Wenige Tage vor seinem Amtsantritt hat der designierte US-Präsident Joe Biden das zweitgrößte Konjunkturprogramm aller Zeiten ankündigt. Das ist allerdings nur der Anfang, anschließend soll ein weiteres Billionenschweres Paket folgen.

Mit Verunsicherung reagieren Investoren auf die Pläne des künftigen US-Präsidenten Joe Biden. Gleichzeitig sinken die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen etwas, nachdem sie seit Jahresanfang nach oben geschossen waren, während der DAX ein wenig nachgibt. Offenbar haben einige Investoren Sorge bekommen, dass es Biden schwerfallen könnte, sein geplantes Konjunkturprogramm durch den Kongress zu bekommen. Im Gegenzug erholt sich der Goldpreis ein wenig und liegt bei rund 1.850 US-Dollar je Unze.

Biden, der am kommenden Mittwoch, den 20. Januar 2021, vereidigt werden wird, reagiert auf die deutliche Abkühlung der US-Wirtschaft durch die dritte Welle der Corona-Pandemie. Im Dezember waren „überraschend“ 140.000 Jobs abgebaut worden. Der designierte US-Präsident hat am Donnerstagabend ein Konjunkturprogramm von horrenden 1,9 Billionen US-Dollar angekündigt. „Wir müssen handeln und wir müssen jetzt handeln“, sagte Biden.

Das wäre das zweitgrößte Programm aller Zeiten nach dem CARES-Act von 2 Billionen US-Dollar, den der Kongress im März 2020 zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie verabschiedet hatte und vor dem im Dezember verabschiedeten Programm über 900 Mrd. US-Dollar. Der US-Wirtschaft geht es so „gut“, dass man erneut ein Paket in einer Größenordnung wie auf dem damaligen Höhepunkt der Pandemie benötigt Allerdings ist die Zahl der Neuinfizierten derzeit rund 10-mal so hoch wie im Frühjahr 2020.

Mehr als doppelt so hohes Arbeitslosengeld wie in normalen Zeiten

Demnach sollen die Einmalzahlungen an Erwachsene um 1.400 US-Dollar aufgestockt werden, womit jeder inklusive der jüngsten Zahlungen 2.000 US-Dollar pro Kopf bekäme. Zudem soll das Arbeitslosengeld, statt wie im Dezember vereinbart um 300 US-Dollar, nun um 400 US-Dollar pro Woche aufgestockt werden und bis Ende September verlängert werden. Damit wäre das Arbeitslosengeld mehr als doppelt so hoch wie in normalen Zeiten (durchschnittlich 333 US-Dollar pro Woche). Durch diese Maßnahmen soll den Amerikanern mehr als eine Billion Dollar in die Taschen gespült werden, damit sie weiterhin kräftig konsumieren können.

Außerdem sollen die Bundesstaaten, Städte und Gemeinden Hilfen von 350 Mrd. US-Dollar bekommen. Biden will zudem den Mindestlohn mehr als verdoppeln auf 15 US-Dollar je Stunde. Das wird zum Problem, nicht nur wegen der Größe des Programms, sondern weil wichtige Gesetze, wie jene zur Unterstützung der Bundesstaaten und Kommunen, üblicherweise 60 Stimmen im Senat benötigen. Bidens Demokraten verfügen allerdings nur über 50, weshalb sie auf die Zustimmung von mindestens 10 Abgeordneten der Republikaner angewiesen sind.

Republikaner stehen Bidens Plänen ablehnend gegenüber

Viele von ihnen lehnen allerdings die Hilfen für die Bundesstaaten und Kommunen ab, weil ein wichtiger Teil des Geldes an jene fließen würde, die „von den Demokraten schlecht regiert“ würden, so die Republikaner. Zudem lehnen sie eine drastische Erhöhung des Mindestlohns ab. Anderseits können Vorhaben wie die Einmalzahlungen, die Aufstockung des Arbeitslosengeldes und die Erhöhung des Mindestlohns mit einfacher Mehrheit durchgesetzt werden.

Sollte es Biden nicht gelingen genügend Stimmen von den Republikanern zu bekommen, könnte das Programm deutlich kleiner ausfallen als geplant, womit die Wirtschaft weniger angekurbelt werden würde als erwartet, weshalb die Zinsen zuletzt ein wenig gesunken sind. Das hat den Goldpreis gestützt.

