Viele von Ihnen wissen, dass derzeit die mit weitem Abstand massivste Dollar-Schwemme aller Zeiten vonstattengeht. Ein Blick auf ein paar Zahlen zeigt, dass sie noch gigantischer ist, als mancher erwarten würde. Umso mehr Kopfzerbrechen bereiten mir die EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag und die Fed-Sitzung am Mittwoch darauf.

Verkehrte Welt: Da liegen die US-Arbeitsmarktdaten für November weit unter den Erwartungen und dennoch schießen die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen, S&P 500 und DAX, nach oben, wobei der US-Index sogar ein neues Rekordhoch markiert. So waren im November in den USA lediglich 245.000 Jobs statt der von Volkswirten vorhergesagten 470.000 Stellen geschaffen worden.

Wieso gibt es dann bei den US-Zinsen und den Aktienmärkten dennoch einen Kurssprung? Weil die miserablen Zahlen den Druck auf den Kongress erhöhen, sich möglichst schnell auf ein neues Konjunkturprogramm zu einigen, möglicherweise noch bis Ende Dezember, noch während der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Zuletzt hatten seine Republikaner und die oppositionellen Demokraten über ein Paket von 908 Mrd. Dollar verhandelt, allerdings waren die Gespräche sehr zäh.

Nach den miesen Arbeitsmarktdaten setzen die Investoren aber darauf, dass es eventuell doch noch zu einer Einigung kommen könnte. Die neue Dollar-Schwemme würde die Inflation weiter anheizen. Daher waren die Inflationserwartungen zuletzt auf 1,95 % gestiegen – ein 18-Monats-Hoch.

Trotz der Party am Aktienmarkt zeigt sich der Goldpreis mit rund 1.840 Dollar je Unze stabil. Durch eine immer größere Dollar-Schwemme wird der Greenback immer weiter entwertet, was zwangsläufig für Aufwärtsdruck beim Goldpreis sorgt. Allerdings bekommt er Gegenwind von den kräftig gestiegenen Zinsen, jene für zehnjährige US-Anleihen sind zuletzt auf knapp 1,0 % gestiegen – das höchste Niveau seit März. Noch Anfang August waren sie mit 0,50 % in der Nähe des Rekordtiefs auf Schlusskursbasis gelegen.

Gigantischste Dollar-Schwemme aller Zeiten

Finanziert wird die Schuldensaue vor allem durch die Notenpresse der Fed, kauft sie doch für insgesamt 120 Mrd. Dollar pro Monat Staats- und Hypothekenanleihen. Die Folge: die Geldmenge explodiert. So ist die liquide US-Geldmenge („Money of Zero Maturity“, kurz „MZM“), die marktbreite Geldmenge, seit Ende Februar, als das Thema Corona richtig hochgekochte, um horrende 4,5 Billionen Dollar auf den Rekord von 21,7 Billionen nach oben geschossen.

Oder anders ausgedrückt: 20,7 % aller Dollar sind in den vergangenen 9 Monaten geschaffen worden. Dabei gibt es den Greenback schon seit 1792 – also 228 Jahre. Zur liquiden Geldmenge zählen alle Münzen und Banknoten, sowie Guthaben auf Giro-, Spar- und Geldmarktkonten.

Vor dem Hintergrund finde ich den Anstieg des Goldpreises um lediglich 16 Prozent gegenüber Ende Februar als viel zu gering. Zur Erinnerung: Der Wert der weltweit in den vergangenen mehr als 100 Jahren geförderten und damit überirdisch vorhandenen Goldmenge (rund 185.000 Tonnen) liegt bei aktuellen Preisen bei lediglich 10,9 Billionen Dollar – ein Plus von nur 1,5 Billionen seit Ende Februar.

Wie dramatisch die Lage tatsächlich ist, sieht man, wenn man sich einen etwas längeren Zeitraum anschaut. So ist die liquide Geldmenge seit der Pleite von Lehman Brothers im September 2008 um horrende 12,9 Billionen Dollar nach oben geschossen – damit sind knapp 60 % aller Dollar in den vergangenen 12 Jahren geschaffen worden.

