Wer die jüngste Rally am Aktienmarkt gesehen hat, könnte fast glauben, dass mit der Weltwirtschaft alles in Ordnung sei und daher der Aktienmarkt weiter nach oben streben könnte. Der S&P500 ist seit Jahresanfang um 3,6 Prozent nach oben geschossen, das ist der beste Jahresauftakt seit 2003. Im gleichen Zeitraum hat der DAX um 2,5 Prozent zugelegt. Neben der Hoffnung auf eine Lösung im Handelskrieg zwischen den USA und China ist dafür vor allem die Kehrtwende der US-Notenbank verantwortlich. Damit schwächt sie allerdings den Dollar, woraufhin der Goldpreis in die Nähe des Sieben-Monats-Hochs geklettert ist. In den nächsten Monaten sollte sich der Aufwärtstrend merklich beschleunigen.

Zwar sagt Fed-Chef Jay Powell bei jeder Gelegenheit etwas anderes, weshalb das Vertrauen der Investoren in ihn zusehends kollabiert. Dennoch kommen immer mehr Investoren zur Überzeugung, dass die Zinserhöhung vom 19. Dezember 2018 die letzte in diesem Zinszyklus gewesen sein dürfte. Die Frage ist nur noch, wann die Fed anfangen könnte die Bilanzsumme langsam abzubauen. Derzeit verkauft die Fed für insgesamt 50 Mrd. Dollar pro Monat Staats- und Hypothekenanleihen und entzieht so dem Finanzkreislauf und damit der Wirtschaft 600 Mrd. Dollar pro Jahr – das sind rund drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung, eine Menge Holz.

Künftig könnte die Fed die Verkäufe kräftig drosseln oder ganz auslaufen lassen, was einer Lockerung der Geldpolitik gleichkäme. Dann wäre das Gerede über die „starke“ US-Wirtschaft endgültig vorbei. Diese Aussicht belastet den Dollar. Gegenüber dem 18-Monats-Hoch von Mitte Dezember ist der Dollar Index, der die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro, abbildet, um knapp zwei Prozent gesunken. Für einen Zeitraum von einen Monat ist das eine enorme Bewegung.

Längster Shutdown aller Zeiten in den USA

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed schon bald offiziell eine Kehrtwende einlegen könnte und damit den Dollar weiter schwächt, steigt von Tag zu Tag. Grund ist die zunehmende Abschwächung der US-Wirtschaft. Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass sie im Sommer in eine Rezession abrutschen dürfte. Das dürfte für einen Crash beim S&P500 und damit beim DAX sorgen, woraufhin Investoren verstärkt in den sicheren Hafen Gold flüchten sollten. Zuletzt ist der Einkaufsmanagerindex für die US-Industrie am Stärksten eingebrochen seit Oktober 2008. Das hat viele Investoren ziemlich verunsichert, ist doch der Einkaufsmanagerindex für die Industrie ein hervorragender Frühindikator für die Gesamtwirtschaft. Offenbar kann sich die US-Wirtschaft nicht von der zunehmend schwächeren Weltwirtschaft abkoppeln.

Verschärft wird die Lage durch den Government Shutdown, der der längste in der Geschichte der USA ist. Zuletzt haben 800.000 Mitarbeiter der Bundesbehörden kein Gehalt bekommen, gleichzeitig ist die Zahl der Krankmeldungen stark angestiegen. Offenbar haben viele Staatsdiener keine Lust für lau zu arbeiten, auch wenn sie das Geld später nachbezahlt bekommen. Dabei leben viele von ihnen – ebenso wie viele andere Amerikaner – von Gehaltsscheck zu -scheck. Wenn die Staatsdiener allerdings kein Geld zum Ausgeben haben und nicht zum Dienst erscheinen, dann trifft das nicht nur die Fast-Food-Ketten, sondern auch viele andere Branchen erheblich.