Weiteres Billionenschweres Programm

Allerdings könnten die Zinsen schon bald wieder steigen, will doch Biden im kommenden Monat bei einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses ein weiteres Billionenschweres Programm vorlegen. Es soll massive Ausgaben für den langfristigen Umbau der US-Wirtschaft vorsehen, wie für Infrastruktur und Investitionen in die Energiewende. Und wie soll das alles finanziert werden? So wie die bisherigen Programme auch – mit weiteren Billionenschulden.

Daher werden die Staatsschulden vom Rekord von zuletzt 27,7 Billionen US-Dollar – das sind herbe 130,7 % der jährlichen Wirtschaftsleistung – zügig die Marke von 30 Billionen in Angriff nehmen. Dass in dem Umfeld die Notenpressen der Fed weiter auf Hochtouren laufen werden, sollte jedermann klar sein. Denn die Fed kann einen deutlichen Zinsanstieg nicht zulassen.

Dazu ein kleines Rechenbeispiel: Die Amerikaner, also Staat, private Haushalte, Unternehmen und Banken, haben mehr als 80 Billionen US-Dollar Schulden. Ein Zinsanstieg um lediglich 100 Basispunkte (1 Prozentpunkt) bedeutet zusätzliche Zinsbelastungen von 800 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Das sind 3,8 % der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Fed hat einmal mehr geblufft

Wieso haben einige Fed-Mitglieder dann zuletzt von einem möglichen „Tapering“, also einer Drosselung der monatlichen Anleihekäufe von netto 120 Mrd. US-Dollar, gesprochen? Um den US-Dollar zu stützen, nachdem der Dollar Index in die Nähe des Fünf-Jahres-Tiefs abgerutscht war.

Die Fed-Mitglieder wissen sehr wohl, dass bei einem Unterschreiten des Tiefs ein Kurseinbruch des US-Dollar folgen könnte, was für Turbulenzen am Aktien- und Anleihenmarkt sorgen könnte. Der Dollar Index spiegelt die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro, wider. Meiner Meinung nach wird die Fed die Anleihekäufe – sprich das Gelddrucken – auf Jahre hinaus nicht drosseln, sondern im Bedarfsfall immer weiter aufstocken.

Und falls die Käufe dennoch überraschend reduziert werden sollten? Dann könnte es bei der Zinsentwicklung ganz anders kommen als viele Investoren erwarten. Denn wenn die Fed plötzlich weniger Liquidität als zuvor in den Markt und teilweise in die Realwirtschaft pumpen sollte, würden sich die Konjunkturperspektiven eintrüben, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nicht etwa steigen, sondern sinken könnten. Das sollte den Goldpreis beflügeln.

Zwischenzeitlicher Rückgang des Goldpreises macht keinen Sinn

Trotz der leichten Erholung liegt die Notierung des Edelmetalls um rund 100 Dollar je Unze unter dem Stand vom 4. Januar. Auf den ersten Blick kann man das damit begründen, dass der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter Anleihen gestiegen ist auf zuletzt minus 0,94 % gegenüber minus 1,08 % damals, womit das Rekordtief von Anfang September egalisiert worden war. Und der Computerhandel reagiert nun mal bei steigenden Zinsen mit dem Verkauf von Gold.

Allerdings beruht der Zinsanstieg einzig und allein auf der Tatsache, dass Bidens Demokraten nach dem Wahlsieg in Georgia in Senat und Repräsentantenhaus durchregieren und damit massiv Schulden machen können. Das können Sie in dem Beitrag „Trotz stark steigender Inflationssorgen nach Wahl in Georgia bricht Goldpreis ein“ nachlesen.

Nachdem Biden neben dem geplanten Konjunkturprogramm von 1,9 Billionen US-Dollar noch an einem weiteren Billionenschweren Paket arbeiten lässt, wird die Schuldensause noch größer sein als viele Experten vorhergesagt hatten. Durch diese gigantische Dollar-Schwemme sollte die Fiat-Währung immer weiter entwertet werden, was den Goldpreis nicht etwa belasten, sondern vielmehr nach oben treiben sollte.

Lassen Sie sich daher von dem zwischenzeitlichen Kursrückgang nicht verunsichern, sondern nutzen Sie ihn, um Ihre Bestände weiter aufzustocken. Das sollte sich für Sie lohnen, weil der Goldpreis trotz möglicherweise weiter steigender US-Zinsen viel schneller und kräftiger nach oben drehen dürfte als viele Investoren derzeit erwarten.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.