Im gleichen Zeitraum sind die Staatsschulden der USA um 17,4 Billionen auf den Rekord von 27,4 Billionen Dollar explodiert. Damit sind 63,5 % aller Schulden, die die USA jemals gemacht haben, in den vergangenen 12 Jahren entstanden.

Yellen wird alles noch viel schlimmer machen

Besserung ist keineswegs in Sicht, vielmehr dürfte die ehemalige Fed-Chefin Janet Yellen, die der designierte US-Präsident Joe Biden als Finanzministerin nominiert hat, alles noch viel schlimmer machen. „Yellen schafft als ehemalige Fed-Chefin eine direkte Verbindung zwischen Finanzministerium und Notenbank; sie wird damit Teil einer neuen US-Strategie mit dem klaren Ziel, Geld- und Fiskalpolitik künftig noch enger zu verflechten“, warnte Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute (FCFI), einer Denkfabrik des unabhängigen Vermögensverwalters FERI Gruppe.

„Ohne dies so zu nennen, würden die USA damit die Weichen in Richtung „MMT“ (Modern Monetary Theory) stellen, also hin zu einer dauerhaften Finanzierung staatlicher Ausgaben, Defizite und Schulden mit neuem gedrucktem Notenbankgeld“, so das FCFI in einer Pressemitteilung. Im Klartext: Das US-Finanzministerium wird künftig nach Gutdünken Schulden machen und sie werden mit der Notenpresse der Fed finanziert werden.

Unglücklicherweise müssen wir wahrscheinlich nicht mehr auf eine Lockerung der Geldpolitik durch Yellen warten, vielmehr könnte das der derzeitige Fed-Chef Jay Powell bereits bei der nächsten Fed-Sitzung am Mittwoch, den 16. Dezember 2020, ankündigen, gerade falls sich die Verabschiedung eines weiteren Billionenschweren Konjunkturprogramms durch den Kongress weiter verzögert.

EZB wird großes Maßnahmenpaket liefern

Allerdings dürfte die EZB vorlegen, schließlich hat EZB-Chefin Christine Lagarde für die Sitzung am kommenden Donnerstag, den 10. Dezember 2020, ein großes Maßnahmenpaket angekündigt. Wie es aussehen dürfte, können Sie in dem Beitrag „Nach EZB-Sitzung sind alle Augen auf US-Wahl gerichtet“ nachlesen.

Nachdem der Euro zuletzt auf 1,21 Dollar gestiegen ist – das höchste Niveau seit April 2018 – wächst bei mir immer mehr die Sorge, dass die EZB nicht nur verschiedene Kaufprogramme aufstocken, sondern auch noch den Einlagenzins vom Rekordtief von minus 0,5 % auf minus 0,6 % senken dürfte.

Der Grund: Die Notenbank will beim Euro für eine Kehrtwende nach unten sorgen, würde sich doch bei einem weiter steigenden Euro die Wettbewerbsfähigkeit von Exporteuren der Eurozone in den USA weiter verschlechtern. Damit würde der gestiegene Euro der EZB einen hervorragenden Vorwand liefern, um die Zinsen noch weiter in den Strafzinsbereich zu drücken.

Mit einer erneuten Zinssenkung würde die EZB zudem das Signal senken, dass das untere Ende bei den Zinsen noch längst nicht erreicht ist und es in den kommenden Jahren noch weiter abwärts gehen könnte, womit es noch mehr Strafzinsen geben würde als ohnehin schon. Umso wichtiger ist es physisches Gold zu besitzen, um sich gegen immer mehr Strafzinsen zu schützen.

Ich bin gespannt wie lange die Rekordfahrt beim S&P 500 und am weltweiten Aktienmarkt den Goldpreis noch belasten könnte. Durch den Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar hat der Goldpreis auf Euro-Basis zusätzlichen Gegenwind. Mit Kursen von rund 1.520 Euro je Unze ist das Edelmetall damit so günstig wie im Februar – eine gute Gelegenheit, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.