Zuletzt haben daher die Analysten von JPMorgan die Prognose für das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal von annualisiert 2,25 auf 2,0 Prozent gesenkt. Der annualisierte Wert wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert. Die Begründung für die Reduktion des Ausblicks: Jede Woche des Shutdowns verringere das Wirtschaftswachstum um 0,1 bis 0,2 Prozent Punkte.

Offenbar glauben die Analysten von JPMorgan allerdings, dass der Shutdown bald zu Ende ist, ansonsten wird das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal viel niedriger sein als 2,0 Prozent annualisiert, würde doch laut der Rechnung der Finanzprofis ein vierwöchiger Shutdown die Wirtschaftsleistung um 0,4 bis 0,8 Prozentpunkte belasten. Dabei ist keine Lösung in dem Streit zwischen US-Präsident Donald Trump und den oppositionellen Demokraten in Sicht. Wenn der Shutdown nicht sehr schnell endet, ist die Schätzung von JPMorgan viel zu optimistisch.

Zahlen aus China sind besorgniserregend

Gleichzeitig gibt es noch eine Menge anderer Abwärtsrisiken für die Weltwirtschaft und damit den Aktienmarkt und im Gegenzug erhebliche Aufwärtschancen für den Goldpreis. So schwächt sich das Wirtschaftswachstum in China zusehends ab. So sind die Im- und Exporte Chinas im Dezember eingebrochen, während Volkswirte jeweils ein deutliches Plus vorhergesagt hatten. Woher deren Zuversicht kommt, bleibt allerdings deren Geheimnis.

Wegen des gigantischen Schuldenbergs der chinesischen Unternehmen dürfte es der Regierung und der Notenbank sehr schwer fallen die Wirtschaft anzukurbeln, denn in einem Umfeld einer schwachen Weltwirtschaft dürften sich die chinesischen Firmen mit Investitionen zurückhalten, was das Wachstum der dortigen Wirtschaft und damit der Weltwirtschaft erheblich belasten würde.

Deutschlands Wirtschaft ist am Rande einer Rezession

Gleichzeitig schwelt weiterhin der Brexit. Auch dabei ist keinerlei Lösung in Sicht. Sollte es zu einem „harten“ Brexit kommen, also einem ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der EU, würde das die EU und damit gerade die exportabhängige deutsche Wirtschaft enorm treffen. So haben deutsche Unternehmen im Jahr 2017 für 84 Mrd. Euro Güter nach Großbritannien exportiert, damit war das Land der fünftgrößte Handelspartner Deutschlands, knapp hinter China und Niederlande mit jeweils 84 Mrd. Euro. Die Zahlen zeigen, wie viel bei einem Brexit auf dem Spiel steht.

Umso nervöser wird die Industrie Deutschlands zumal sie zusehends schrumpft, was sehr schlecht für die Gesamtwirtschaft ist. So war die Industrieproduktion Deutschlands im November um 4,7 Prozent eingebrochen, das ist der größte Rückgang seit 2009. Zudem sind die Auftragseingänge für die Industrie um 4,3 Prozent abgerutscht, das ist das größte Minus seit mehr als sechs Jahren.

Manche Experten befürchten inzwischen, dass die Industrie im Dezember weiter geschwächelt haben und damit die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal geschrumpft sein könnte. Nachdem sie bereits im dritten Quartal um 0,2 Prozent zurückgegangen war, wäre das der zweite Rückgang in Folge, womit die Wirtschaft in eine Rezession abgerutscht wäre.

Die Zahlen aus den USA, China und Deutschland zeigen unmissverständlich, dass sich die Perspektiven für die Weltwirtschaft und damit den weltweiten Aktienmarkt erheblich verschlechtert haben, was nichts Gutes für S&P500 und DAX bedeutet. Gleichzeitig hat der Dollar eine Kehrtwende nach unten eingelegt. In dem Umfeld empfehle ich Ihnen weiterhin, Ihre Goldbestände aufzustocken. In einem schlechten Börsenumfeld und bei einem gleichzeitig sinkenden Dollar sollte der Goldpreis deutlich steigen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.