Die EZB konnte schon vor der Pandemie nicht aus den Strafzinsen und dem massiven Gelddrucken aussteigen, nach der Pandemie ist es noch „unmöglicher.“ Das zeigen die jüngsten Daten zur Schuldenexplosion in vielen Ländern der Eurozone. Kein Wunder, dass EZB-Chefin Christine Lagarde nach der EZB-Sitzung einmal mehr nur Plattitüden verbreitet hat.

Am Freitag der vergangenen Woche, den 23.04.2021, hat der Goldpreis etwas nachgegeben. Grund war die Rekordfahrt am US-Aktienmarkt, weshalb im Gegenzug etliche Spekulanten Gold-Futures verkauft haben. Dennoch liegt die Notierung mit rund 1.780 US-Dollar je Unze in der Nähe des Zwei-Monats-Hochs.

Investoren haben Aktien in der Hoffnung gekauft, dass US-Präsident Joe Biden mit seinen Plänen, die Kapitalertragssteuer von maximal 23,8 % auf bis zu 43,4 % zu erhöhen, wohl nicht ernst machen dürfte. Viele Experten gaben sich zuversichtlich, dass es wahrscheinlich höchstens bis zu 30 % werden könnten. Biden benötigt teilweise eine Gegenfinanzierung für sein 1,5 Billionen US-Dollar schweres Programm „American Family Plan“ zur Unterstützung von Familien, beispielsweise im Bereich Kindergärten oder bei kostenlosem Studium. Dabei will der US-Präsident gerade bei den Reichen und Gutverdienern zugreifen.

Allerdings dürfte die vorherige Erholung des Goldpreises bald weitergehen, weil die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen unter Druck bleiben dürften und damit den US-Dollar belasten sollten.

EZB druckt fast 1,2 Billionen Euro pro Jahr

Nun aber zur EZB-Sitzung vom vergangenen Donnerstag, den 22. Apri 2021. Ebenso wie ihr Kollege von der Fed, Jay Powell, will die EZB-Chefin von einer Drosselung der Anleihenkäufe absolut nichts wissen. Vielmehr hat die EZB einmal mehr bestätigt, dass sie die Anleihekäufe im laufenden Quartal gegenüber dem Vorquartal deutlich beschleunigen will.

Die EZB hat im März für rund 75 Mrd. Euro netto in Anleihen im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms PEPP investiert. Bei einer Beschleunigung sollten es im April mindestens 80 Mrd. Euro sein. Hinzu kommen rund 20 Mrd. Euro monatlich für Käufe im Rahmen des „alten“ Asset Purchase Programms (APP). Damit würden sich die Käufe auf rund 100 Mrd. Euro netto pro Monat summieren – das sind horrende 1,2 Billionen Euro.

EZB finanziert die gesamte Neuverschuldung der EU mit der Notenpresse

Im vergangenen Jahr waren die Schulden der Euro-Länder um knapp 1,1 Billionen Euro auf 11,1 Billionen nach oben geschossen. Der Einfachheit halber betrachte ich damit die Neuverschuldung als die Nettoemission neuer Anleihen der Euro-Länder. Ob es bei den zwei Größen eine Lücke von ein paar zig Mrd. rauf oder runter geht, spielt für mich keine Rolle.

Damit finanziert die EZB quasi die Neuverschuldung der Euro-Länder vollständig mit der Notenpresse. Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen: Die EZB finanziert die Neuverschuldung der Euro-Länder vollständig mit der Notenpresse. Lagarde behauptet jedoch immer, dass die EZB das nicht tue. Sie, liebe Gold-Fans, und ich wissen allerdings, dass die EZB genau das tut – jede Woche, jeden Monat und jedes Jahr.

Komischerweise haben Journalisten auch diesmal auf der Pressekonferenz Lagarde gefragt, wann die EZB die Anleihekäufe drosseln werde. Schließlich werde die Konjunktur mit der Beschleunigung der Impfkampagne zusehends in Schwung kommen. Lagarde hat einmal mehr gesagt, dass die EZB eine Drosselung der Käufe „nicht diskutiert“ habe, das sei „verfrüht.“

Wie soll die EZB diese Politik drosseln oder gar daraus aussteigen? Es geht nicht, weil dann würden die Zinsen für hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien oder Frankreich, nach oben schießen. Oder die Zinsen würden einbrechen, weil die EZB deutlich weniger Liquidität ins Finanzsystem und damit teilweise in die Realwirtschaft pumpen würde, woraufhin letztere schwach bliebe.

