Die zweite Corona-Welle in den USA hat einen Kursrutsch an den weltweiten Aktienmärkten ausgelöst. Für zusätzlichen Verkaufsdruck sorgt die Verschärfung des Handelskriegs zwischen den USA und Europa.

Nachdem viele Investoren die zweite Corona-Welle in den USA und weltweit lange ignoriert und die Aktienmärkte immer weiter nach oben getrieben haben, sind die Sorgen plötzlich hochgekocht und haben zu einem Kurseinbruch bei S&P 500 und DAX geführt. So waren die Infizierten-Zahlen in den USA wegen kräftig gestiegener Zahlen in etlichen Bundesstaaten − wie Kalifornien, Florida und Texas − am Mittwoch, den 24. Juni 2020, auf das Rekordhoch von 38.672 gestiegen. Damit ist  der vorherige Rekord vom 25. April mit 36.001 deutlich übertroffen..

Daraufhin hat der iPhone-Hersteller Apple sieben weitere Filialen geschlossen, diesmal in Houston (Texas). Zwar hat der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Larry Kudlow, zuletzt behauptet, dass es keine zweite Corona-Welle in den USA geben würde. Mit der Meinung steht er allerdings ziemlich alleine da, wie die Reaktion an den Börsen klar zeigt.

Trump hat bereits eine „Lösung“ für das Problem: So will die Regierung in Washington die finanzielle Unterstützung für die landesweiten Teststationen bereits Ende Juni einstellen. Der Gedanke dahinter: Wenn man deutlich weniger testet, steigen die Infizierten-Zahlen bei Weitem nicht so stark wie bislang. Dabei hat der frühere FDA-Chef Dr. Scott Gottlieb gewarnt, dass die zweite Welle in den USA größer werden dürfte als die erste.

Goldpreis nähert sich Acht-Jahreshoch

In dem Umfeld steigt die Gefahr, dass die Konjunkturerholung in den USA viel langsamer ausfallen dürfte, als Trump und Kudlow ständig behaupten. Es wird keine V-förmige Konjunkturerholung in den USA geben, denn die Verbraucher dürften sich beim Konsum dennoch zurückhalten, selbst wenn es keinen neuen Lockdown geben sollte, während die Unternehmen weiter auf die Investitionsbremse treten.

Wegen dieser Sorge sind die weltweiten Aktienmärkte eingebrochen, während die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf 0,67 % gesunken sind. Damit hatte der Goldpreis von zwei Seiten Rückenwind, woraufhin die Notierung des Edelmetalls mit rund 1.765 Dollar je Unze in die Nähe des Acht-Jahreshochs geklettert ist.

Handelskrieg zwischen den USA und Europa eskaliert

Für zusätzlichen Gegenwind an den Aktienmärkten und damit für Rückenwind beim Goldpreis, hat die Verschärfung des Handelskriegs zwischen den USA und Europa gesorgt. So hat der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer einen Plan vorgelegt, um Strafzölle auf Güter aus Europa im Wert von 3,1 Mrd. Dollar zu verhängen. Während auf Luxusgüter, wie Spirituosen, neue Strafzölle verhängt werden sollen, sollen jene auf Flugzeuge und Flugzeugteile erhöht werden.

Zwar haben die nun drohenden Strafzölle wegen ihres geringen Volumens keine große Bedeutung, allerdings wartet die EU auf die Entscheidung der Welthandelsorganisation WTO, um ihrerseits Strafzölle auf US-Güter im Wert von 11,2 Mrd. Dollar zu verhängen, womit der Handelskrieg zwischen den USA und Europa endgültig eskalieren würde.

Dabei hat die EU vor allem jene US-Industrien im Auge, von denen Trumps möglicher Erfolg bei der Wahl im November abhängen würde, wie Agrar oder Kohle. Damit würden sich die Perspektiven für die Wirtschaft in den USA und Europa und damit für die Weltwirtschaft weiter eintrüben, was zusätzlichen Gegenwind für die Aktienmärkte bedeuten würde. Das sollte im Gegenzug den Goldpreis beflügeln, zumal sich die Fed gezwungen sehen dürfte, bei einem größten Einbruch an den Aktienmärkten mit noch massiverem Gelddrucken zu reagieren.

Gleichzeitig droht der Streit zwischen den USA und China zu eskalieren, nachdem das US-Verteidigungsministerium zuletzt eine Liste von 20 chinesischen Unternehmen veröffentlicht hat, die vom chinesischen Militär kontrolliert werden sollen. Zu den Firmen gehören der Netzwerkausrüster Huawei oder der Hersteller von Videoüberwachungstechnik Hikvision. Die Liste ist die Grundlage für neue US-Sanktionen, womit die Spannungen zwischen den USA und China weiter zunehmen werden, zumal Trump das Thema im Wahlkampf immer weiter hochziehen wird.

Für mich ist der Phase-1-Deal, der meiner Meinung nach ohnehin nur ein Vorwand war, um Trumps Chancen auf eine mögliche Wiederwahl zu verbessern, ohnehin längst passé. Denn die Chinesen haben sich in den vergangenen Monaten mit dem Kauf von US-Gütern, gerade Agrarprodukten, absichtlich stark zurückgehalten, was Trump sehr missfällt.

Österreich emittiert erneut 100-jährige Anleihe

Je größer der Gegenwind für die Konjunktur und damit die Aktienmärkte wird, umso größer wird der Druck auf die Fed und die EZB gegenzusteuern und noch viel mehr Geld zu drucken als ohnehin schon. In dem Umfeld sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen auf knapp unter minus 0,5 % eingebrochen.

Das von der EZB erzeugte Strafzinsumfeld hat Österreich genutzt, um erneut eine 100-jährige Anleihe im Volumen von 2 Mrd. Euro zu emittieren. Das Papier war mit 17,7 Mrd. Euro fast achtfach überzeichnet. Und die Zinsen: Mickrige 0,88 % – Wahnsinn!

Selbstverständlich kaufen die Investoren die Anleihen nicht wegen des Coupons, sondern weil die Investoren spekulieren, dass die EZB im Notfall ihre ohnehin extrem lockere Geldpolitik diese noch weiter lockern dürfte, woraufhin der Kurs der 100-jährigen Anleihen steigen würde. Im Notfall verkaufen die Anleger das Papier einfach an die EZB und schon sind alle Probleme „gelöst.“

Österreich hatte bereits 2017 eine 100-jährige Anleihe im Volumen von 6 Mrd. Euro zu einem Coupon von 2,1 % ausgegeben. Wegen der immer weiteren Lockerung der Geldpolitik der EZB war der Kurs des Papiers in den Folgejahren explodiert.

Sie und ich als Gold-Fans haben die Wahl: Entweder wir schauen zu, wie die Fed versucht, durch immer gigantischeres Gelddrucken, die größte Blase aller Zeiten am US-Aktienmarkt weiter aufzupumpen und dabei die Fiat-Währung Dollar immer schneller entwertet. Gleichzeitig dürften die Geldpressen der EZB wegen der gewaltigen Schuldensause vieler Euro-Länder in den nächsten Jahren noch viel stärker glühen als je zuvor.

Oder man investiert einen immer größeren Teil seines Vermögens in physisches Gold. Der Höhenflug des Goldpreises in Richtung des Rekordhochs vom August 2011 bei knapp über 1.900 Dollar zeigt meiner Meinung nach unmissverständlich, was die richtige Entscheidung sein dürfte.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.