produkte einführt. US-Präsident Donald Trump hat keinerlei Interesse an einer Lösung im Handelskrieg, will er doch den Aufstieg Chinas zur führenden Technologie- und damit Wirtschaftsnation unter allen Umständen verhindern, weshalb die USA auch weiter scharf gegen den chinesischen Telekomausrüster Huawei vorgehen dürften.

US-Wirtschaft dürfte auf dem Weg in eine Rezession sein

Während sich viele Investoren weiterhin vom Brexit ablenken lassen, sollte man die Gründe für den jüngsten Anstieg des Goldpreises nicht aus den Augen verlieren. Zuletzt ist er vor allem von der Dollar-Schwäche beflügelt worden, gehen doch viele Investoren davon aus, dass die Fed ihren Zinserhöhungszyklus und den Abbau der Bilanzsumme durch den Verkauf von Staats- und Hypothekenanleihen bald beenden könnte. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Fed das nächste Gelddruckprogramm QE4 starten wird.

Das Problem ist, dass die Kehrtwende der Fed üblicherweise unmittelbar vor einer Rezession kommt. Am Ende der vergangenen drei Zinszyklen ist die Wirtschaft innerhalb von drei Monaten nach der ersten Zinssenkung der Fed in eine Rezession abgerutscht. Ich gehe weiterhin davon aus, dass die US-Wirtschaft im Sommer in eine Rezession abgleiten dürfte. Dann dürfte es zu einem Crash beim S&P500 und beim DAX kommen.

In dem Umfeld dürften Investoren umso stärker in den sicheren Hafen Gold flüchten, weshalb er kräftig Rückenwind bekommen sollte. Durch den Government Shutdown beschleunigt sich die Abkühlung der US-Wirtschaft, bekommen doch rund 800.000 Staatsdiener und viele Zulieferer kein Geld, womit sie keines zum ausgeben haben und noch mehr Schulden machen müssen als ohnehin schon.

Die Perspektiven für den Goldpreis haben sich deutlich verbessert, wie der Anstieg auf Sieben-Monats-Hochs klar zeigt. Das sollte allerdings nur der Anfang des Aufwärtstrends sein. Ein zusehends schwächelnder Dollar gefolgt von einem späteren Kurseinbruch am US-Aktienmarkt sollte den Goldpreis deutlich nach oben treiben.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.