Zur Erinnerung: Volkswirte gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung der Eurozone im ersten Quartal um 0,8 % gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist. Das wäre das zweite Quartal in Folge mit einem Rückgang, womit die Wirtschaft zurück in eine Rezession abgerutscht wäre. Die Zahlen für das erste Quartal werden am kommenden Freitag, den 30. April veröffentlicht.

Schulden der Euro-Länder werden immer gigantischer

Dass die EZB aus ihrer Politik des gigantischen Gelddruckens und der Strafzinsen nicht mehr  aussteigen kann, zeigen die jüngsten Daten zu den Schulden der Euro-Länder unmissverständlich. So sind die Schulden Italiens im Jahr 2020 um 163,4 Mrd. Euro auf horrende 2,57 Billionen explodiert. Damit schießen die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung von 134,6 % auf 155,8 % nach oben.

In Spanien ging es von 95,5 % der Wirtschaftsleistung auf herbe 120,0 % nach oben und in Frankreich von 97,6 % auf 115,7 %. Vor dem Hintergrund derartiger Horrorzahlen ist es klar, warum es nach der Schuldenexplosion zur Bekämpfung der Pandemie für die EZB noch „unmöglicher“ geworden ist, aus dieser Politik auszusteigen.

Die Strafzinsen der EZB sind allerdings ein Beleg für das völlige Versagen der Politik der EZB. Sie hatte am 11. Juni 2014 die Einlagenzinsen von 0 auf minus 0,10 % gesenkt. In den Folgejahren ging es immer weiter nach unten, letztmals am 18. September 2019 auf minus 0,50 %. Seitdem müssen die Banken – abgesehen von den Freibeiträgen – Mrd. von Euro an Zinsen an die EZB abführen. Damit werden die Geldhäuser quasi gezwungen Kredite an Schuldner zu vergeben, ganz gleich wie wenig kreditwürdig viele von ihnen auch sein mögen.

Je mehr Schulden private Haushalte, Unternehmen und die Euro-Länder haben, umso „unmöglicher“ wird es für die EZB die Zinsen auch nur minimal anzuheben, weil ansonsten das gigantische Schuldenhaus sofort kollabieren würde. Bestimmt haben Sie sich längst darauf eingestellt, dass es auf Jahre oder gar Jahrzehnte hinaus keine Zinserhöhungen geben dürfte.

Warten auf Fed-Sitzung

Nun warten viele Investoren auf die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch, den 28. April. Dabei dürfte Powell einmal mehr betonen, dass die Fed von einer möglichen Drosselung der Anleihekäufe, genannt „Tapering“, absolut nichts wissen will. Wie soll die Fed vor dem Hintergrund der gigantischen US-Staatsschulden von 28,1 Billionen US-Dollar – das sind horrende 130,7 % der jährlichen Wirtschaftsleistung – und einer jährlichen Rekordneuverschuldung von rund 3,5 Billionen US-Dollar, denn die Anleihekäufe drosseln? Wie soll das gehen?

Zumal vor dem Hintergrund, dass der Stimulus durch die Biden-Regierung im nächsten Jahr um bis zu 2,5 Billionen US-Dollar niedriger ausfallen könnte als in diesem Jahr, wodurch sich die Perspektiven für die US-Wirtschaft erheblich eintrüben. Das können Sie in dem Beitrag „Einbruch der US-Zinsen stützt kurz Erholung des Goldpreises“ nachlesen. Wenn gleichzeitig die Fed ihr Anleihenkaufprogramm drosseln würde und damit auch von der geldpolitischen Seite deutlich weniger Liquidität in die Wirtschaft gepumpt würde, fiele sie von der Klippe herunter – sprich in eine schwere Rezession abgleiten.

Um es noch einmal klar zu sagen: Weder Fed noch EZB können ihr gigantisches Gelddrucken drosseln oder gar aussteigen. Sollten sie es dennoch tun, würden innerhalb kürzester Zeit die Zinsen kollabieren und damit eine starke Eintrübung der Konjunkturperspektiven widerspiegeln. Dann müssten die Notenbanken rapide umschwenken und ihr Gelddrucken auf neue Rekordniveaus aufstocken – also beispielsweise mindestens 150 bis 200 Mrd. US-Dollar netto pro Monat für die Fed.

Wie Sie sehen, sind meiner Meinung nach die Perspektiven für Gold besser als je zuvor. Umso wichtiger ist es, jetzt die günstigen Preise zu nutzen, um die eigenen Bestände weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.